- Infolge der Corona-Krise haben alle Buslinien im Rheinisch-Bergischen Kreis massiv an Fahrgästen verloren.
- In der Kreispolitik wird nun die Befürchtung laut, dass viele Fahrgäste wieder auf das Auto umsteigen.
- Der Umstieg auf das Fahrrad wäre umweltfreundlicher, aber dafür gibt es andere Hindernisse.
Rhein-Berg – Der Einbruch war erheblich: Um bis zu 75 Prozent sind die Fahrgastzahlen während der Corona-Beschränkungen auf den Buslinien im Kreisgebiet zurückgegangen. Und sie haben auch nach Öffnung der Geschäfte und Teil-Start der Schulen noch längst nicht wieder den Stand aus der Zeit vor den Corona-Einschränkungen erreicht. Das geht aus einem Bericht der zuständigen Dezernentin, Elke Reichert, im Verkehrsausschuss des Kreises hervor.
Bis jetzt hätten sich die Zahlen „ein wenig erholt“, sagte Reichert. Als mögliche Gründe für die derzeitig geringere Auslastung der Buslinien nannte die Dezernentin die noch weit verbreitete Kurz- und Heimarbeit von Berufstätigen und die derzeit noch geringe Schülerzahlen in Bussen.
Rückkehr ins Auto befürchtet
Im Verkehrsausschuss aber wurde auch die Befürchtung laut, dass der ÖPNV, der gerade durch die massiven Taktverdichtungen der vergangenen Jahre im Kreisgebiet stark ausgebaut worden war, seit der Corona-Pandemie unter erheblichen Akzeptanzproblemen bei den Nutzern leiden könne. „Schlecht wäre, wenn die Menschen jetzt den Schluss ziehen: Ich fahre wieder Auto“, äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren besorgt über die mögliche Angst von Fahrgästen, sich in Bus oder Bahn mit dem Coronavirus zu infizieren.
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Als Alternative zur Rückkehr ins Auto müsse man gerade jetzt das sichtlich gestiegene Interesse der Menschen am Fahrradfahren nutzen und ihnen etwas anbieten. „Aber dazu brauchen wir eine gute Infrastruktur“, so Ehren.
Zurzeit allerdings fehlen vielerorts noch Fahrradspuren oder -wege, Radschnellwege sind erst in der Planung, und für die kreisweit 21 Mobilstationen, die den Umstieg vom Auto in den ÖPNV, aber auch aufs Rad fördern sollen, ist zwar die Finanzierung gesichert, allerdings noch kein Netz fertig. Das Konzept zur Sanierung von Rad-Gehwegen habe sich auch durch die Corona-Belastungen verzögert, gab Dezernentin Reichert zudem zu bedenken.
„Sanierung ist das eine, wir brauchen aber auch deutlich mehr Wege in der Fläche“, konstatierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ehren.
Immerhin komme die gesunkene Fahrgastzahl in den Bussen dem Bedürfnis der Fahrgäste nach Abstand entgegen, versuchte Dezernentin Reichert der aktuellen Lage in den Bussitzreihen etwas Positives abzugewinnen. Auch auf der Ebene des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) werde unterdessen überlegt, wie man trotzdem auch Fahrgäste für den ÖPNV zurückgewinnen könne. Kleiner Trost: Bei den Abo-Tickets wie Job- oder Monatsticket habe es „keine große Kündigungswelle“ gegeben, so Reichert.
In jedem Fall dürfe man die Kosten durch die Einnahmeverluste im ÖPNV, die Reichert bundesweit auf fünf bis sieben Milliarden Euro bezifferte, nicht einfach an die Kommunen weiterreichen, forderte CDU-Fraktionsvize Uwe Pakendorf entsprechende Unterstützung von Bund und Land. „Wir müssen eine geschlossene Gemeinschaft bilden“, so Pakendorf.
SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn bereitet unterdessen bereits das Szenario Sorgen, „wenn die Schulen wieder zu 100 Prozent ans Netz gehen“. Wie man dann noch in den Bussen Abstand halten könne, sei ihm unklar, so der Politiker im Ausschuss.
Durch die von den Fahrgästen getragenen Masken sei ausreichender Infektionsschutz im ÖPNV gegeben, zitierte Dezernentin Reichert Angaben des Landesgesundheitsamtes. Auch die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW „empfiehlt“ das Tragen einer textilen Mund-Nase-Bedeckung, wenn etwa aus „baulichen Gründen“ die Einhaltung des Schutz-Mindestabstands von 1,5 Metern nicht einzuhalten sei. Abstand zu halten, gilt nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts als eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus.
Seit dem 23. April fahren die Busse, die mit Schließung der Schulen am 18. März auf den Ferienfahrplan gewechselt waren, wieder nach dem regulären Fahrplan. Ab dem kommenden Pfingstwochenende sollen auch die Freizeitlinien von Bergischem Fahrradbus und Bergischem Wanderbus wieder an den Start gehen.
Bald solle auch wieder ein Einstieg an der vorderen Bustür möglich werden, kündigte Dezernentin Reichert im Verkehrsausschuss an. Die Fahrer sollten dazu mit Kunststoffscheiben geschützt werden – vor wie vielen Fahrgästen ist derzeit noch offen.