Der Steuerknüppel in den Händen von Hans Förster (93) ist nicht nur ein Relikt des Zweiten Weltkrieges, sondern zugleich ein Mahnmal.
Steuerknüppel als MahnmalWipperfürther erlebt vor 80 Jahren die Notlandung eines Jagdfliegers

Vor der Wiese, auf der das Flugzeug notlandete, zeigt Hans Förster den Steuerknüppel, den er vor 80 Jahren aus der Maschine ausgebaut hat.
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Reichlich abgenutzt sieht er aus, der Steuerknüppel einer Messerschmitt Bf 109, den Hans Förster zeigt. Das liegt aber nicht daran, dass der 93-Jährige dieses zentrale Bedienelement des Jagdfliegers übermäßig genutzt hat. Im Gegenteil, seit 80 Jahren bewahrt er diesen Gegenstand, der für ihn mit einer besonderen Geschichte verbunden ist, auf. Abgenutzt war er schon vorher. Er ist Relikt des Zweiten Weltkrieges und für ihn auch ein Mahnmal, viel mehr als eine Kindheitserinnerung.
Er habe den Steuerknüppel als 13-Jähriger aus einer Messerschmitt ausgebaut, die in Thier-Baumhof notgelandet sei. Ganz genau kann er sich noch daran erinnern. Es sei am 7. März 1945 nachmittags gegen 16 Uhr gewesen, als die Maschine aus Westen im Tiefflug ankam, erst die Bombe ausgeklinkt habe und dann wenige hundert Meter weiter im Acker gelandet sei.
Jagdflieger-Maschine lag lange im Acker in Wipperfürth-Thier
Vom elterlichen Bauernhof in Raffelsiefen hätte er das Geschehen beobachten können. Er sei mit seinen Geschwistern zu dem Flugzeug gerannt, aber als sie dort ankamen, sei von dem Piloten schon nichts mehr zu sehen gewesen. „Der ist wohl in Richtung Wipperfürth gegangen“, meint Förster.
Die Bombe und auch das Flugzeug hätten noch etliche Zeit im Acker gelegen, den Zünder der Bombe habe jemand ausgebaut und den Steuerknüppel habe er ausgebaut und bis heute aufbewahrt. Auch von dem Flugzeugbenzin habe er mit seinen Geschwistern einige Flaschen abgezapft. „Das war rot“, weiß Förster noch. Denn sein Vater war Raucher und hatte ein Benzinfeuerzeug. Viele Jahre habe dieser das Feuerzeug noch mit dem Benzin aus dem einsitzigen Jagdflieger betrieben.
Zu dem Flugzeug hat er noch eine Geschichte: Der Pilot habe den Auftrag gehabt, die Brücke von Remagen zu bombardieren, um die Amerikaner an der Überquerung des Rheins zu hindern. Bei ihrem Einsatz sei die Maschine aber getroffen worden. Daraufhin sei sie umgedreht und dann in Thier notgelandet. Ob das den Tatsachen entspricht, dazu hat Erich Kahl, Vorsitzender des Wipperfürther Heimat- und Geschichtsvereins, keine Informationen.
Wipperfürth: Die Zeit vor 80 Jahren beschäftigt Hans Förster sehr
Die Zeit vor 80 Jahren, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, beschäftigt Hans Förster sehr. Insbesondere angesichts der aktuellen Weltsituation macht er sich große Sorgen um eine mögliche Ausweitung nicht nur des Ukraine-Krieges.
Er erinnert sich noch sehr genau an die Geschehnisse vor 80 Jahren in Raffelsiefen. Wo sein Vater Gustav einen desertierten Hauptmann auf dem Hof etwa vier Wochen lang bis nach dem Ende des Krieges aufgenommen und ihm zivile Kleidung gegeben hatte. Die Uniform sei unter den Kartoffeln versteckt worden und die Pistole habe der Vater an sich genommen.
Der Hauptmann sei ein Großbauer vom Niederrhein aus der Nähe von Kevelaer gewesen, wohin er nach Kriegsende auch wieder zurückgegangen sei. Er habe der Familie als Dank ein Schwein versprochen. Sein Vater haben sich im Herbst dann auch auf den Weg zu dem Großbauern gemacht, sei am Bahnhof sogar mit einer Kutsche abgeholt worden. Die geliehene Kleidung habe er zurückerhalten, von dem Schwein sei aber keine Rede mehr gewesen, berichtet er.
An den Hauptmann und die Wehrmachtssoldaten, die kurz vor Kriegsende in Raffelsiefen gewesen sind, das sei am 12. April 45 gewesen, erinnert den 93-Jährigen noch ein anderes Utensil, das die Soldaten zurückgelassen hätten: Ein Brotmesser, dessen Solinger Stahl heute noch scharf ist. Die Soldaten hätten eine Feldküche dabei gehabt, keine Fahrzeuge, sondern nur zwei Pferde und auch keine Munition mehr. Sie seien noch nach Burscheid kommandiert worden.
Der Hauptmann sei aber nicht mitgezogen, sondern habe sich zuerst im Wald versteckt, später habe er dann an die Türe geklopft und sei von seinem Vater, der schon den Ersten Weltkrieg miterlebt hatte, aufgenommen worden. Im Keller habe sich die Familie aufgehalten, als die Amerikaner näher kamen, aber es habe keinen direkten Beschuss gegeben, und auf dem Hof seien amerikanischen Soldaten nie gewesen, die seien unten über die Straße gezogen, berichtet Hans Förster.
Er ist vom elterlichen Hof ein paar hundert Meter weiter auf sein Altenteil gezogen und damit ganz nahe an das Gelände heran, auf dem er als 13-Jährigen aus dem Cockpit der Messerschmitt den Steuerknüppel ausgebaut hat.