Autorin Gisela Schwarz hat mit dem Gladbacher Arbeitskreis der Künstler die litauische Partnerstadt Marijampolé besucht. Ihr Reisebericht.
AdKBergisch Gladbacher in Litauen: Künstlertreff im Schatten Putins
Eine Premiere gibt es beim sechsten Besuch in der litauischen Partnerstadt Marijampolé Ende Mai: Zum ersten Mal flogen acht Künstlerinnen des AdK, Arbeitskreis der Künstler Bergisch Gladbach e.V., zur Eröffnung der gemeinsamen Ausstellung „dialogas II“ im Kulturzentrum der litauischen Partnerstadt.
Es ist ein Treffen unter Freunden, denn schon zwei Mal waren bei gemeinsamen Ausstellungen – 2019 im Kulturhaus Zanders und 2023 im Kreishaus – auch die litauischen Künstler nach Bergisch Gladbach gekommen. „Dialog ist die Basis von Verständnis, von einem Miteinander, von Vertrauen und Freundschaft“, vermittelte bei der Vernissage im Kulturzentrum von Marijampolé AdK-Künstlerin Nadine Vierkotten, die zum ersten Mal die Organisation des Künstleraustausches übernommen hat. „Nur durch eine offene Einstellung und einem echten Austausch von Gedanken und Emotionen können Annäherung, Akzeptanz und gemeinsame Werte entstehen.“
Tatsächlich gehen die Werke spannende Synergien nicht nur zum Dialog-Thema ein.
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Und als Vorsitzende des AdK, inzwischen sechsmal in Litauen, kann ich bei meiner kleinen Rede stolz berichten, dass ich inzwischen zwölf litauische Worte beherrsche! Loreta Zaleckiené hingegen hat nach dem ersten Treffen vor sechs Jahren sofort angefangen, ganz konsequent Englisch zu lernen. Sogar die beiden älteren Künstler Vytautas Buslys und Vaclovas Vekerotas haben sich zum ersten Mal getraut, mit mir zu reden – sie waren so stolz, dass wir im vorigen Jahr auch ihre Werke im Kreishaus gezeigt haben. Und Petra-Christine Schiefer ist begeistert, dass ihr Werk „I have a dream“ direkt über der Holzplastik „Everyone wants to fly“ von Egidijus Bičkus platziert wurde.
Tanz-Performance im blauen Licht
Als Höhepunkt der Vernissage gestaltet unsere Künstlerin Christiane Budden eine viel bejubelte Tanz-Performance – im blauen Licht entwickelt sie ganz in Weiß gekleidet eine sehr bewegende Vorstellung ihres Stücks „Sequences“. Draußen auf dem Festplatz vor dem Kulturzentrum setzte sie später spontan eine Tanzeinlage mit Egidijus aufs Pflaster – das wirkte wie einstudiert.
Inzwischen wohnt man zum größten Teil privat bei den Künstlern – das festigt zusätzlich die Freundschaft und den regen Austausch über die Kunst, die Politik und das Leben. Meine persönliche Begeisterung für das Land, das ich seit 2018 schon sechs Mal besucht habe, teilen auch meine AdK-Künstlerkollegen. Obwohl die Drohungen von Putin wie ein Damokles-Schwert über dem Land hängen.
Hinter der Grenze beginnt Kaliningrad
Während unserer Reise treffen wir immer wieder auf Konvois von NATO-Truppen, die in dieser Zeit ihre große Übung wegen der Bedrohung der baltischen Länder durch Putin abhalten. Das beruhigt zumindest die deutschen Gemüter, auch wenn man sprachlos vor den nahen Grenzen zum russischen Oblast Kaliningrad steht – die sind inzwischen schon einen Kilometer vor dem Grenzübergang gesperrt. „Die russischen Raketen sind schon auf Kaunas gerichtet“, sagt ein litauischer Künstlerfreund. „Die müssen erst gar nicht einmarschieren.“
In den Werken der litauischen Künstler spiegeln sich diese Ängste wieder – Chaos und Unsicherheit nach 34 Jahren intensiv gelebter Unabhängigkeit von den einstigen sowjetischen Machthabern. Doch wir sind immer wieder überrascht von der rasanten Entwicklung des Landes, dem technologischen Fortschritt, dem Bekenntnis zur EU, der Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft. Und bei den Ausflügen nach Kaunas, Vilnius und Trakai begeistert das Nebeneinander von Jugendstil- und zeitgenössischer Architektur, die licht gestalteten Parks mit Skulpturen und Plastiken, die großartige Natur und auch die vielen aufgeschlossenen, modernen jungen Menschen.
Besondere Stimmung der Stille auf der Kurischen Nehrung
Zum dritten Mal bin ich vor der Ausstellung auf die Kurische Nehrung an die Ostsee gefahren – vor allem das Licht, aber auch die Wälder und die weiten Dünenlandschaften vermitteln eine besondere Stimmung der Stille und Ruhe, die nicht nur vor dem Zweiten Weltkrieg den Schriftsteller Thomas Mann, sondern auch die Künstlergruppe um Pechstein und Schmidt-Rottluff zu langem Schaffen bewegte.
Das besondere Licht und die Natur spiegeln sich auch in einigen Werken der litauischen Künstlerfreunde wieder. Doch die Metallplastiken des Bildhauers Kestutis Balčiūnas, dessen monumentale Plastiken und Skulpturen nicht nur in Litauen, sondern auch in Westeuropa im öffentlichen Raum stehen, spiegeln die Gegenwart wider. Seit Beginn des Ukraine-Krieges stehen vor seiner Atelier-Halle die riesengroßen Steinblöcke aus karelischem Granit unbearbeitet, der berühmte Künstler widmet sich ganz den abstrakten Plastiken aus Metallteilen aus der Schrottpresse - erschreckend und faszinierend zugleich!
Kurze Begegnung mit Ulrich Gürster
Die Bildhauerin Rosemarie Bruchhausen will gern das Angebot annehmen, ein paar Wochen im Atelier auf dem Land zu arbeiten: „Kestutis hat dort fantastische Arbeitsbedingungen für Bildhauer – mit Hebebühnen, Absauganlagen, feinstes Gerät zum Ziselieren.“
Beim Abschied begegnet uns noch Ulrich Gürster, Vorsitzender der Humanitären Hilfe Bergisch Gladbach e.V., der als Vertreter des Partnerschaftskomitees am offiziellen Empfang zum 35-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft vom Hotel ins Kulturzentrum eilt.