Umweltschonendes WohnenIn Kürten sollen Erdhäuser wie bei den Hobbits enstehen
Kürten – Erdhäuser? Die sind im Bergischen eher selten anzutreffen. Die allermeisten Häuslebauer bauen traditionell nach oben. Mit Spitzdach oder Flachdach. Im Erdhaus zu wohnen, ist noch nicht jedermanns Ding. Im Land der Hobbits von Autor J.R.R. Tolkien („Herr der Ringe“, „Der kleine Hobbit“) ist das anders.
Dort sind Erdhäuser ganz normal, sie schmiegen sich harmonisch in die Landschaft und sehen so aus, als wären sie schon immer da gewesen, irgendwo unter den Wiesen im Hobbitland der Halblinge. Die Filmreihe von Peter Jackson hat die besonderen Häuser in den vergangenen Jahren weithin bekannt gemacht.
In Kürten war es Publizist Franz Konz, der mit seiner Erdhaus-Idee im Ortsteil Sülze vor etwas mehr als einem Jahrzehnt Wellen schlug. Nicht so sehr wegen der unterirdischen Wohnanlage, sondern aufgrund strittiger Baugrenzen und seines Status als Autor mit Millionenauflage. Die Erdhäuser wurden belächelt, aber schließlich doch genehmigt. Konz starb 2013. Im Thüringer Wald: Dort haben sich Betreiber einer Ferienanlage in Waffenrod der Erdhäuser angenommen und bieten fünf unterirdische Ferienwohnungen für Urlauber.
Umweltschonendes Wohnen
Jetzt muss der Bogen von den Hobbits und von Franz Konz zu Daniel Frangenberg geschlagen werden. Auch Frangenberg kennt den Haustrend der Hobbits. Aber statt an die Erdhäuser aus der Filmkulisse denkt er eher handfest und hat einen Traum vom umweltschonenden Wohnen. Der 25 Jahre alte Sozialarbeiter spricht von Ressourcenverbrauch und versiegelten Flächen. Beides ärgert den Kürtener. „Ich habe mir darüber Gedanken gemacht“, sagt er und rollt eine Mappe mit Zeichnungen aus.
Es sind grüne Gedanken, für die er wirbt. Auf den Skizzen sind in den Hang eingebaute Häuser zu sehen, mit offener Front. Daniel Frangenberg wirbt für Erdhäuser. Für ganz besondere: Passiv-Erdhäuser. Mit guter Wärmedämmung, mit aufgeschäumtem Altglas als Baustoff (Glasschaumschotter sagen Experten dazu), mit grünem Dach und vielen ökologischen Baumaterialien, wie er erklärt. „Die beste Dämmung ist aber die Erde“, sagt er überzeugt. Der Kürtener ist reiner Autodidakt und hat sich alle Kenntnisse selbst angeeignet, einschließlich des bautechnischen Grundwissens. Von seinen Erdhäusern ist er überzeugt. Frangenberg hat sich seine Technik mit extra guter Dämmung bereits mit einem Gebrauchsmuster schützen lassen. Die Dämmwerte, die er berechnet hat, seien günstiger als jedes bisherige Erdhaus, rechnet er vor. Den hohen Qualitätsanforderungen, die an ein Passivhaus, energie- und ressourcenschonend, angelegt würden, erfüllten seine Erdhäuser. Die Vorschriften würden sogar übererfüllt. Passiv-Erdhäuser seien ökologisch günstiger als Passivhäuser.
Die einschlägigen Messwerte würden dies beweisen, sagt er, entscheidend sei der Glasschaumschotter, der als Dämmmaterial und Frostschutz wirke. Da sei er der erste, der dies erkannt habe. Vor drei Jahren begann Frangenberg sich ernsthaft mit dem Thema Erdhaus zu beschäftigen. Aus einem Gedanken wurde mehr, es entstand eine Homepage, ein Projektname („Lottera“) und erste aussagekräftige Skizzen. Heute ist er überzeugt vom Erfolg seines Modells, das er auch bei den jüngsten „Bergischen Bautagen“ vorgestellt hat. „Ich will an meiner Idee nichts verdienen“, sagt er. Frangenberg sieht sich mehr als Berater zwischen Bauherrn und Architekt, als Vermittler von Wissen und Vertreter einer neuartigen Idee des Bauens. Der Haken ist aber bislang: Noch kann Frangenberg kein Referenzhaus vorweisen. Die idealistischen Gedanken müssen erst noch in die Tat umgesetzt werden.
80 neue Wohnhäuser zwischen Biesfeld und Miebach
Vor ein paar Wochen saß Frangenberg deshalb im Büro des Kürtener Planungsleiters Henning Herberholz. Rollte auch dort seine Pläne aus, erklärte die Vorzüge der Erdhäuser. Der Vordenker wohnt in Kürten-Unterbörsch. Nicht weit entfernt von seinem Wohnort wird in den nächsten Monaten der Baustart für das Baugebiet Biesfeld-West sein. 80 neue Wohnhäuser könnten zwischen Biesfeld und Miebach entstehen, nach jahrelangem Umlegungsverfahren. Bald schon wird die Baustraße entstehen.
„Die Fläche dort ist abschüssig. Sie wäre für Erdhäuser ideal“, findet Daniel Frangenberg. Dem Planungsleiter hat er seine Idee vorgestellt, auch Bürgermeister Willi Heider und der Vorsitzende des Planungsausschusses, Jochen Zähl, sind anschließend informiert worden über den Wunsch zum Vortrag. „Interessiert sich jemand für ein Erdhaus im Biesfelder Baugebiet, darf ich meine Ideen im Ausschuss kurz vorstellen. Das ist die Verabredung“, sagt er.
Denn die Satzung muss passend sein oder eine Ausnahmeregelung zulassen: Erdhäuser liegen nun einmal teils unterirdisch, und statt eines Dachs haben sie eine grüne Grasmulde. Würden die Vorgaben des Bebauungsplans aber nur Dächer vorsehen, käme Frangenbergs Idee nicht zum Tragen, Dämmwerte hin oder her. „Ich hoffe, dass es klappt. Ich bin zuversichtlich.“
Dass er später einmal selbst in einem Erdhaus wohnen möchte, hat er für sich schon entschieden. „Irgendwann in den nächsten Jahren wird das sein.“ Er habe seine Festanstellung als Sozialarbeiter und sei nicht zwingend angewiesen auf einen Erfolg seiner Erdhaus-Ideen: „Aber schön wäre es doch, wenn sie sich durchsetzten.“
Das Bauprinzip
Unter der Erde zu leben ist kein neuer Trend. Nachgewiesen sind Erdhäuser bereits bei den Eskimos in Grönland und den Prärie-Indianern Nordamerikas. Als ungewöhnliche Behausung konkurrieren Erdhäuser heutzutage mit Wohnungen in Bunkeranlagen oder Burgen, mit schwimmenden Häusern und Waldzelten.
Die Gesamtzahl der Erdhäuser in Deutschland ist unbekannt, sie dürfte in dreistelliger Höhe liegen. Die Baukosten liegen grob gerechnet etwa zehn Prozent oberhalb eines herkömmlichen Neubaus. Verfechter der Erdhäuser weisen auf die geringeren Heizkosten hin, die die Mehrkosten rasch auffingen. Ein Problem in Deutschland sind häufig starre Vorgaben in den Bebauungsplänen, die Erdhäuser ausschließen. Damit setzt sich auch Daniel Frangenberg auseinander. (cbt)