Das Serenadenkonzert des OVH stand unter dem Motto „Helden“. Dass auch die Musiker Helden sind, machten sie mit ihrer Darbietung deutlich.
Sommerserenade in Burscheider KirchenkurveDer Orchesterverein Hilgen spielt heldenhaft
Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer sind Tugenden, die man Helden zuschreibt. Passend zum Oberthema des Serenadenkonzerts sind diese Charakteristika am Samstagabend auch im Spiel der Orchester wiederzufinden. Mit dem Ouvertüre „Invicta“, auf Deutsch: unbesiegbar, eröffnet die Jugend das Konzert und zeigt bereits die erste Tugend ihres Spiels: Schnelligkeit. Zuvor hatte die Moderatorin des Abends, Charlotte Schauerte, das Junge Orchester des OVH passend mit den Worten „Das sind die ersten Helden des heutigen Abends, das ist unser Nachwuchs“ angekündigt.
Rund 30 schwarz gekleidete Helden betreten mit Sonnenbrillen die Bühne, denn an diesem Abend spielt auch das Wetter mit. Anschließend präsentieren sie unter der Leitung von Simon Roloff einige Stücke, die treuen Fans bereits vom Jahreskonzert des Jungen Orchesters bekannt sein dürften: Die Jugend überzeugt mit Filmmusik wie Die Maske Des Zorro, Back To The Future und Mission Impossible. Dabei scheint für die Jugendlichen keine Rhythmik unmöglich zu sein.
Sommerserenade des OVH: Einzelne Besucher halten sich die Ohren zu
Der OVH und sein Dirigent Timor Oliver Chadik knüpfen an die bereits präsentierte Filmmusik an und beginnen ihr Programm mit dem Soundtrack zu Cowboys von John Williams. Schauerte, die am Fagott sitzt, erzählt, dieses Stück sei am schwierigsten gewesen, weil es eine bestimmte Technik erfordere. Wenn auch jeder und jede vermutlich ein eigenes Lieblingsstück hat, wird bei dieser Sommerserenade doch ganz klar deutlich. Es gibt ein Highlight: Philip Sparkes „Pentangle“, bei dem ein Bläserquintett im Dialog mit dem Orchester agiert. Olaf Biermann an der Posaune, Sophia Bosbach am Horn, Alexander Wendt an der Tuba und Miki und Christian Rottmann an den Trompeten brillierten sowohl im Satz als auch in einzelnen solistischen Kadenzen.
Wenn sich Besucher bei einem Konzert die Ohren zuhalten, ist das eigentlich kein gutes Zeichen, anders ist es beim Serenadenkonzert mitten im Stück Pentangle, denn das Highlight des Abend wird von energischem Glockenleuten um sieben Uhr unterbrochen. Nach der unbeabsichtigen Pause können Bläserquintett und Orchester dann wieder ihr Können unter Beweis stellen. Besonders erfreulich für den OVH ist bei diesem Stück: Die Solisten können sie aus eigener Kraft besetzen. „Dass wir das Quintett aus der eigenen Gemeinschaft besetzen können, verstärkt das Wir-Gefühl und es macht stolz“, erklärt Schauerte.
Zwischen den Stücken unterhält Schauerte das Publikum mit ihrer Moderation. Dabei stellt sie in diesem Jahr auch einige Orchestermitglieder vor. Sie befragt Schülerin Tassia, wie ihre Nachbarn zu häufigem Üben stehen würden und erhält prompt die Antwort: „Die geben mir immer Rückmeldung, sie haben gesagt, ich sei schon besser geworden.“ Nach dem Konzert erzählt Schauerte, was sie mit dieser veränderten Art der Moderation erreichen wollte, denn in den vergangenen Jahren hatte sie sich eher darauf fokussiert, Hintergründe der einzelnen Stücke einzubringen. „Wir wollten Nähe zum Publikum kreieren, Kontakt herstellen, ich glaube, das ist uns gelungen: Der Applaus war heute nochmal eine Spur herzlicher als sonst“, so Schauerte.
Dass der OVH sein Publikum mal wieder begeistert, ist kein Geheimnis: Die Konzertbesucherinnen und -besucher können sich nicht wehren, die Musik zwingt sie dazu ihren Empfindungen zumindest mit Bein oder Fuß Ausdruck zu verleihen. Und auch nach dem Konzert sind alle Gäste noch ganz beseelt. „Die Qualität ist hier sehr hoch. Auf dem Niveau wie die spielen, spielen nur wenige“, sagt ein Kölner, der mit seiner Frau für den OVH in die Burscheider Kirchenkurve gekommen ist. Vor allem begeistere ihn, dass der OVH es schaffe so viele junge Mitglieder an sich zu binden.
Ein kleines Missgeschick mit Folgen passiert dem Orchesterverein allerdings im Voraus: Sie übersehen das EM-Spiel und verlegen das Konzert kurzfristig um anderthalb Stunden vor. Das ist zwar mehr als sinnvoll – einige Besucher kommen im Deutschland-Trikot und wolllen scheinbar auf keines der beiden Events verzichten – allerdings verpassen wohl auch manche die Veranstaltung dadurch. Eine Burscheiderin, die um acht Uhr im Kleid und mit Hochsteckfrisur in die Kirchenkurve kommt, findet nur noch gestapelte Stühle vor. Sie ist enttäuscht und etwas genervt, auf den Plakaten habe das anders gestanden. „Jetzt muss ich wohl im Kleid Fußball gucken“, lacht sie.
Die große Mehrheit bemerkt die Vorverlegung glücklicherweise noch rechtzeitig: Wie in jedem Jahr sind alle Stühe belegt, hinten und an den Seiten stehen noch Zuhörerinnen und Zuhörer. Charlotte Schauerte schätzt, es seien 450 bis 500 Menschen gekommen. Dabei fällt auf, dass der Altersdurchschnitt höher ist. Der OVH hat laut Schauerte aber auch nicht den Anspruch, das zu ändern. „Wir haben sie alle lieb, jeder, der kommt, ist willkommen und das“, sagt sie auf das Publikum deutend, „das sind unsere treusten Fans.“