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ProzessRabiat Lohn gefordert: Bergisch Gladbacher Dachdecker steht wieder vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Ein Dachdecker arbeitet auf einer Baustelle.

Ein Dachdecker arbeitet bei hochsommerlicher Hitze auf einer Baustelle.

Dritte Auflage: Weil er seinen Lohn mit Drohungen einfordern wollte, stand ein Bergisch Gladbacher Dachdecker erneut vor Gericht.

Unendliche Geschichte um einen Bergisch Gladbacher Dachdecker: Der 24-jährige Handwerker, der seine berechtigten Lohnforderungen mit kriminellen Mitteln durchzusetzen versucht hat, ist im dritten Anlauf zu 1600 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Seinen Lohn, rund 8000 Euro, hat er immer noch nicht und wird ihn wohl auch nie bekommen, weil der Chef inzwischen in die Insolvenz gegangen ist.

Im ersten Anlauf war der um seinen Lohn gebrachte Bruno G. (Name geändert) von der Staatsanwaltschaft wegen versuchter räuberischer Erpressung am 11. Juli 2023 vor das Bergisch Gladbacher Schöffengericht gebracht worden. Denn er hatte seinem Ex-Chef und der Frau via Whatsapp gedroht, er werde die Bude abbrennen und nacheinander seine drei Kinder holen, wenn er den Lohn nicht bekomme.

Veteranen und Hell's Angels geistern durch die Akten

Garniert war das Ganze mit einem Hinweis auf „meine Leute“, womit anscheinend, wie sich im dritten Prozess durch die Verlesung weiterer Nachrichten-Auszüge herausstellte, eine Veteranen-Gemeinschaft gemeint war. Seinen Ex-Chef konnte er damit allerdings nicht beeindrucken, denn Bruno G. hatte - jedenfalls nach eigenen Angaben - später ein Veilchen im Gesicht und überdies Hell’s Angels vor der Haustür stehen.

Schwer beeindruckt von den Drohungen war dagegen die mittlerweile vom Chef getrennt lebende Frau des Arbeitgebers und Mutter seiner Kinder. Das von der damaligen Schöffengerichtsvorsitzenden Birgit Brandes geführte Verfahren nahm eine überraschende Wende, als der Verteidiger des Angeklagten, Bastian Biegel, und Nebenklagevertreter Klaus Braatz quer über den Raum über einen möglichen Täter-Opfer-Ausgleich verhandelten und sich darauf einigten, dass der Angeklagte auf 1500 Euro seiner Forderungen verzichten und überdies 1500 Euro an die Noch-Ehefrau des Arbeitgebers zahlen sollte.

Kein Bezahlen und kein Wiedersehen

Schöffenrichterin Brandes war damals einverstanden: „Ich bin noch ein halbes Jahr hier. Wenn das mit dem Bezahlen nicht klappt und wir uns deshalb noch einmal wiedersehen, werde ich wirklich böse!“

Mit dem Bezahlen klappte es tatsächlich nicht, mit dem Wiedersehen aber auch nicht: Bruno G., der nach dem Stress mit dem Ex-Boss zeitweise arbeits- und wohnungslos geworden war, bekam wegen diverser anderer Schulden die Überweisung an die Frau des Ex-Chefs nicht geregelt und musste darum am 30. Januar 2024 erneut bei Richterin Brandes auflaufen.

Wie blöd kann man sein?
Die damalige Schöffenrichterin Birgit Brandes im Januar 2024

Das tat er aber nicht, sondern zog es dem Vernehmen nach vor, an dem Tag auf einer Baustelle in Brüssel zu arbeiten. Richterin Brandes verdonnerte ihn in einer ihrer letzten Verhandlungen in Abwesenheit mit der ziemlich deutlichen Formulierung „Wie blöd kann man sein?“ zu 2400 Euro Geldstrafe, 80 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Da sich in dieser Entscheidung aber offenbar Begrifflichkeiten vermengt hatten und es bei der Zustellung des Strafbefehls zu einem Formfehler gekommen war, gab es jetzt unter der Leitung der neuen Schöffengerichtsvorsitzenden Britta Epbinder eine neue, dritte Verhandlung über die alten Vorwürfe – erneut ohne den insolventen Dachdecker-Boss und dessen Noch-Frau, die beide nicht erschienen waren.

Wenn Sie ihm auf offener Straße begegnen, dann wechseln Sie besser die Straßenseite.
Rat des Nebenklagevertreters Klaus Braatz an den Angeklagten

Neu und bemerkenswert war dagegen der fast schon väterlich-freundschaftliche Rat des ebenfalls um sein Geld, nämlich das Anwaltshonorar, gebrachten Nebenklagevertreters Klaus Braatz an den Angeklagten, er solle innerlich mit der Sache abschließen und den Lohn abschreiben. Braatz: „Wenn Sie ihm auf offener Straße begegnen, dann wechseln Sie besser die Straßenseite.“ Alles andere führe zu nichts.

Am Ende verurteilte das Schöffengericht den Dachdecker, der beim Schreiben seiner Drohungen eine ganze Flasche Whiskey intus gehabt haben will, zu 1600 Euro Strafe: 80 Tagessätze zu jetzt nur noch 20 Euro. Die Zahl der Tagessätze sei angesichts der Massivität der Drohungen eh schon am untersten Rande, aber bei der Höhe habe man die äußerst schwierigen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt, hieß es.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig …