Verkehr in Bergisch GladbachZoff bei Bürgerinformation in Schildgen
Bergisch Gladbach – Der Umbau der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen sorgt weiter für Zündstoff. Die Luft ist von Anfang an dick. 140 Leute sind zur Bürgerinformation gekommen. Der Saal in der Kreishandwerkerschaft ist voll.
Es geht es um den zweiten Bauabschnitt: die Strecke zwischen den Kreuzungen Leverkusener Straße und Schlebuscher Straße. Wie im ersten Abschnitt, dem Nahversorgungszentrum, soll auch dieses Straßenstück in beiden Richtungen mit breiten Fahrrad- und Gehwegen ausgestattet werden, um die Radfahrer sicherer zu führen. Als Konsequenz könnten alle 69 öffentliche Parkplätze auf der kompletten Strecke zwischen Kempener Straße und Schlebuscher Straße wegfallen.
„Habe ich das richtig verstanden, es gilt dann überall absolutes Halteverbot?“, ärgert sich ein Anwohner. Denn täglich parken hier viele Autos, auch Handwerker oder Paketlieferdienste. „Wo sollen die alle hin?“, fragt der Mann und bekommt von vielen im Publikum Applaus und vom Beigeordneten Ragnar Migenda eine ernüchternde Antwort: „Es gibt für Anwohner keinen Anspruch auf öffentlichen Parkraum.“
Auf für Lieferverkehr gibt es keine Haltemöglichkeiten
Die Straße sei so breit, wie sie ist. „Wir können nur mit dem arbeiten, was da ist“, erklärt Migenda. „Wenn wir den Fahrradverkehr mobilisieren wollen, dann müssen wir woanders etwas wegnehmen.“ Auch dafür gibt es viel Beifall, diesmal von den Radfahrern im Zuschauerraum.
Allerdings gibt Migenda zu, er hätte auch nicht gewusst, wo er an diesem Abend seinen Wagen abstellen soll, wenn die Parkplätze weg gewesen wären. Er räumt ein: „Dass es überhaupt keine Haltemöglichkeiten zum Beispiel für Lieferverkehr gibt, ist ein Schwachpunkt in der Planung.“
Verkehr
Bürgerverein macht eigene Vorschläge
Bei einem persönlichen Gespräch im Rathaus haben Christoph Lehner und Jörg Meuten als Vertreter des Bürgervereins Schildgen-Katterbach Bürgermeister Frank Stein ihre Ideen und Vorschläge zur Modernisierung der Altenberger-Dom-Straße vorgestellt. Diese Ideen betreffen, wie der Bürgerverein berichtet, „nicht nur die Straße an sich, sondern stellt Schildgen als Ort, in dem Menschen leben und arbeiten, kommunizieren und sich mit den täglichen Dingen des Lebens versorgen in das Zentrum der Überlegungen.“ Der funktionierende Ortskern mit inhabergeführten Einzelhändlern Dienstleistern müsse erhalten bleiben. Nötig sei „eine intelligente Verkehrsbeeinflussung“, um zu mehr Aufenthaltsqualität zu kommen. Um den Verkehr zu reduzieren, schlägt der Bürgerverein Zwangsregulierungen an den Ortsgrenzen zu Köln, Odenthal und Leverkusen vor, weist auf die Bedeutung von Tempo 30 auf allen Hauptverkehrsachsen im Ort hin und setzt sich für eine Taktung und Anbindung des ÖPNV ein. (ub)
Bei ihren Umbauplänen für die Altenberger-Dom-Straße setzt die Stadt auf Verbesserungen im Bestand, um die Kosten „eng zu halten“, wie Migenda sagt. Die marode Fahrbahn soll neu gepflastert werden, die Gehwege und Bushaltestellen barrierefrei gestaltet, die Radstreifen ausgebaut und Querungshilfen für Fußgänger geschaffen werden. Rund 150 000 Euro stehen dafür im Haushalt zur Verfügung. Die Bauarbeiten sollen kurzfristig im zweiten Halbjahr 2023 starten. Außerdem prüft die Verwaltung, ob die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer begrenzt werden kann.
Anwohner befürchten lange Rückstaus und Schleichverkehre
„Wir schämen uns dafür, wie unser Ort aussieht“, macht ein Mann sich seinem Ärger Luft. Es werde einfach nur betoniert, „ohne zu bedenken, was das für die Bedürfnisse der Menschen bedeutet“. Wie andere auch im Publikum regt er an, die Kreuzung Altenberger-Dom-Straße/Leverkusener Straße als Kreisverkehr zu gestalten. Lange Rückstaus und Schleichverkehr in die engen Nebenstraßen könnten so vermieden werden. Das vorliegende Konzept bezieht die Auswirkungen auf die Nebenstraßen nicht mit ein, bestätigt Natascha Schemmann aus der Abteilung Verkehrsplanung.
Ein Kreisverkehr sei zu teuer und würde den vorgegebenen Kostenrahmen sprengen, lautet der Widerspruch Migendas. 1,2 Millionen Euro würde ein solches Bauwerk kosten. Seine Empfehlung: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“
Rollstuhlfahrerin möchte auch gehört werden
„Sie bauen hier eine Autobahn für Radfahrer“, kritisiert ein Anwohner, „warum nicht stattdessen einen einseitigen kombinierten Geh-Radweg?“. Dies schlagen auch andere im Saal vor. „Meine 86-jährige Oma kommt sonst gar nicht mehr aus dem Haus, wenn ich sie nicht mit dem Auto vor der Haustür aussteigen lassen kann.“
Einen Zebrastreifen statt einer Querungshilfe hält eine Anwohnerin für sinnvoll, um Platz zu schaffen. Andern fehlt die Gesamtschau auf den Ort: „Wir appellieren, sich mehr Zeit und Geld zu nehmen, um für unseren Ort etwas zu tun“, lautet die Forderung eines Besuchers. Eine Rollstuhlfahrerin sagt frustriert: „Menschen mit Behinderungen sind überhaupt nicht in die Planung einbezogen worden.“
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Migenda verspricht, alle Anregungen aus dem Publikum als Prüfaufträge mitzunehmen, sie der Politik zur Entscheidung vorzulegen und eine geänderte Planung erneut den Schildgenern vorzustellen. Doch der Beigeordnete warnt auch vor zu hohen Erwartungen: „Wir werden es nicht allen recht machen können.“ Bürgermeister Frank Stein, der die Veranstaltung als Zuhörer verfolgt, betont, wie wichtig es sei, „miteinander und nicht übereinander zu reden.“