Gabi Wilhelm ist seit Anfang des Jahres Geschäftsführerin der Tourismusgesellschaft „Das Bergische“.
Geschäftsführerin im InterviewTourismusgesellschaft „Das Bergische“ soll Profil der Region schärfen
Sie haben die Gesellschaft „Das Bergische“ zum zehnten Geburtstag des Bergischen Wanderlands, aber nicht in ganz unturbulenten Zeiten übernommen. Was ist die größte Herausforderung, die sie vorgefunden haben?
Gabi Wilhelm: Ganz unvorbereitet habe ich die Geschäftsführung natürlich nicht übernommen. Durch meine Arbeit als Fachreferentin für Tourismus beim Rheinisch-Bergischen Kreis hatte ich schon vorher gute Einblicke und im Zuge der Wanderland-Geburtstagsfeierlichkeiten im letzten Jahr, die wir übrigens in diesem Jahr fortsetzen, auch schon einige Zeit in der Gesellschaft gearbeitet. Die touristischen Entwicklungen unserer Region seit Gründung der Gesellschaft im Jahre 2005 unter dem Firmennamen „Naturarena Bergisches Land GmbH“ mit begleiten zu dürfen, war mir stets eine Herzensangelegenheit.
Dann kannten Sie die Herausforderungen?
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Ja (lächelt). Die größte Aufgabe ist sicherlich, dass wir das Profil unserer wunderbaren Region mit der Marke „Das Bergische“ schärfen.
Gabi Wilhelm: „Wir wollen der Region und unserer Gesellschaft ein Gesicht geben“
Als Bergisches Land oder als Tourismusgesellschaft?
In beiden Fällen. Es muss uns darum gehen, der Region und der Gesellschaft „Das Bergische“ ein Gesicht zu geben.
Wie wollen Sie dem Bergischen „ein Gesicht geben“?
Indem wir authentisch sind, die Chancen nutzen, die uns gerade aktuelle Projekte wie das von EU und Land NRW geförderte Digitalisierungsprojekt REACT bieten und beispielsweise in diesem Zusammenhang erstelltes Bildmaterial und Inhalte gezielt, authentisch und nachhaltig an die Menschen bringen.
Das heißt, mit schönen Bildern und Videos ein Bild vom Bergischen zu vermitteln, Werbung für die Region zu machen?
Ja, aber nicht nur. Wir brauchen auch Produkte, die wir den Menschen in der Region anbieten können. Die Rätseltouren, die wir zurzeit auf den Bergischen Streifzügen entwickeln, sind solche Produkte. Nach dem Start auf dem Bergbauweg in Rösrath mit dem „Fluch vom Lüderich“ soll daraus eine ganze Serie entstehen. Oder auch Geocaching-Touren kommen gut an. Das zeigt sich an den zahlreichen Anfragen von Familien. Wir brauchen solche Angebote, um die geschaffenen, qualitativ hochwertigen Wanderwege zu Erlebnissen zu machen. Die Nachrüstung des Bierwegs in Wiehl mit den Hopfenhöhlen ist eine geniale Idee gewesen.
Die erste Rätseltour ist mit knapp 30 Euro pro Person für Familien aber schon eine echte Investition...
Dafür hat man aber auch ein großes Angebot, inklusive Verzehrgutschein und sogar kostenlosen Eintritt zur Adventure-Golf-Anlage auf dem Lüderich direkt vis-à-vis dem Förderturm. Da ist schon einiges drin, und durch die verbindende Geschichte ist das echt ein Erlebnis.
Also nicht nur etwas für Ausflügler aus Köln?
Nein, nicht nur. Wir wollen uns gezielt auch an die Menschen wenden, die hier in der Region leben, ihnen zeigen, was es vielleicht noch Neues zu entdecken gibt. Wenn wir sie zu Mit-Tätern und damit zu Botschaftern für das Bergische machen – dann haben wir schon eine Menge erreicht.
Aber gerade der Freizeitdruck, der im Speckgürtel der Rheinachse schon immer auf der Region lastete und sich in der Corona-Zeit nochmal verstärkt hat, führt doch seit jeher auch zu Skepsis bei den Einheimischen, ob man denn wirklich noch mehr Werbung für Auswärtige machen sollte?
Ich kann die Sorgen der Menschen nachvollziehen, auch ich bin ja hier zu Hause und weiß um das Thema. Aber was wir wollen, ist ja kein großer Run auf das Bergische, sondern einen behutsamen, nachhaltigen Tourismus. Besucherlenkung wird dabei künftig eine sehr große Rolle spielen – gerade um weder die Natur, noch die Menschen, die in der Region leben, zu überlasten.
Die Corona-Pandemie hat aber auch gezeigt, dass Besucherlenkung schwierig ist: Hotspots wie der Schöllerhof bei Altenberg waren in den Lockdowns überrannt – und Alternativangebote sind den anstürmenden Erholungssuchenden kaum aufgezeigt worden.
Das ist sicher, gerade unter diesen Bedingungen, ein schweres Thema gewesen. Aber wir haben verstärkt über unsere verschiedenen medialen Kanäle versucht, den Menschen zu empfehlen, andere Wege kennenzulernen und zu entdecken, um gegenzulenken. Ich kann nur sagen, dass wir uns da zurzeit besser aufstellen, um die Menschen in die Fläche zu bringen, denn die Region hat ja eine ganze Menge mehr neben den Hotspots zu bieten. Ein Instrument, mit dem wir hier bereits ein wenig punkten wollen, sind Besucherzählgeräte, die wir gerade Gastronomen, Hoteliers und anderen Akteuren im Tourismus anbieten, mit denen sich Besucherströme erfassen lassen und Besucherlenkung organisiert werden kann.
Aber oft fängt das Konfliktpotenzial ja schon mit dem zusätzlichen Verkehr durch die Autos an, mit denen die Ausflügler kommen?
Müssen sie ja nicht. Gerade angesichts des jetzt an den Start gegangenen 49-Euro-Tickets muss es Teil unserer Bestrebungen um behutsame nachhaltige Tourismusförderung sein, dass nicht jeder mit dem Auto anreist. Deshalb werden wir viel stärker mit der Möglichkeit autofreier Ausflüge werben – gerade in unserer Nähe zum Ballungsraum am Rhein. Mittlerweile haben wir auch am Wochenende eine gute Bustaktung und eine Reihe touristischer Linien wie Bergischer Wander- und Fahrradbus oder auch das Angebot des Bergischen E-Bikes sowie die Wanderbahnhöfe entlang der RB 25 obendrein.
Auch bei der Bergischen Wanderwoche haben Sie Druck rausgenommen, bieten nun vom 9. September bis 3. Oktober innerhalb von drei Wochen geführte Touren auf den Wanderwegen an. Ist es wichtig, gerade „Spitzen“ aus der Vermarktung herauszunehmen?
Wir wollen dahin kommen, dass wir das Bergische Wanderland und auch andere schöne Wandertouren als ganzjähriges Angebot platzieren. Ich wandere auch selbst oft und gerne, und ich weiß, wo es zu welcher Jahreszeit schön und gut ist zu wandern. Dieses Wissen und diese Tipps müssen wir auch an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben, das ist echter Service – und Teil von Besucherlenkung. Darüber hinaus stärken auch Wander-Events wie „Die Bergische 50“, die in diesem Jahr zum achten Mal stattgefunden hat und neben einer 50 km Wanderung zwischenzeitlich auch eine 25 km Wanderung im Angebot hat, die wir im Team auch mitgewandert sind, unser Image als Wanderregion.
Gabi Wilhelm: „Wir werden viel stärker Produkte aus unserer Region bewerben“
Als problematisch empfinden viele Wanderer, dass es immer schwieriger wird, unterwegs eine geöffnete Einkehr zu finden. Kann die Tourismusgesellschaft da gegensteuern?
Die Gastronomie ist durch die Pandemie sicher noch einmal im Besonderen getroffen gewesen – und durch die Folgen danach. Der Arbeitskräftemangel und auch die gestiegenen Kosten durch den Ukraine-Krieg haben sich danach in diesem Bereich ja nochmals verschärft.
Lässt sich denn da gegensteuern?
Ja, an mehreren Stellen. Wir werden die Kulinarik und auch das Thema Bergische Produkte in unseren Angeboten viel stärker einbinden. So wird auch in den Bergischen Wanderwochen ein Schwerpunkt auf Kulinarik liegen. Des Weiteren sind wir in der Fertigstellung einer Broschüre mit Kulinarik-Touren, die wir digital bereits seit dem vergangenen Jahr anbieten. Und: Da, wo es keine Gastronomie gibt, wird der Bergische Proviant eine Lücke schließen können.
Der Bergische Proviant?
Ja, wir werden viel stärker Produkte aus unserer Region und ihre Verkaufsstellen bewerben. Das fördert besonders auch unsere regionale Identität. Denkbar ist auch die Unterstützung bei der Einrichtung von Verpflegungs- und Picknickstationen, an denen es Bergische Produkte zu erwerben gibt. Hofläden und Milchtankstellen, die ja häufig auch über weitere Angebote verfügen, werden stärker in den Fokus gerückt und dem Erholungssuchenden nahegebracht werden. Klar, wir haben einiges vor. Aber ich bin auch niemand, der erstmal abwarten möchte. Mir geht es darum, zu motivieren und mit meinem sehr erfahrenen Team die Dinge anzugehen.