Fast sechs Monate dauerten Abbau und Abtransport der Papiermaschine.
Legendäre PapiermaschineDie PM 3 der Fabrik Zanders in Gladbach ist Geschichte
Die legendäre Papiermaschine 3 – intern PM 3 – genannt - ist weg. Das einstige Herzstück der Papierfabrik Zanders ist endgültig Geschichte. Die riesige kathedralenhafte Halle, die an der Nordseite des Zanders-Areals zur Bensberger Straße hin steht, wirkt verlassen und leer. Als „Zeitzeugen“ bleiben nur die riesigen Betonfundamente im Boden zurück, die für die Standhaftigkeit des Giganten gesorgt haben.
Denn die Dimensionen der Papiermaschine sind beeindruckend: 5500 Tonnen schwer, 220 Meter lang und 25 Meter hoch. Fast sechs Monate dauerten Abbau und Abtransport. Wie berichtet war die Firma Margiz, spezialisiert auf Abbauten von Maschinen, mit 62 Mitarbeitern vor Ort, um den legendäre Giganten in kleinstmögliche Einzelteile zu zerlegen und abzutransportieren. Bei einem Presse-Besichtigungstermin im November 2022 sagte Dimitar Nikolov, Projektleiter bei Margiz:
Käufer aus der Türkei gefunden
„Es ist die größte Maschine, die ich jemals abgebaut habe.“ Nach dem endgültigen Produktionsstillstand des Unternehmens am 30. April 2021 hatte es der Insolvenzverwalter per Ausschreibung geschafft, einen Käufer aus der Türkei zu finden. Die PM 3 wurde vermessen und gescannt. Dann wurden die abmontierten Bestandteile auf Lastwagen verladen. Darunter Pumpen, Pressen, Trichter, Walzen, Messköpfe, Siebe, Infrarottrockengeräte. Von Gladbach ging es weiter nach Köln, von dort mit dem Zug nach Triest und dann per Schiff in die Türkei.
Am Ende waren es insgesamt 497 Lkw-Ladungen, informiert das Pressebüro der Stadt Bergisch Gladbach. Im April haben die letzten Lastkraftwagen das Industriegelände in Gladbach verlassen. Kaum vorstellbar, dass die vielen Fragmente an ihrem neuen Bestimmungsort in der Türkei wieder zusammengesetzt werden können. Um dies sicherzustellen, hat die Firma Margiz jedes Teil mit einem Barcode ausgestattet.
Historie
829 gilt als Gründungsdatum für die Papierfabrik J. W. Zanders. 1956 beginnt die Produktion des hochglänzenden Etikettenpapiers Chromolux, ein Produkt das zur Weltmarke wurde. 1983 geht Zanders an die Börse. 1989 verkauft die Familie Zanders ihr Aktienpaket an International Paper. IP startet 1992 die Milliardeninvestition in die Papiermaschine 3. 2000 übernimmt die finnische Gruppe Metsä-Serla die Papierfabrik. Es folgten mehrere Eigentümerwechsel bis zur ersten Insolvenz 2018. Die zweite Insolvenz 2021 überlebte das Unternehmen nicht mehr. (ub)
Zum einen, um es während des Transports nachverfolgen zu können. Zum anderen, damit es beim Wiederaufbau an der richtigen Stelle angebracht werden kann. Wer auch immer das ehemalige Flaggschiff der Firma Zanders wieder ins Laufen bringt: Es wird eine akribische Puzzlearbeit. Die Papiermaschine 3, eingeweiht 1992, war die größte Investition in der Zanders-Geschichte – damals in Verantwortung des US-amerikanischen Konzerns International Paper (IP).
Die Anschaffungskosten: eine Milliarde D-Mark, davon allein 500 Millionen für die komplizierte Gründung mit 1150 ins Erdreich versenkten Bohrpfählen. Der aus Wien gebürtige Vorstandsvorsitzende Peter Dauscha (1929-1999) führte seit 1980 das Unternehmen, das Projekt PM 3 ist maßgeblich ihm zuzuschreiben. Nach der zweiten Insolvenz hatte der Industrieauktionator Dechow den Ausschreibungsverkauf der Papiermaschine vorbereitet. Der Verkaufszeitraum endete am 15. Dezember 2021 um 12 Uhr, der Zuschlag ging in die Türkei.
In der ersten Zeit wurde die PM 3 vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten – die Konkurrenz sollte nicht wissen, auf welchem Wunderwerk Zanders produziert. Einschüchternde 580 Tonnen Papier pro Tag konnte die Papiermaschine verarbeiten, sie spuckte 1300 Meter Papier pro Minute aus. Für die Bedienung reichten drei Mitarbeiter aus, es waren eher Kontrolleure des Giganten. Um die PM 3 in die Arbeitsabläufe zu integrieren, erweiterte Zanders sein eigenes Kraftwerk.
Weil der Koloss 20 Kubikmeter Wasser je Tonne Papier benötigte, wurde auch das Klärwerk ausgebaut. Auf dem Gelände entstand ein riesiges Papierlager neu. „In der Halle finden jetzt noch kleinere Rückbautätigkeiten und Sicherungsmaßnahmen statt“, berichtet Pressesprecher Sascha Keimer. Ziel ist es, diese Halle zu erhalten und neu zu nutzen. Möglicherweise entsteht eines Tages auf diesem Teil des Geländes ein Bildungs-Campus. Die Halle, vom Volumen so groß wie der Kölner Dom, ist die Zukunftshoffnung für die in die Jahre gekommenen Berufskollegs im Stadtteil Heidkamp.