Geplatzt ist ein Dealerprozess in Bensberg. Ein Zeuge bot einen Schwur beim Leben seiner Oma an – die aber schon tot ist.
BensbergZeuge vor Gericht: „Schwöre ich beim Leben meiner Oma“ – „Aber die ist doch tot?!“
Auf reichlich tönernen Füßen steht eine Drogen-Anklage der Staatsanwaltschaft gegen einen 28-jährigen Gladbacher, bei der es um den Verkauf von 13,7 Gramm Marihuana im Jahre 2019 geht. Der erste Verhandlungstag, bei dem ein Zeuge einen Schwur auf das Leben seiner Oma anbot, endete ergebnislos, der Prozess muss neu aufgerollt werden. Wieso ausgerechnet der einschlägig nicht vorbestrafte Elias P. (Namen geändert) angeklagt wurde, blieb am Ende des ersten Tages etwas unklar.
Der junge Mann soll am 17. Juni 2019 in Bergisch Gladbach einem Abnehmer 13,7 Gramm Marihuana verkauft haben. Die Strafverfolger kamen auf ihn, weil einer ihrer Kunden aus dem Drogenmilieu, Jan M., eine Lebensbeichte abgelegt und unter anderem bekundet hatte, er habe das Marihuana von einem jungen Mann mit dem Spitznamen „Ace“ erworben. „Ace“ bedeutet, englisch ausgesprochen, „Ass“. Ace sei etwa 1,80 Meter groß gewesen und habe eine dunkle Hautfarbe, hatte Jan gesagt.
Nebulöse Verdachtslage
So weit, so wenig. Ace scheint ein ziemlich fieser Kerl zu sein. Zwei weitere junge Gladbacher, die ihm Geld schuldeten, hat er nach den Erkenntnissen der Gladbacher Polizei massiv bedroht, damit sie zahlen. Indes: Wie kamen die Ermittler darauf, dass es sich bei ausgerechnet bei Elias P. um Ace handelte? Weil Hautfarbe und Alter passten? Im Prozess blieb das nebulös.
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Elias P. seinerseits bestritt vor Gericht wie zuvor schon bei seinem Verteidiger Karl-Christoph Bode, Ace zu sein, Jan M. Marihuana verkauft zu haben und zwei Gladbacher bedroht zu haben. Mit einer Gegenüberstellung versuchte Richterin Birgit Brandes am Dienstag die Wahrheit zu ergründen. Als erster Zeuge musste der von Ace bedrohte 22-jährige Jens K. in die Bütt.
Zeuge: „Das kann ich schwören, beim Leben meiner Oma“ – „Aber die ist doch tot?!?“
Der junge Mann jobbt derzeit, seine Ausbildung in einem Krankenhaus hat er abgebrochen, nachdem seine Großmutter verstorben ist. Die Richterin fragt nach: „Aber wenn die Oma stirbt, ist das doch kein Grund, eine Ausbildung abzubrechen?“ Darauf Jens: „Aber sie ist in dem Krankenhaus gestorben, in dem ich meine Ausbildung gemacht habe.“
Dann die erste Frage zur Sache: „Kennen Sie den jungen Mann auf der Anklagebank?“ – „Nein, den habe ich noch nie gesehen.“ – „Sind Sie sich da ganz sicher?“ Jens: „Das kann ich schwören, beim Leben meiner Oma.“ Die Richterin: „Aber die ist doch tot?!?“ Jens: „Ja, aber trotzdem.“ Der echte Ace, nach dem er dann gefragt wird, sei dünner gewesen und habe längere Haare gehabt.
Ähnlich verläuft die Vernehmung des zweiten von Ace bedrohten Gladbachers. Dessen Oma spielt zwar keine Rolle, aber auch er ist sich völlig sicher, dass Elias nicht Ace und Ace schlanker ist. Der Einwand der Richterin: „Der Angeklagte ist doch auch schlank“, kann den selbst eher schon hageren Zeugen nicht beeindrucken.
Nach diesen beiden Aussagen wäre der Zeugenauftritt von Marihuana-Käufer Jan M. wichtig gewesen. Doch M., mittlerweile rechtskräftig verurteilt, lässt sich nicht blicken, und die Kripo-Beamtin, die durch umfangreiche Ermittlungsarbeiten darauf gekommen ist, dass Elias Ace sei, steht nicht auf der Zeugenliste.
Die Lage ist leicht verfahren, die Staatsanwältin stellt klar: „Einen Freispruch kann ich auf dieser Grundlage nicht beantragen.“ Nun soll Jan von der Polizei vorgeführt und zudem die Kripo-Frau geladen werden.