AboAbonnieren

EnergiewendeWie Burscheids Wärmenetz aussehen könnte

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf das ehemalige Goetze- und heutige Tenneco-Werk 2 in Burscheid.

Kann bei der Herstellung von Kolbenringen – wie hier im Tenneco-Werk 2 – Abwärme nutzbar gemacht werden? Auch diese Frage wird untersucht.

Anders Heizen wird eine „Herkulesaufgabe“, sagt Experte Frank Schäfer: Sechs von zehn Gebäuden haben Öl oder Gas.

Am Anfang stand die Bundesregierung, am Ende stehen die Städte. Die müssen das Klimaschutzgesetz ausführen – und zum Beispiel eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Die wiederum soll die Bürger in die Lage versetzen, überhaupt Alternativen zu einer Gas- oder Ölheizung zu haben. In Burscheid ist man mit der Planung „ziemlich früh dran“, sagte jetzt Frank Schäfer vom Büro für Energiewirtschaft und technische Planung, kurz BET. Das kann nur von Vorteil sein. Denn die Aachener Spezialisten können sich vor Aufträgen nicht mehr retten, seit klar ist, dass jede Stadt ein Wärmenetz konzipieren muss, damit die Energiewende für die Haushalte machbar wird.

Dass Heizenergie lokal erzeugt werden sollte, verstehe sich eigentlich von selbst, erklärte Schäfer jetzt den Politikern im Stadtentwicklungsausschuss. Deshalb müsse man untersuchen, wo derzeit Wärme erzeugt, aber nicht genutzt wird. Industrielle Abwärme zum Beispiel. Der Transport von Wärme über größere Entfernungen sei viel zu verlustreich, Netze müssten kleinteilig sein – auch so „kosten die richtig Geld“, so der Spezialist. Das, was bisher da ist, werde sich „vollständig verändern: Wir werden einen Rückbau der Gasnetze sehen“, sagte Schäfer voraus.

Fernwärme spielt in Burscheid noch keine Rolle

Bisher spielt Fernwärme in Burscheid allerdings keine Rolle. Ganze 0,2 Prozent der Gebäude werden so beheizt. Auch erneuerbare Energien sind ein Minderheitsphänomen. Nach derzeitigen Erkenntnissen werden sie in nur 2,3 Prozent des Bestands genutzt. Dagegen werden mehr als 60 Prozent der Burscheider Gebäude mit Gas oder Öl beheizt, wobei letzteres nur noch in gut fünf Prozent der Gebäude zum Einsatz kommt.

Weil 44 Prozent der Gebäude Einfamilienhäuser sind, weitere zehn Prozent kleinere und lediglich 15 Prozent des Bestandes große Mehrfamilienhäuser sind, kommen auch nicht viel große Heiz-Lösungen in Betracht. Das bedeutet mehr Aufwand.

Wo sind kleine Netze machbar?

Zunächst einmal werden die Leute von BET untersuchen, wo in Burscheid kleinere Wärmenetze gesponnen werden können. Die Versorgung über eine Leitung habe immer Vorrang, weil sie insgesamt den geringsten Aufwand erfordere. Deshalb gelte die Grundannahme, dass jedes Haus, das näher als 20 Meter an einer bestehenden oder geplanten Fernwärmeleitung steht, auch angeschlossen werden kann.

Gase wie Biomethan oder Wasserstoff könnten die Fernwärme hier und da ergänzen. Aber den „Grünen Wasserstoff“ sieht Schäfer eher im Bereich der Industrie. Dort, wo die Häuser nicht mit über Leitungen mit Heizwärme versorgt werden können, müsse mit Wärmepumpen gearbeitet werden. Eine Lösung, die nicht ganz billig ist.

In Burscheid sind die Gebäude im Schnitt sehr alt

Die Versorgung mit Wärme ist das eine. Der Verbrauch ist aber mindestens genau so wichtig: Und da dürfte in Burscheid einiges zu tun sein: Der Bestand ist überdurchschnittlich alt, habe die erste Bestandsaufnahme ergeben, berichtete Schäfer. Nur 14 Prozent der Burscheider Gebäude seien jünger als 40 Jahre, verfügten also über eine Dämmung, die heutigen Maßstäben wenigstens einigermaßen nahekommt. Ganze fünf Prozent der Gebäude wurden nach 2006 errichtet.

Im großen Maßstab Energie zu sparen und bis 2045 gar klimaneutral zu heizen, sei eine „Herkulesaufgabe“, fasste Schäfer zusammen. Und: Eine „Blaupause“, die zentral erstellt und für die Kommunen „ausgerollt“ werden könnte, gebe es nicht.