Bergisch Gladbach sieht sich bei der Wärmeplanung in einer Vorreiterrolle. Problem ist die extrem alte Gebäudesubstanz im Stadtgebiet.
EnergiewendeWärmeplan für Bergisch Gladbach soll schon im September kommen
Spätestens 2045 soll in Bergisch Gladbach Schluss sein mit fossilen Brennstoffen. Und dann? Dies soll der städtische Wärmeplan aufzeigen. Das Strategiepapier soll bereits Ende September präsentiert werden. Der Beigeordnete Ragnar Migenda freut sich, dass Bergisch Gladbach als eine der ersten größeren Kommunen eine Wärmeplanung vorlegen kann: „Unsere Stadt übernimmt damit eine Vorreiterrolle.“
Dass der Plan bereits zu einem so frühen Zeitpunkt vorgelegt werden könne, liege daran, dass die Stadt bereits im November 2023 das Aachener Büro BET-Energie sowie die Belkaw als externe fachkundige Unterstützung verpflichten konnte, erklärt Migenda in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses. Andere Kommunen hätten inzwischen ein Problem, qualifizierte Dienstleister zu finden.
Es liegen noch nicht alle lokalen Daten vor
Denn vor der flächendeckenden Umstellung der Gebäude auf klimafreundliche Heizungen braucht man vor allem lokale Daten von Energieversorgern und Schornsteinfegern zum Ist-Zustand. Die meisten Daten lägen inzwischen vor, seien aber noch nicht ganz vollständig, sagt Migenda.
Eine erste Energiebilanz im Rahmen des Klimaschutzkonzepts hat gezeigt: Aktuell wird der Wärmebedarf im Stadtgebiet noch zum großen Teil durch den fossilen Energieträger Erdgas gedeckt. Demnach war im Jahr 2020, Erdgas mit einem Anteil von 49 Prozent am gesamten Wärmeenergieverbrauch der wichtigste Energieträger. Bei den privaten Haushalten war der Anteil von Gas mit 81 Prozent sogar vorherrschend.
Die Stadt wird in drei Vorranggebiete eingeteilt
Das genaue Vorgehen bei der Analyse erläutert Frank Schäfer vom Büro BET: „Das Stadtgebiet wird in drei Vorranggebiete eingeteilt.“ Erstens in zentrale, dicht besiedelte Bereiche, die für den wirtschaftlichen Betrieb eines Fernwärmenetzes geeignet sind. Zweites in solche, die weiterhin mit Gas versorgt werden können, sofern dieses als „grün“ anerkannt ist. Und drittens in dünner besiedelte Randgebiete, wo nur eine strombasierte Versorgung über elektrische Wärmepumpen möglich ist. Denn Fernwärme wird in großen Kraftwerken produziert und dann durch Rohre zu den Häusern geleitet.
Schäfer sieht in dem Wärmeplan einen Leitfaden, an dem man sich entlanghangeln könne. Für die Hauseigentümer bedeutet dies wohl, dass sie es von ihrem Wohnort abhängig machen müssen, ob es sich lohnt, auf einen Fernwärmeanschluss zu warten oder ob man in eine Wärmepumpe investieren muss – quasi als Service für die Gladbacher. Sie sind auf Informationen angewiesen, welche Ausbaupotenziale es für eine regenerative Wärmeversorgung es in ihrer Stadt gibt. „Der Wärmeplan schafft Orientierung und Planungssicherheit für die Bürger“, sagt Bürgermeister Frank Stein.
Abwärme der Industrie soll bestmöglich eingebunden werden
Als Vorteil wertet Schäfer, dass Bergisch Gladbach, anders als andere Kommunen, über Industrie verfügt. Ziel sei es, Abwärme bestmöglich einzubinden. Problematisch sei dagegen der extrem alte Immobilienbestand in der Stadt: 85 Prozent der Gebäude seien älter als 40 Jahre, die Energiesuffizienz entsprechend schlecht. „Eine Herkules-Aufgabe“, meint Schäfer. Ein gut auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmtes Konzept ist eben kein Projekt von der Stange, geht aus seinen Ausführungen hervor.
„Es wird wohl daraus hinauslaufen, sich erst einmal auf einzelne Energieinseln zu beschränken, wo eine hohe Wirtschaftlichkeit gegeben ist“, sagt Schäfer. Zu Bedenken sei nämlich auch, dass Betreiber für die Netze gefunden werden müssten. Für die Fokusgebiete sollen kurz- und mittelfristig prioritär konkrete, räumlich verortete Umsetzungspläne erarbeitet werden.
Die Gesetzeslage
Seit 1. Januar 2020 gilt das Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch Heizungsgesetz genannt. Es schreibt vor, dass neue Gebäude mit einer Heizung ausgestattet werden müssen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien läuft. Analog sollen im Falle eines Defekts Öl-, Gas- oder Kohleheizungen durch eine ökologische Variante ersetzt werden.
Die Bundesregierung verlangt von den Kommunen eine Wärmeplanung zu erarbeiten. Städte mit über 100 000 Einwohner – dazu gehört Bergisch Gladbach – müssen bis 2026 eine Strategie vorlegen (ub)