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EssstörungFrau aus Lindlar hat in Discounter Lebensmittel für 103 Euro gestohlen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mikrofon steht in einem Saal eines Gerichts.

Sie habe die Waren im Supermarkt gar nicht stehlen wollen, sagte eine Angeklagte aus Lindlar vor Gericht mit atemloser Stimme aus.

Die 39-Jährige musste sich wegen Diebstahls in Wipperfürth vor dem Amtsrichter verantworten. Dabei erzählte sie auch von ihrer Krankheit.

Manche Taten, die vor dem Amtsgericht landen, stehen in ihrer offensichtlichen Sinnlosigkeit deutlich für ein ganz anderes Problem. So war das nun bei einer 39-jährigen Frau aus Lindlar, die sich wegen Diebstahls in einem Discounter in Wipperfürth vor dem Amtsrichter zu verantworten hatte.

Gestohlen hatte sie Fleisch, Fisch und Cola im Wert von 103 Euro. Sie gab die Tat auch zu, sagte allerdings: „Ich war da, wollte das aber gar nicht stehlen. Ich hatte die Waren in den Korb gelegt, als ich merkte, dass ich nicht genug Geld dabeihatte – mein anderes Portemonnaie war im Auto. Das wollte ich holen und bin ganz in Gedanken nach draußen gegangen, da wurde ich von einer Kassiererin aufgehalten, die natürlich glaubte, dass ich die Waren stehlen wollte“, sagte die Angeklagte vor Gericht mit atemloser Stimme.

Angeklagte aus Lindlar ist durch eine Essstörung vorbelastet

Im Anschluss berichtete sie, dass sie durch ihre Essstörung vorbelastet sei. Die Lebensmittel habe sie nur kaufen wollen, um sie zu essen und wieder zu erbrechen. Dazu sagte der Richter: „Wenn man sich ansieht, welche Unmengen an Fleisch da im Einkaufskorb waren, kiloweise Bauchfleisch – das bekommt doch kein Mensch runter.“ Er fragte: „Oder wollten Sie erwischt werden?“

Die Angeklagte antwortete: „Essen, kotzen, essen, kotzen, das geht über Stunden so.“ Sie sei seit vier Monaten in Akuttherapie. „Ich bin gerade dabei, das aufzuarbeiten, was in den vergangenen 22 Jahren mit mir passiert ist“, sagte sie.

Nicht der erste Diebstahl in einem Supermarkt

Für das Gericht war die 39-jährige Lindlarerin keine Unbekannte. „Wir hatten schon ein anderes Verfahren“, merkte der Richter an. Dem Gericht sei klar, dass die Taten mit der Krankheit der 39-Jährigen zusammenhingen. „Allerdings können wir hier nur Ihre Taten beurteilen, nicht aber Ihre Krankheit.“

Auch eine Angestellte des Discounters sagte als Zeugin aus. „Die Angeklagte ist mir in Sachen Diebstahl nicht zum ersten Mal begegnet“, versicherte die 35-Jährige. Deswegen habe sie die Kundin im Laden kritisch beobachtet. „Sie ging mit ihrem Warenkorb aber nicht an die geöffnete Kasse, sondern an einer der geschlossenen vorbei“, berichtete die Angestellte. Darauf angesprochen, habe sich die Kundin zwar sofort entschuldigt und angeboten, die Waren zu bezahlen. Doch das sei gegen die Richtlinien des Discounters.

Als die Schuldfrage geklärt war, wollte der Richter wissen, ob es Belege über die laufende Therapie gebe und schlug vor, die Therapeutin von der Schweigepflicht zu entbinden, dann könne er mit ihr reden. Der Richter führte aus, dass er eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153a anstrebe, die damit verbundenen Auflagen würde er nach dem Gespräch mit der Therapeutin konkretisieren.