Oberberg – Sie sind Kontaktpfleger, Brückenbauer und Wegweiser, Berater und Unterstützer, vielleicht sogar Lebensretter. Eines aber sind Burkhard Strupp und Michael Ducak immer: Zuhörer mit viel Verständnis.
Wer zu ihnen kommt und um Hilfe fragt, der steckt meist tief in einer Krise, leidet unter psychischen Problemen, ist erkrankt. Und genau das haben der Waldbröler Strupp und Ducak aus Radevormwald hinter sich.
Anderen zu helfen macht Spaß
„Ich weiß, wie es ist, vor einem vollem Kühlschrank zu sitzen und trotzdem fast zu verhungern“, sagt der 52 Jahre alte Strupp, der heute für die Oberbergische Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) als Berater tätig ist und anderen Betroffenen zur Seite steht. Vor bald zwei Jahren hat der Waldbröler, der als junger Mann zwei Lehren abgebrochen hat und heute Fahrdienste erledigt, die Ausbildung dafür absolviert.
„Peer Counseling“ heißt das Prinzip dahinter, das erst seit etwas mehr als zehn Jahren auch in Deutschland Anwendung findet: Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung betreuen Patienten, die gerade dieselben Situationen durchleben – Genesungsbegleiter ist ein anderes Wort dafür. Geschehen soll dies immer auf Augenhöhe. Der 45 Jahre alte Michael Ducak – er hat zuvor als Techniker im Bereich der digitalen Archivierung gearbeitet – hat im Oktober diesen Weg eingeschlagen und wird derzeit in Wipperfürth für diese Aufgabe geschult. Ein Jahr dauert das. „Es macht mir großen Spaß, anderen zu helfen“, betont Ducak.
Weites Spektrum
Das Spektrum, mit dem er und Burkhard Strupp dabei konfrontiert werden, ist weit. Es reicht von der Depression bis hin zu schweren Erkrankungen, etwa Schizophrenie. „Immer geht es darum, anderen Betroffenen zu ersparen, was wir selbst erlebt haben, was erleben mussten“, erklärt Strupp. Er blickt auf seinen Lebens- und Leidensweg zurück: „Ich habe 20 Jahre lang nichts anderes getan, als auf meinem Sofa dahinzuvegetieren.“ Die beiden Männer sind die ersten und bisher einzigen im Oberbergischen Kreis, die als Berater für die OGB tätig sind.
„Ziel ist es, dass jede Klinikstation einmal zwei solcher Kräfte zur Verfügung hat“, führt ihre Teamleiterin Amkea Böning aus. Diese sollen Erkrankten den Einstieg in die Therapie so leicht wie möglich machen, sie sollen die erste, niederschwellige Adresse in der Beratung und zu weiterführender Begleitung sein. Medizinische Betreuung oder Therapie können – und dürfen – solche Kräfte natürlich nicht leisten. „Als Allererstes müssen sich Betroffene jedoch eingestehen, dass sie auf Hilfe angewiesen sind“, nennt Michael Ducak den wahrscheinlich wichtigsten, meist aber schwersten Schritt.
„Es ist wichtig, Mut zu fassen und sich endlich Hilfe zu holen“
Er hat selbst unter verschiedenen Erkrankungen gelitten, darunter Magersucht. Seine Freunde kennen ihn indes als lebenslustigen Musiker. „Wer aber unter psychischen Problemen leidet, der fühlt sich rasch unverstanden, selbst von Ärzten.“ Und nicht zuletzt fehle auch in der Familie oft das Verständnis für eine solche Diagnose. „Entsprechend hoch ist dann die Hemmschwelle, die Ängste vor einer Stigmatisierung sind schließlich ebenso groß“, führt Ducak aus. Und Burkhard Strupp ergänzt: „Man möchte kaum glauben, wie viele Betroffene allein zu Hause sind, sich nur bei Regen oder im Dunkel vor die Tür trauen.“Die Pandemie und ihre Folgen, so heißt es von der OGB, führten zu einem rasant steigenden Bedarf an Beratung. „Es ist wichtig, Mut zu fassen und sich endlich Hilfe zu holen.“ Die kann bei Strupp und Ducak jeder bekommen, der mindestens 18 Jahre alt ist.
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Dabei richten sie sich ganz nach den Wünschen und Bedürfnissen der Hilfesuchenden. „Niemand muss ins Büro kommen – wir können uns auch auf dem Parkplatz eines Supermarktes treffen“, betont Strupp. Ebenso möglich seien Spaziergänge oder Fahrten im Auto, nicht nur zu Terminen etwa während einer Therapie. „Im Auto redet man ganz anders, viel locker und ungezwungen.“