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AnalysePestel-Institut – In Bergisch Gladbach und Umland fehlen mutige Vermieter

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Vorstellung Neubauprojekt Am Aggerpark

In Rhein-Berg müsste viel mehr gebaut werden, fordern das Pestel-Institut und sein Auftraggeber, der Baustofffachhandel. Das Bild zeigt das Neubauprojekt Am Aggerpark in Overath.

In Bergisch Gladbach und Umland müssten laut Pestel-Institut jährlich 1.220 Wohnungen neu gebaut werden. Davon sei der Kreis weit entfernt.

Bis 2028 müssten im Rheinisch-Bergischen Kreis jährlich rund 1.220 Wohnungen neu gebaut werden. Diese Wohnungsbau-Prognose nennt das Pestel-Institut in einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt.

Der Neubau sei notwendig, um das bestehende Defizit von aktuell 2.290 Wohnungen im Kreis abzubauen, aber auch, um „abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen. Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt“, sagt Geschäftsführer Matthias Günther.

Jedoch erwartet Günther im Gegenteil, dass das Baupensum zurückgeht: Der Instituts-Chef spricht von einem „lahmenden Wohnungsneubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht“. Laut Pestel-Institut gab es von Januar bis Ende Mai im ganzen Kreis lediglich für 312 neue Wohnungen eine Baugenehmigung. In 2023 seien es im gleichen Zeitraum noch 395 Baugenehmigungen gewesen.

Bau-Bereitschaft in Rhein-Berg stark rückläufig

„Damit ist die Bereitschaft, im Rheinisch-Bergischen Kreis neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um 21 Prozent zurückgegangen“, sagt Günther im Zusammenhang mit der Analyse. Deren Auftraggeber ist der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel.

Am Wohnungsbedarf im Kreis ändere auch die Zahl leerstehender Wohnungen nichts, so das Institut weiter. Der aktuelle Zensus registriere für Rhein-Berg rund 4430 Wohnungen, die nicht genutzt würden. Das seien 3,1 Prozent vom gesamten Wohnungsbestand im Kreis. Ein Großteil davon – nämlich rund 2.060 Wohnungen – stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. „Das sind immerhin rund 47 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden“, sagt Günther.

Vermieter fürchten unangenehme Mieter

Grundsätzlich sei ein gewisser Wohnungsleerstand notwendig. Günther: „Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit Umzüge reibungslos laufen können. Und natürlich, um Sanierungen überhaupt machen zu können. Aber es wird nur selten gelingen, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder zu aktivieren und an den Markt zu bringen.“

Viele Hauseigentümer hielten sich mit einer Sanierung zurück: „In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen. Es fehlt einfach die politische Verlässlichkeit“, so das Institut. Außerdem hapere es bei vielen auch am nötigen Geld. Darüber hinaus verhinderten Erbstreitigkeiten oder die Angst vor unangenehmen Mietern eine Neuvermietung.

Baustoff-Präsidentin fordert weniger Auflagen beim Bauen

Die Präsidentin des hinter der Studie stehenden Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), Katharina Metzger, nennt es eine „Milchmädchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen“. Auch müsse es ein „starkes Abspecken“ bei Normen und Auflagen geben – im Bund, bei den Ländern und Kommunen, von „hoch geschraubten Klimaschutzmaßnahmen“ bis hin zu Stellplatz-Forderungen.

Aktuell erlebe die Wohnungsbau-Branche „einen regelrechten Absturz“. Die Verbandspräsidentin warnt vor einer „Absturz-Spirale beim Wohnungsneubau“. Die Situation sei fatal: „Wohnungsnot trifft auf Nicht-Wohnungsbau. Diese toxische Entwicklung muss dringend gestoppt werden.“