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Kommentar zu GeflüchtetenIn Kürten-Bechen sollte Menschlichkeit über schönem Ausblick stehen

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Lesezeit 3 Minuten
Volle Ränge bei der Versammlung im Bürgerhaus.

Volle Ränge bei der Versammlung im Bürgerhaus.

Geflüchtete anständig unterzubringen ist wichtiger, als der schöne Ausblick, findet unser Autor.

Wir alle müssen raus aus der Komfortzone. Menschen kommen zu uns, die Schlimmes hinter sich haben. Sie kommen aus Krisengebieten dieser Welt, Habseligkeiten haben sie kaum bei sich. Uns geht das etwas an. Bei allem Respekt für die Argumente der Bechener Bürger: Diese Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf.

Es ist ein Zeichen der Menschlichkeit, wenn wir diesen Geflüchteten helfen. Auf den Ausblick in die Landschaft zu verzichten, ist dabei ein vergleichsweise kleines Opfer, finde ich. In Kürten gibt es überall noch Landschaftspanoramen, die Lebensqualität wird durch das Bauprojekt nicht allzu sehr eingeschränkt.

Kürtenern geht es gut

Wir haben fließendes Wasser, wir haben Strom, wir haben meistens auch eine behagliche Wohnung. All das haben die Geflüchteten nicht, sie leben in ihrer Heimat oft in großer Not. Wir haben auch ein monatliches Einkommen, um uns schöne Dinge zu kaufen. Uns geht es gut, jedenfalls den meisten von uns. Den Menschen, die zu uns kommen, geht es nicht gut. Ja, es stimmt, auch wegen der wirtschaftlichen Situation kommen die Menschen zu uns. Aber dafür gibt es die Asylverfahren, in denen die Beweggründe überprüft werden.

Was wäre denn eine Alternative? In Biesfeld ist eine erste Turnhalle in Prüfung als Geflüchtetenunterkunft. Darauf angesprochen, antwortete Kürtens Bürgermeister, dass er dies unbedingt vermeiden wolle. Auf dem Dorfplatz in Biesfeld könnten auch Raummodule aufgestellt werden. Was würden denn die Bechener sagen, wenn sie ihr Landschaftsbild behielten, ersatzweise aber die Turnhalle an der Grundschule für die Unterbringung der Menschen genutzt werden müsste? Viele im Ort würden sich sicher aufregen.

Es gibt noch viele andere Aussichtspunkte

Die Frage der Unterbringung würde dann auf dem Rücken der Schulkinder ausgetragen, die sich nicht wehren können. Dann lieber den Standort am Alten Pastorat nehmen. In der Gemeinde gibt es noch viele andere Aussichtspunkte, am Offermannsberg etwa. Was ist ein unverstellter Blick in die Landschaft gegen die Not der Menschen, die zu uns kommen?

Noch eines: 2024 und 2025 wird über das Planungsrecht für das Projekt diskutiert werden. In diese Zeit fällt auch der Kommunalwahlkampf. Dass die Geflüchteten am Pastorat zum Wahlkampfthema werden könnten, deutete sich auf der Versammlung bereits an. Rechtspopulisten könnten damit auf Stimmenfang gehen, ein Wortbeitrag auf der Versammlung war gewiss kein Zufall.

In einem Bechener Wahlkreis stimmten bei der Wahl 2020 fast vier Prozent für Rechtsaußen, und nur weil diese Partei rund die Hälfte der Wahlkreise damals nicht mit Kandidaten besetzen konnte, gelangten die Rechtspopulistin nur mit einem Mandat in den Rat. Die demokratischen Parteien sollten deutlich Stellung nehmen und rechtslastige Äußerungen im Rat sofort klarstellen.