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Zwischen Sülz und DhünnGeschichtsverein Rhein-Berg legt 28. Band zur Historie vor

Lesezeit 3 Minuten
Die alte Gaststätte Om Schlöm in Bergisch Gladbach um 1920.

Die alte Gaststätte Om Schlöm in Bergisch Gladbach auf einer Ansichtskarte um 1920. Das Haus mit Geschichte gilt als gefährdet.

Nach Corona und Geschäftsstellenumzug stellt sich der Bergische Geschichtsverein digital neu auf.

Graf Engelbert I. hatte nie die Chance, im Wohnpark Bensberg einzuziehen. Zu seinen Lebzeiten, zu Beginn des 13. Jahrhunderts, bedeckte dort, wo heute die im Volksmund „Klein-Manhattan“ getaufte Hochhaussiedlung steht, noch dichter Wald die Landschaft. Die Gegend aber dürfte ihm bekannt gewesen sein, soll doch die Burg Bensberg vor etwa 850 Jahren in seinen Besitz übergegangen sein.

Die alte mittelalterliche Burg und die moderne Wohnburg aus den 1970er Jahren schräg gegenüber finden sich gemeinsam im neuen Heft des Bergischen Geschichtsvereins. Damit legt die Abteilung Rhein-Berg den 28. Band ihrer Jahresschrift vor, die nur einmal in den drei Jahrzehnten ihres Bestehens ausfiel. „Das war zum einen Corona geschuldet, zum anderen unserem Umzug in das neue Geschichte-Lokal“, erklärt Lothar Eschbach.

Der Geschichtsverein präsentiert sich entstaubt und digital

Nun schlage man ein neues Kapitel auf, so der Vorsitzende. Nach „dramatisch aufwendiger“ Vorarbeit lege man ein Heft vor, das sich nahtlos in die Geschichte der Reihe einfüge. Mit Beiträgen von 17 Autorinnen und Autoren, darunter auch der inzwischen verstorbene Karl Heinz Fröhlingsdorf, wird der Bogen geschlagen von den Anfängen des Bergischen bis zur Gegenwart.

„Natürlich nutzt der Bergische Geschichtsverein seine eigene Zeitschrift, um auf seine eigene Geschichte hinzuweisen“, so Eschbach mit Blick auf die Räume, in denen die druckfrische Publikation vorgestellt wurde. Denn mit seinem neuen Domizil an der Kadettenstraße 1, nur einen Steinwurf vom Bensberger Schloss entfernt, präsentiert sich der Verein „entstaubt“ und digital aufgerüstet. Hier zog auch moderne EDV ein, technische Hilfsmittel, die die Arbeit von Historikern erleichtern und auf breitere Quellenbasis stellen.

Ein Spagat zwischen Historie und Moderne

So unternimmt der Verein den Spagat zwischen Historie und Moderne, denn auch die digitale Technik übernimmt nicht die Entzifferung und Übersetzung alter Handschriften in Originalquellen - ein oft mühsames Geschäft. Das beherrscht offensichtlich Andreas Heider, der in seinem Beitrag „Zwischenfall am Blauen Stein“ verrät, warum der kurfürstlich-bergische Oberjäger im Mai 1750 nicht amüsiert, sondern schlichtweg verärgert war.

Die Titelgeschichte von Alexander Kierdorf und Peter Schönfeld widmet sich dem „Förderprojekt zum Bensberger Erzrevier“. Für dieses Projekt hat die regionale Kulturförderung des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) dem Verein insgesamt 160 000 Euro für zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Geplant sei die Dokumentation, Aufarbeitung und Präsentation des Erzreviers, so Eschbach. Die Ergebnisse würden digital erfasst, „und sollen auch den Auftritt des Bergischen Museums stärken.“

Das alte Fördergerüst am Hauptschacht der Grube Lüderich um 1900.

Das alte Fördergerüst am Hauptschacht der Grube Lüderich um das Jahr 1900. Es wurde 1937 durch den heutigen Förderturm ersetzt.

Heribert Schüller berichtet vom ersten Bensberger Amtsgericht, Frank Grobolschek stellt ein Invalidenheim vor, das einmal in der Gartensiedlung Gronauer Wald geplant war und mit der alten Gladbacher Fuhrmannskneipe „Om Schlöm“ in der Laurentiusstraße ist man bei den Problemen der Neuzeit angekommen. Die alte Kneipe verfällt und der Geschichtsverein sorgt sich, dass hier irgendwann die Abrissbirne Fakten schaffen könnte.

Gefährdet sind auch die beiden Stadthäuser neben der Villa Zanders, die demnächst nicht mehr von der Stadtverwaltung genutzt werden und einen erheblichen Sanierungsstau aufweisen. Als Zeugnisse der Architekturgeschichte der 1950er Jahre sind sie nach Ansicht von Mark vom Hofe unbedingt erhaltenswert.

Klein-Manhattan: "Zwischen Luxus und Ghetto"

„Zwischen Luxus und Ghetto“, die Geschichte des Wohnparks Bensberg, untersuchte die jüngste Autorin. Die 17 Jahre alte Alva Juraschek, Schülerin des Otto-Hahn-Gymnasiums, erhielt für ihre Arbeit den zweiten Preis beim Bundeswettbewerb des Bundespräsidenten.

Von einem Urgestein und Mitbegründer der Schriftenreihe „Heimat zwischen Sülz und Dhünn“ musste der Bergische Geschichtsverein Abschied nehmen: Hans Leonhard Brenner verstarb Anfang des Jahres. In der 28. Ausgabe ist er noch einmal präsent, mit dem Jahr 1868, als Bergisch Gladbach einen neuen Marktplatz erhielt.

Der 28. Band von „Heimat zwischen Sülz und Dhünn“ wird an die rund 400 Vereinsmitglieder kostenfrei verteilt. Nicht-Mitglieder können das Heft für 15 Euro im örtlichen Buchhandel und im Geschichte-Lokal Bensberg, Kadettenstraße 1, erwerben.