Meist gelesen 2021Gladbacherin stürzt im Garten durch Loch in alten Luftschutzkeller
- Dieser Text ist aus unserem Archiv, er erschien im Original am 24. November 2021.
Bergisch Gladbach – Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch Ihren Vorgarten, wie Sie es schon Tausende Male getan haben, nach Einbruch der Dunkelheit, ein vertrauter Weg, den Sie im Schlaf finden – und plötzlich tut sich unter Ihnen die Erde auf und Sie stürzen in ein stockwerktiefes klaffendes Loch.
So ging es Silka Lisku am 5. November gegen 18 Uhr im Garten ihres Fachwerkhäuschens an der Laurentiusstraße, als sie etwas in ihr Gartenhaus bringen wollte. „Ich merkte, unter mir gibt der Boden nach und dann brach ich ein“, erzählt sie. „Ich konnte mich irgendwie noch am Rand festhalten, obwohl mein ganzes Bein zerschrammt ist, aber ich habe erst am nächsten Morgen gesehen, was das für ein Krater war und was ich für Glück hatte. Ich wäre da alleine nicht mehr raus gekommen und hätte verschüttet werden können.“
Ausmaße des Luftschutzkellers unklar
Der „Krater“ wirkt auf den ersten Blick weniger kolossal, als er tatsächlich ist, weil er sich unter einem plattenbelegten kleinen Vorplatz des Gartenhauses befindet. Eine Platte fehlt, die ist unter Silka Lisku in die Tiefe gestürzt. Aber wenn man sich mit einer Taschenlampe in die Öffnung beugt, stellt sich heraus, dass die übrigen Platten alle in der Luft hängen, nur noch von ein bisschen Mörtel und Gottvertrauen zusammengehalten.
Darunter befindet sich ein mindestens zimmergroßer Hohlraum. Wo diese Höhle endet, ist nicht genau zu erkennen, aber es muss Fortführungen geben, denn hier sind viele Kubikmeter Erde weggespült worden. Wohin weiß keiner. Bergab liegen vier Meter leicht hängiges Gartenland und dann unterhalb einer Stützmauer der Gehweg der Laurentiusstraße, der wiederum auf einer Böschungsmauer drei Meter über der Fahrbahn verläuft. Gefälle ist also genug da.
Wohnhaus nicht gefährdet
Das von Lisku informierte Bauordnungsamt der Stadt war sofort mit zwei Mann zur Stelle, da die Behörde „Gefahr im Verzug“ befürchtet. Es zeigte sich aber, dass das wenige Meter entfernt stehende Wohnhaus nicht gefährdet ist. Für die städtischen Bediensteten schien der Fall schnell gelöst, weil sie einen Senkkasten der Dachentwässerung als Ursache der Unterspülung ausmachten: Dieser Schacht sei undicht und habe im Laufe der Zeit diesen Hohlraum ausgewaschen.
Doch die Theorie wurde schon wenig später von ihren Kollegen von der Stadtentwässerung widerlegt, die mehrere 100 Liter Wasser in den Schacht laufen ließen, die ordnungsgemäß ihren Weg durch die Rohrleitung in den Regenwasserkanal in der Straße fanden. In dem gespenstischen Hohlraum landete kein Tropfen.
Bauamt fühlt sich nicht zuständig
Ein Anruf beim Landesamt für Geologie in Krefeld ergab, dass auch ein Bergschaden nicht Frage kommt „Die nächsten bergbaulichen Anlagen befanden sich laut Kartenmaterial im Bereich Rommerscheider Straße und Johannesstraße. In unserem Abschnitt befindet sich nichts“, brachte Lisku in Erfahrung.
Was sich aber dort befunden hat, war ein Luftschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg, an den sich die älteren Nachbarn noch erinnern, ein Gegenstück zu dem bekannteren Stollen hinter dem Gasthaus „Am Bock“. Dieser Laurentiusstollen ist nach dem Krieg zugeschüttet worden. „Der Stollen wurde ordnungsgemäß verfüllt“, haben die Bauamtsmitarbeiter den Akten entnommen, damit ist für sie der Fall erledigt. Das Loch befinde sich auf Privatgelände und der Grundstückseigentümer sei zuständig.
Stadt weiß noch nicht, ob sie sich an Kosten beteiligt
Silka Lisku fühlt sich mit diesem Bescheid total alleingelassen. Sie soll einen Bodengutachter beauftragen, der Ursache und Ausmaß des Schadens ermittelt und dann Sanierungsvorschläge macht. „Ich weiß gar nicht ob ich das stemmen kann.“ Abgesehen von den Kosten verweist Silka Lisku auf die jahrelangen Bauarbeiten in der Laurentiusstraße. „Da wurde dauernd gebuddelt.“ Dort könnte ihre Erde gelandet sein. „Ich fände es fair, wenn die Stadt sich an den Gutachterkosten wenigstens beteiligen würde. Schließlich ist doch sehr wahrscheinlich öffentliches Gelände auch betroffen.“
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Auf Anfrage dieser Zeitung wurden Liskus Angaben als zutreffend bestätigt – bis auf einen Punkt: „Der Mitarbeiter der Bauordnung, der gesagt haben soll, der Stollen sei ordnungsgemäß verfüllt, wurde da in puncto Akteneinsicht missverstanden: uns liegen momentan weder Akten noch Kartenmaterial zu dieser mutmaßlichen ehemaligen Bunkeranlage vor“, korrigiert Stadtsprecher Martin Rölen das Bild. Ob die Stadt sich an den Kosten der Maßnahmen beteilige, werde noch geklärt. Eine Sichtprüfung vor Ort habe allerdings keinerlei Anzeichen von Instabilität oder Absackung des öffentlichen Straßenraums erkennen lassen.