Das Deutsche Rote Kreuz Rösrath und Overath übt in Bergisch Gladbach einen Großeinsatz mit Ärzten, Drohne – und künstlichen Wunden.
Verletzte blutig geschminktPanik nach Explosion auf Sommerfest – DRK übt in Bergisch Gladbach
Martinshorn, Blaulicht, und ein Rettungsfahrzeug nach dem anderen – zwei Motorräder des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bahnen dem Einsatzkonvoi den Weg von Rösrath ins Zentrum der Kreisstadt. Die Menschen am Straßenrand schauen dem Konvoi nach. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen: Das Ganze ist eine Großübung der DRK-Einsatzeinheit 04 aus Rösrath und Overath.
Angenommenes Szenario: Während eines Sommerfestes auf dem Gelände des DRK-Kreisverbands an der Jakobstraße in der Gladbacher Stadtmitte ist es in einer Grillstation zu einer Gasexplosion gekommen. Mehr als zehn Menschen sind teils schwer verletzt worden, Panik bricht aus, weitere Menschen stürzen, werden von Flüchtenden zu Boden gerissen, verletzen sich.
Wenn der reguläre Rettungsdienst mit dem Abtransport von Verletzten an Grenzen stößt
So viele Verletzte kann der reguläre Rettungsdienst selbst mit Unterstützung aus den Nachbarkreisen und -städten kaum bewältigen. Ein Fall für eine Patientenablage und einen Behandlungsplatz sowie Notärzte, die Patienten vor Ort erstversorgen und nach der Schwere ihrer Verletzungen sortieren.
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Gar nicht so einfach. Als die Retter auf dem Festgelände eintreffen schreien Verletzte und Unverletzte durcheinander, aus Angst vor weiteren Explosionen haben sich die Festgäste in eine Halle geflüchtet, in der allerdings ist der Strom ausgefallen.
Zugführer Meik Hülsmann organisiert die Fahrzeugaufstellung, bringt den Einsatzleitwagen in Position, lässt die Drohne aufsteigen und weist die Retter ein: „Malte, macht Ihr die Lage in der Halle“, sagt er dem stellvertretenden Zugführer Malte Polke.
Rettungssanitäter, Notärzte und weitere Mediziner, die vorab eine Einweisung vom Leitenden Notarzt und Kreisverbandsarzt Ingo Weber sowie dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst des Rheinisch-Bergischen Kreises, Dr. Florian Breuer, erhalten haben, eilen mit Einsatzrucksäcken ins Gebäude.
Retter werden zuerst mit chaotischer Situation an der Unglücksstelle konfrontiert
Im Inneren der für die Übung ausgeräumten DRK-Fahrzeughalle herrscht Chaos: Zwischen weinenden Kindern liegen Menschen mit täuschend echt aufgesetzten und mit Kunstblut verschmierten Kunststoffwunden, ein junger Mann hat eine klaffende Wunde, sein Unterarm liegt abgetrennt daneben. Keine Frage, er wird einer der ersten sein, dem geholfen werden muss.
Frauke Dahmen und Kristina Hübinger haben mit ihrem Team der „Realistischen Unfalldarstellung“ (RUK), Jugendrotkreuzlern und Unterstützung aus Porz, Wermelskirchen und von Kölner Pfadfindern ganze Arbeit geleistet.
„Verletzter“ mit abgetrenntem Unterarm muss als Erster behandelt werden
DRK-Bereitschaftsarzt Dr. Andreas Großterlinden verschafft sich einen Überblick. Die Notärzte sichten einen Verletzten nach dem anderen, jeder erhält eine Verletztenanhängekarte, auf der persönliche Daten und die Schwere der Verletzung notiert werden.
Leichtverletzte, die noch gehen können, bekommen grüne Karten, schwerer Verunglückte gelbe, die ganz schweren Fälle rote. Der junge Mann mit dem abgetrennten Unterarm, muss sofort versorgt werden, der Blutstrom gestoppt, sein Kreislauf stabilisiert werden. Gar nicht so leicht, wenn gleich nebenan, eine Jugendliche permanent um Hilfe für ihre Freundin mit Bauchschmerzen schreit, es aus Funkgeräten plärrt und überall ringsum Menschen nach Hilfe rufen.
DRK-Helfer bauen vor der Halle eine Notstromversorgung für die Einsatzstelle auf
Doch Sanitäter und Ärzte behalten die Ruhe, holen leichter Verletzte in einer Ecke der Halle zusammen, tragen Schwerverletzte in eine Patientenablage, die abgesperrt wird. Währenddessen haben andere DRK-ler vor der Halle eine Notstromversorgung aufgebaut.
DRK-Kreisbereitschaftsleiter Steffen Schmidt, der am Morgen auch den Einsatzkonvoi mit zwei Motorrädern und 13 Einsatzfahrzeugen bis nach Kürten organisiert hat, gibt als „Übergeordnete Führung“ in der Übung weitere Einsatzstichworte ins Szenario. Der einsetzende Starkregen tut ein Übriges, um die Einsatzkräfte vor der Halle zu fordern.
Der Ärztliche Leiter Rettungsdienst des Kreises verfolgt Großübung aufmerksam
DRK-Orts- und Kreisverbandsvorsitzende Ingeborg Schmidt verfolgt das Geschehen zusammen mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Florian Breuer und dem Leitenden Notarzt Ingo Weber, der zugleich DRK-Kreisverbandsarzt ist, vom Rand der Halle.
Schmidt hat die Großübung organisiert. Die erste dieser Art nach der Corona-Zeit und eine der größten der vergangenen Jahre überhaupt. Durch die Arbeit des DRK in den Impfzentren hat sie Kontakt zu neuen dort eingesetzten Ärzten unter anderem aus Köln geknüpft. Einige sind bei der Übung dabei, können sich vorstellen, selbst Notarzt zu werden. Die werden immer gesucht.
Daten der Verletzten werden an Suchdienst übermittelt, um Angehörige zu informieren
Und die Übung? „Läuft gut“, sagt Weber. Schwer- und Leichtverletzte seien konzentriert und zügig sortiert worden, um die Kräfte optimal einzusetzen, ist auch Kreisbereitschaftsleiter Steffen Schmidt zufrieden. Mehr als 30 Leichtverletzte und Unverletzte sind zwischenzeitlich von Mirjam Nepolsky und ihrem Team registriert worden.
Die Schwerverletzten werden in einem eilends aufgebauten Zelt gesichtet, würden dann auf einem Behandlungsplatz weiterbehandelt oder mit Rettungswagen in Krankenhäuser gebracht. Die Übung ist erfolgreich gemeistert.
Jetzt geht's an die Versorgung der Einsatzkräfte. DRK-Chefin Ingeborg Schmidt steht bereits hinter dem Suppentopf – auch hier ist sie im Einsatz. Und auch ein bisschen stolz auf ihre Einsatzeinheit...
Mit der Drohne die Unglücksstelle auch im Einsatzleitwagen im Blick
Kaum sind die Rettungskräfte an der Einsatzstelle angekommen, rollt eine Einheit eine rote Plane mit Blinklichtern und einem weißen „H“ in der Mitte aus. Minuten später startet davon die Spezial-Drohne, die mit Unterstützung des Rotary Club Overath-Rösrath/Bergisches Land voriges Jahr zur Einrichtung einer eigenen DRK-Drohnenstaffel unter Leitung von Nicolas Hillebrand in Dienst gestellt wurde.
Drohnen-Pilot Markus Ommer steuert die Drohne Richtung Einsatzstelle, Verena Stentenbach bedient die Kamera. Das Bild wird direkt zum Einsatzleitwagen übertragen. Dort können sich die Verantwortlichen einen Überblick über die Einsatzstelle verschaffen – und anschließend das Geschehen auf dem Patientenablage-Platz live verfolgen – für die Einsatzleitung eine wertvolle Hilfe. (wg)