Nach 25 Jahren florierender Vermittlungsarbeit droht der Freiwilligenbörse das unfreiwillige Aus. Es fehlt der Nachwuchs für den Vorstand.
Vor dem AusFreiwilligenbörse in Gladbach sucht dringend Nachwuchs für den Vorstand
Der Freiwilligen-Börse Rhein-Berg fehlt der Nachwuchs. „Wenn sich daran nichts ändert, werden wir einen Antrag zur Auflösung des Vereins stellen müssen“, sagt Vorsitzender Gerhard Heilig. Die Anlaufstelle für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, würde von der Bildfläche verschwinden. Dabei hatte der Verein eigentlich vor, im kommenden Jahr sein 25-jähriges Bestehen zu feiern.
Der Freiwilligen-Börse geht es so wie vielen anderen Vereinen. „Wir konnten bisher niemanden für die Arbeit im Vorstand gewinnen“, stellt Heilig mit Bedauern fest. Der Verein mit Sitz in Bergisch Gladbach ist Anlaufstelle für Menschen, die sich engagieren möchten, aber auch für Organisationen, die Freiwillige suchen.
„Die drei verbleibenden Aktiven werden den Verein nicht am Leben halten können“
„Die Vermittlungsarbeit läuft gut“, betont Heilig. Die Flüchtlingskrise 2015 und auch die Corona-Zeit hätten zu einem Anstieg der Beratungszahlen geführt. Im Moment seien es 50 bis 60 Interessierte pro Jahr, die beraten werden. Seit der Gründung seien mehr als 1000 Vermittlungsgespräche geführt worden. Das Problem mit dem Nachwuchs zeichnete sich schon seit einigen Jahren ab. Die Anzahl der Mitglieder sei zwar mit 26 konstant geblieben. Darunter sind zehn Institutionen und Wohlfahrtsverbände. 16 sind Privatpersonen, keiner ist unter 55 Jahren, viele sind über 80.
Wirklich aktiv sind derzeit nur die sieben Vorstandsmitglieder, und deren Alter sei hoch, stellt Heilig fest. Er selbst ist 68 Jahre alt und hat den Verein sechs Jahre lang geleitet. 2024 möchte er wie vier seiner Mitstreiter aus Gesundheits- und Altersgründen aufhören. Darunter auch seine Stellvertreterin Monika Schwenner (75). „Die drei verbleibenden Aktiven werden den Verein nicht am Leben halten können“, sagt Gerhard Heilig. Gesundheit und Alter seien das eine. „Es geht aber auch darum, dass ein Verein davon lebt, dass der Vorstand mal wechselt“, findet Heilig. Dass nicht einer 40 Jahre lang Vorstandsarbeit mache, nur weil keiner nachfolge. „Auf diesem Gebiet ist so viel im Umbruch.“
Es gebe neue Projekte, aber auch technisch ändere sich viel, etwa mit neuen Apps. Genauso wie politisch mit Fördergeldern von der Landesregierung, die genutzt werden könnten. „Das können wir dann nicht mehr leisten, weil wir zu wenige Leute dafür haben.“
Initiativen zur Rettung der Freiwilligenbörse bisher ohne Erfolg
Dabei gibt es viele Menschen, die bereit wären, sich ehrenamtlich einzubringen. Wenn sie nur wüssten wo. Genau diesem Problem nimmt sich die Freiwilligenbörse an: Aktuell sind in der Kartei auf der Homepage 227 ganz unterschiedliche Angebote bereitgestellt, sortiert nach acht Themen wie etwa Kinder und Jugendliche, Senioren, Kultur und Sport oder Natur und Umwelt. In einem ausführlichen Beratungsgespräch mit einem der Vorstandsmitglieder finden die interessierten Freiwilligen heraus, welche Arbeit ihnen liegt.
Aber auch unter der Regie der Freiwilligen der Ehrenamtsbörse laufen viele eigene Projekte: Zum Beispiel an der Nelson-Mandela-Gesamtschule gibt es Lese-Paten, die leseschwache Schüler ermuntern, selber aus Büchern vorzulesen. Es habe schon viele Initiativen gegeben, um den Fortbestand der Freiwilligenbörse zu sichern. „Leider ohne Erfolg“, meint Heilig mittlerweile ziemlich frustriert. „Wir haben zum Beispiel angefragt bei der Diakonie oder bei der Caritas, ob sie unsere Vermittlungsarbeit weiterführen würden.“
Auch beim Ehrenamtsbüro der Stadt Bergisch Gladbach habe man abgewinkt. Das könne das Personal nicht leisten, habe die Begründung gelautet, berichtet der Vereinsvorsitzende. Bis zur Mitgliederversammlung im Frühjahr 2024 müsse eine Lösung gefunden werden, sagt Heilig. „Ich hoffe immer noch, dass sich jemand findet, der weitermachen will.“
Kontakt aufnehmen kann man auf der Website der Freiwilligenbörse.
140 Freiwilligenagenturen in NRW
Auf Grundlage einer Studie aus dem Jahr 2015 im Auftrag des Bundesfamilienministeriums hat Gerhard Heilig, Vorstand der Freiwilligen-Börse Rhein-Berg, Zahlen zusammengetragen: 43 Prozent der Deutschen über 14 Jahre engagieren sich bürgerschaftlich. Das sind mehr als 36 Millionen Menschen.
Rein rechnerisch gebe es demnach im Rheinisch-Bergischen Kreis über 120.000 und in Bergisch Gladbach circa 48.000 Ehrenamtler. Allein in Nordrhein-Westfalen sind 140 Freiwilligenagenturen in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen organisiert und stehen Freiwilligen und Anbietern mit Rat und Tat zur Seite.