WehrpflichtIn Bergisch Gladbach gibt es Relikte aus vergangener Bundeswehr-Zeit

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Das Foto zeigt das ehemalige Kreiswehrersatzamt an der Paffrather Straße in Bergisch Gladbach

Das einstige Kreiswehrersatzamt an der Paffrather Straße in Bergisch Gladbach

In Deutschland wird über die Wiedereinführung einer Wehrpflicht diskutiert. In Bergisch Gladbach gab es einst ein Kreiswehrersatzamt und eine Kaserne der Bundeswehr.

 Welche Auswirkungen hätte eine Wiedereinführung der Wehrpflicht auf die Stadt Bergisch Gladbach? Eine militärische Vergangenheit hat die Kreisstadt auf jeden Fall und manches davon ist aktuell auch noch vorhanden.

Ein Beispiel: Heute wird das ehemalige Kreiswehrersatzamt als Autohaus genutzt. Verkauft werden Fahrzeuge der Marken Opel, Seat, Cupra und Hyundai, die Gebrüder Gieraths GmbH hat den Standort an der Paffrather Straße 195 als Zweitstandort ihres Autohauses aufgebaut. Das Gebäude, bis zur Aufhebung der Wehrpflicht als sogenanntes „Kreiswehrersatzamt“ für den Rheinisch-Bergischen Kreis genutzt, ist nahezu unverändert geblieben.

Nutzung mit Fragezeichen

Die oberen Geschosse werden unterschiedlich genutzt, unten gibt es eine große Autopalette. Ort der MusterungMänner, die heute ab 40 Jahren aufwärts sind, kennen das Gebäude als Ort ihrer Musterung. Diese Tauglichkeitsprüfung war Voraussetzung für den per Gesetz verpflichtenden Grundwehrdienst für Männer. Auch angehende Zivildienstleistende mussten dorthin.

Ob eine Reaktivierung als Musterungsgebäude überhaupt vorstellbar ist, erscheint fraglich. Das Bürohaus wird seit mehr als zwei Jahrzehnten anderweitig genutzt, Eigentumsverhältnisse haben sich verändert, Strukturen von damals fehlen. Wahrscheinlich müsste das große Kreishaus in Heidkamp herhalten, wenn es wieder zu Musterungen kommen sollten.

Kaserne bis 1995

Bergisch Gladbach hat auch eine lange Vergangenheit als Standort der Bundeswehr. Wer heute durch das neuentstandene Hermann-Löns-Viertel schlendert, wird kaum noch Anhaltspunkte finden, dass sich hier einstmals eine große Bundeswehrkaserne befand, dass Rekruten zum Stadtbild Bergisch Gladbachs gehörten. Nach Aufgabe der Hermann-Löns-Kaserne im März 1995 wurden die alten Gebäude vollständig niedergelegt, das Gelände nach intensiver Planung zu einem Wohn- und Gewerbestandort umgewidmet.

Es entstanden die Hermann-Löns-Straße, die Gustav-Stresemann-Straße und die Willy.-Brandt-Straße, ein Sozialzentrum als Mittelpunkt wird oft und gerne für Veranstaltungen genutzt. Untergebracht in der Kaserne war zuletzt die Wachausbildungskompanie 902, zuständig für die Grundausbildung der Heeres- und Marinesoldaten im Wachbataillon.

Verlegt nach Berlin

Die Kompanie wurde mit Verlegung nach Berlin ab 1. April 1995 in den Protokolldienst eingebunden. Auch die sogenannte „Protokoll- und Sicherungskompanie Heer“ war in Bergisch Gladbach stationiert; sie wurde nach Schließung der Kaserne nach Berlin und Siegburg verlegt, schon im März 1991 war ein Teil der Wachabteilung von Bergisch Gladbach in die Brückberg-Kaserne nach Siegburg verlegt. Die Soldaten der Protokollkompanien durften nach erfolgreicher Protokollbesichtigung durch den Bataillonskommandeur im protokollarischen Ehrendienst mitwirken.

Das Wachbataillon entstand im Februar 1957 als einer der ersten Verbände der Bundeswehr. Zu den bekanntesten Auftritten des Wachbataillons gehört die Gelöbnisfeier der Rekruten, immer am 20. Juli zum Gedenken an das Stauffenberg-Attentat am 20. Juli 1944.

Auch in Bergisch Gladbach durften einst nur Soldaten eingesetzt werden, die eine Körpergröße von 175 bis 200 Zentimeter hatte, keine sichtbare Sehhilfe trugen und eine allgemeine körperliche Fitness aufwiesen. Heute hat das Wachbataillon 1030 Soldatinnen und Soldaten, seit 2014 sind alle Soldaten in der Julius-Leber-Kaserne Berlin stationiert.

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