AboAbonnieren

Verletzte blutig geschminktPanik nach Explosion auf Sommerfest – DRK übt in Bergisch Gladbach

Lesezeit 4 Minuten
Rettungssanitäter bringen Verletzte auf einer Trage zu einem Behandlungsplatz, Ärzte versorgen Schwerverletzte sofort an Ort und Stelle.

Großübung mit mehr als 40 Verletzten: Ärzte und DRK-Sanitäter müssen als erstes Schwer- und Leichtverletzte sichten und sortieren, um sie bestmöglich versorgen zu können.

Das Deutsche Rote Kreuz Rösrath und Overath übt in Bergisch Gladbach einen Großeinsatz mit Ärzten, Drohne – und künstlichen Wunden.

Martinshorn, Blaulicht, und ein Rettungsfahrzeug nach dem anderen – zwei Motorräder des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bahnen dem Einsatzkonvoi den Weg von Rösrath ins Zentrum der Kreisstadt. Die Menschen am Straßenrand schauen dem Konvoi nach. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen: Das Ganze ist eine Großübung der DRK-Einsatzeinheit 04 aus Rösrath und Overath.

Rettungssanitäter des Deutschen Roten Kreuzes tragen Rettungsrucksäcke zur Einsatzstelle.

Zahlreiche DRK-Rettungssanitäter und Ärzte proben bei der Großübung den Notfall.

Angenommenes Szenario: Während eines Sommerfestes auf dem Gelände des DRK-Kreisverbands an der Jakobstraße in der Gladbacher Stadtmitte ist es in einer Grillstation zu einer Gasexplosion gekommen. Mehr als zehn Menschen sind teils schwer verletzt worden, Panik bricht aus, weitere Menschen stürzen, werden von Flüchtenden zu Boden gerissen, verletzen sich.

Wenn der reguläre Rettungsdienst mit dem Abtransport von Verletzten an Grenzen stößt

So viele Verletzte kann der reguläre Rettungsdienst selbst mit Unterstützung aus den Nachbarkreisen und -städten kaum bewältigen. Ein Fall für eine Patientenablage und einen Behandlungsplatz sowie Notärzte, die Patienten vor Ort erstversorgen und nach der Schwere ihrer Verletzungen sortieren.

Einsatzkräfte stehen beieinander und besprechen das Vorgehen, einer der Männer bedient ein Funkgerät.

DRK-Bereitschaftsarzt Dr. Andreas Großterlinden (l.) verschafft sich einen Überblick über die Lage.

Gar nicht so einfach. Als die Retter auf dem Festgelände eintreffen schreien Verletzte und Unverletzte durcheinander, aus Angst vor weiteren Explosionen haben sich die Festgäste in eine Halle geflüchtet, in der allerdings ist der Strom ausgefallen.

Bislang mussten wir so einen Einsatz in der Realität glücklicherweise noch nicht fahren, aber im Notfall können wir es nur, wenn wir es auch regelmäßig üben.
Ingeborg Schmidt, Vorsitzende der DRK-ORtsvereine Rösrath und Overath sowie des Kreisverbands und Organisatorin der Übung

Zugführer Meik Hülsmann organisiert die Fahrzeugaufstellung, bringt den Einsatzleitwagen in Position, lässt die Drohne aufsteigen und weist die Retter ein: „Malte, macht Ihr die Lage in der Halle“, sagt er dem stellvertretenden Zugführer Malte Polke.

Rettungssanitäter, Notärzte und weitere Mediziner, die vorab eine Einweisung vom Leitenden Notarzt und Kreisverbandsarzt Ingo Weber sowie dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst des Rheinisch-Bergischen Kreises, Dr. Florian Breuer, erhalten haben, eilen mit Einsatzrucksäcken ins Gebäude.

Retter werden zuerst mit chaotischer Situation an der Unglücksstelle konfrontiert

Im Inneren der für die Übung ausgeräumten DRK-Fahrzeughalle herrscht Chaos: Zwischen weinenden Kindern liegen Menschen mit täuschend echt aufgesetzten und mit Kunstblut verschmierten Kunststoffwunden, ein junger Mann hat eine klaffende Wunde, sein Unterarm liegt abgetrennt daneben. Keine Frage, er wird einer der ersten sein, dem geholfen werden muss.

Ein junger Mann liegt im Rahmen einer Einsatzübung mit abgetrenntem Unterarm auf dem Boden und wird behandelt.

Realistische Übungswunden wie diese eines abgetrennten Arms hat eine eigene Gruppe des DRK vorab mit Kunstblut inszeniert.

Frauke Dahmen und Kristina Hübinger haben mit ihrem Team der „Realistischen Unfalldarstellung“ (RUK), Jugendrotkreuzlern und Unterstützung aus Porz, Wermelskirchen und von Kölner Pfadfindern ganze Arbeit geleistet.

„Verletzter“ mit abgetrenntem Unterarm muss als Erster behandelt werden

DRK-Bereitschaftsarzt Dr. Andreas Großterlinden verschafft sich einen Überblick. Die Notärzte sichten einen Verletzten nach dem anderen, jeder erhält eine Verletztenanhängekarte, auf der persönliche Daten und die Schwere der Verletzung notiert werden.

Eine DRK-Einsatzkraft gibt zwei Kindern grüne Vereltztenanghängekarten.

Leichtverletzte erhalten eine grüne Verletztenanhängekarte.

Leichtverletzte, die noch gehen können, bekommen grüne Karten, schwerer Verunglückte gelbe, die ganz schweren Fälle rote. Der junge Mann mit dem abgetrennten Unterarm, muss sofort versorgt werden, der Blutstrom gestoppt, sein Kreislauf stabilisiert werden. Gar nicht so leicht, wenn gleich nebenan, eine Jugendliche permanent um Hilfe für ihre Freundin mit Bauchschmerzen schreit, es aus Funkgeräten plärrt und überall ringsum Menschen nach Hilfe rufen.

DRK-Helfer bauen vor der Halle eine Notstromversorgung für die Einsatzstelle auf

Doch Sanitäter und Ärzte behalten die Ruhe, holen leichter Verletzte in einer Ecke der Halle zusammen, tragen Schwerverletzte in eine Patientenablage, die abgesperrt wird. Währenddessen haben andere DRK-ler vor der Halle eine Notstromversorgung aufgebaut.

Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes stellen ein Stromaggregat auf.

DRKler bauen eine Stromversorgung für die Einsatzstelle auf.

DRK-Kreisbereitschaftsleiter Steffen Schmidt, der am Morgen auch den Einsatzkonvoi mit zwei Motorrädern und 13 Einsatzfahrzeugen bis nach Kürten organisiert hat, gibt als „Übergeordnete Führung“ in der Übung weitere Einsatzstichworte ins Szenario. Der einsetzende Starkregen tut ein Übriges, um die Einsatzkräfte vor der Halle zu fordern.

Der Ärztliche Leiter Rettungsdienst des Kreises verfolgt Großübung aufmerksam

DRK-Orts- und Kreisverbandsvorsitzende Ingeborg Schmidt verfolgt das Geschehen zusammen mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Florian Breuer und dem Leitenden Notarzt Ingo Weber, der zugleich DRK-Kreisverbandsarzt ist, vom Rand der Halle.

DRK-Kreis- und -Ortsvorsitzende Ingeborg Schmidt sitzt vor einem Laptop an einem Schreibtisch, auf dem auch ein Handy und ein Telefon liegen.

DRK-Kreis- und -Ortsvorsitzende Ingeborg Schmidt hat die Großübung organisiert.

Schmidt hat die Großübung organisiert. Die erste dieser Art nach der Corona-Zeit und eine der größten der vergangenen Jahre überhaupt. Durch die Arbeit des DRK in den Impfzentren hat sie Kontakt zu neuen dort eingesetzten Ärzten unter anderem aus Köln geknüpft. Einige sind bei der Übung dabei, können sich vorstellen, selbst Notarzt zu werden. Die werden immer gesucht.

Daten der Verletzten werden an Suchdienst übermittelt, um Angehörige zu informieren

Und die Übung? „Läuft gut“, sagt Weber. Schwer- und Leichtverletzte seien konzentriert und zügig sortiert worden, um die Kräfte optimal einzusetzen, ist auch Kreisbereitschaftsleiter Steffen Schmidt zufrieden. Mehr als 30 Leichtverletzte und Unverletzte sind zwischenzeitlich von Mirjam Nepolsky und ihrem Team registriert worden.

Ein Notarzt steht neben einer Trage, auf der eine Schwerverletzte eingewickelt in eine Rettungsdecke liegt. Zwei Rettungssanitäter stehen daneben.

Schwerverletzte werden von Sanitätern und Ärzten betreut.

Die Schwerverletzten werden in einem eilends aufgebauten Zelt gesichtet, würden dann auf einem Behandlungsplatz weiterbehandelt oder mit Rettungswagen in Krankenhäuser gebracht. Die Übung ist erfolgreich gemeistert.

Jetzt geht's an die Versorgung der Einsatzkräfte. DRK-Chefin Ingeborg Schmidt steht bereits hinter dem Suppentopf – auch hier ist sie im Einsatz. Und auch ein bisschen stolz auf ihre Einsatzeinheit...


Mit der Drohne die Unglücksstelle auch im Einsatzleitwagen im Blick

Kaum sind die Rettungskräfte an der Einsatzstelle angekommen, rollt eine Einheit eine rote Plane mit Blinklichtern und einem weißen „H“ in der Mitte aus. Minuten später startet davon die Spezial-Drohne, die mit Unterstützung des Rotary Club Overath-Rösrath/Bergisches Land voriges Jahr zur Einrichtung einer eigenen DRK-Drohnenstaffel unter Leitung von Nicolas Hillebrand in Dienst gestellt wurde.

Ein DRK-Mann hat eine Fernbedienung in der Hand, eine Drohne hebt vom Boden ab. Neben dem Start- und Landeplatz steht ein DRK-Motorrad mit Blaulicht.

DRK-Drohnenpilot Markus Ommer startet das Spezial-Fluggerät der neuen DRK-Drohnenstaffel.

Auf einem Bildschirm ist die Einsatzstelle der DRK-Übung aus der Perspektive der eingesetzten Drohne zu sehen.

Das Bild der Drohnen-Kamera, die Verena Stentenbach steuert, wird direkt in den Einsatzleitwagen übertragen.

Drohnen-Pilot Markus Ommer steuert die Drohne Richtung Einsatzstelle, Verena Stentenbach bedient die Kamera. Das Bild wird direkt zum Einsatzleitwagen übertragen. Dort können sich die Verantwortlichen einen Überblick über die Einsatzstelle verschaffen – und anschließend das Geschehen auf dem Patientenablage-Platz live verfolgen – für die Einsatzleitung eine wertvolle Hilfe. (wg)