Bensberg – Manchen kommt es so vor, als wolle man ihnen ein X für ein U vormachen oder eine Wiese für einen Stadtgarten. Auf der Grünfläche unterhalb des Vinzenz-Pallotti-Hospitals in Bensberg leuchten jetzt im Frühling gelbe Butterblümchen und zaubern ein tröstliches Als-ob. Nicht nur über den Namen „Stadtgarten“ wundern sich viele Bensberger.
Andere bezweifeln die Notwendigkeit, die Grünfläche für viel Geld aufzuwerten. Bisher ist eine Bank die einzige Attraktion auf der Wiese, abgesehen von dem tollen Blick aufs Schloss oder zum Kölner Dom. Das Gelände verdient seinen Namen Stadtgarten noch nicht, ist wohl eher ein Begriff, den sich Stadtplaner von auswärts ausgedacht haben.
Auch Deutscher Platz soll aufgewertet werden
Doch das soll nicht so bleiben: Außer der Umgestaltung der Schloßstraße und ihres Umfeldes stehen im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes drei Projekte ganz oben auf der Prioritätenliste: die Aufwertung des Deutschen Platzes mit dem angrenzendem Hindenburgplatz, die Steigerung der Aufenthaltsqualität im Wohnpark Bockenberg sowie die Entwicklung einer Grünanlage auf der Krankenhauswiese. Gerade auf Letzteres sind viele Bensberger offenbar erst so richtig aufmerksam geworden, als am Tag der Städtebauförderung Führungen dorthin angeboten wurden.
Die Kosten für die Investitionen im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes mit 33 Einzelmaßnahmen belaufen sich auf rund 15,5 Millionen Euro. Die Stadt erhält eine Förderquote von 70 Prozent. Jede einzelne Maßnahme bedarf noch der Förderzusage durch die Bezirksregierung, die das jeweilige Konzept prüft. (ub)
Die Kosten für die Aufwertung der Grünfläche sind mit 406.000 Euro kalkuliert, zu 70 Prozent gefördert vom Land NRW. Den restlichen Betrag muss die Stadt selbst tragen. Ausgewählt haben dieses Projekt, wie alle anderen auch, im Jahr 2016 Experten in einem Workshop, an dem sich unter anderem Vertreter der Wirtschaftsförderung, der IG Bensberger Handel oder die Sozialverwaltung beteiligt haben.
Vorschläge zur Aufwertung liegen schon vor
„Ich bin mit dem zufrieden, wie es jetzt ist“, sagt Anwohner Walter Pfankuchen. Dabei spreche er für viele Bekannte aus seiner Nachbarschaft. „So lange sie nicht als Müll-Abladestation benutzt wird, bevorzuge ich die Krankenhauswiese in ihrem jetzigen provinziellen Dornröschen-Zustand.“ Die Anpflanzung von Obstbäumen finde er noch in Ordnung. Auch dass Kinder Insektenhotels aufstellen wollen.
Vorschläge zur Aufwertung des Geländes gibt es bislang einige: ein Lichtkonzept erstellen, Ruheorte und Bewegungsflächen schaffen, einen Sinnesgarten anlegen oder eine urbane Gartenbau-Fläche schaffen. „Die Abteilung Stadt-Grün bearbeitet all diese Ideen in Hinblick auf ihre Umsetzbarkeit“, erläutert Stadtsprecherin Marion Linnenbrink. Bis Ende 2018 solle eine Ausführungsplanung für das Areal vorliegen, so dass sich die Politik Anfang 2019 mit den konkreten Plänen befassen und sie beschließen könne.
Emilie Schmitz war Namensgeberin der „Emilienhöhe“
Schwer nachvollziehbar ist die Bezeichnung Stadtgarten auch aus historischer Sicht. „Das hieß doch immer Emilienhöhe“, zeigt sich Geschichtsforscher Herbert Stahl überrascht von der neuen Bezeichnung „Stadtgarten“. Benannt sei die Emilienhöhe nach einer großzügigen Spenderin in der früheren Gemeinde Bensberg: Emilie Schmitz (1807-1891), geborene Raab. Sie hat unter anderem 1883 für die Fertigstellung des Turms der St.-Nikolaus-Kirche 27.000 Mark gespendet.
Verheiratet war die gebürtige Heinsbergerin mit Carl Thomas Schmitz, einem vermögenden Rentmeister (leitender Angestellten der Liegenschafts- und Finanzverwaltung) der Stadt Köln. Ihm versprach sie am Sterbebett, sich für die Fertigstellung der damals neu erbauten katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus einzusetzen.
Neben der Spende für den Turm stiftete sie auch eine Glocke von St. Nikolaus, spendete für den Bau des Bensberger Kriegerdenkmals und blieb auch über ihren Tod als Wohltäterin aktiv. Ihr gesamtes Vermögen hatte sie testamentarisch der Gemeinde Bensberg zu sozialen Zwecken vermacht. Diese ließ den Nachlass versteigern und gründete damit die „Emilienstiftung“, die die Not von Armen in der Gemeinde lindern sollte.
Die nach Emilie Schmitz benannte Anhöhe, auf der sich unter anderem das Kardinal-Schulte-Haus mit der Thomas-Morus-Akademie befindet, liegt genau gegenüber dem Wohnhaus der Wohltäterin, die mit ihrem Mann in der sogenannten Weyerburg, einem auffälligen Gebäude an der Overather Straße 8, lebte.
Darüber hinaus erinnert auch ein nach ihr benannter Brunnen an der Auffahrt zum Schloss Bensberg an Emilie Schmitz. Die Wasserkaskade hat der Verschönerungsverein einst an der Schloßstraße errichtet. Eine große Straße ist nie nach ihr benannt worden, dafür aber 2003 immerhin ein Fußweg zwischen den Straßen Rosenhecke und Kaule: der Emilie-Schmitz-Weg. Ob Emilienhöhe oder Stadtgarten, man merkt: Das Herz der Bensberger schlägt für diese Wiese, egal wie sie heißt.