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DaoismusWipperfürther ist Experte für altchinesisches Denken

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt Michael Wittschier, Experte für
daoistische Philosophie.

Michael Wittschier ist Experte für daoistische Philosophie.

Seit 50 Jahren beschäftigt sich Michael Wittschier mit dem Daoismus. Der Wipperfürther hat schon mehrere Bücher veröffentlicht.  

Zhuang Zi und sein Freund Hui Zi gehen spazieren. Auf einer Brücke bleiben sie stehen. „Siehst Du die kleinen Karpfen, wie sich ich im Wasser tummeln und sich freuen?“, fragt Zhuang Zi. Hui Zi schaut verwundert: „Woher willst Du das wissen? Du bist ein Mensch und kein Fisch.“ Darauf entgegnet Zhuang Zi: „Du bist nicht ich. Woher willst Du wissen, dass ich nicht weiß, dass die Fische sich erfreuen?“

Diese kleine Geschichte ist typisch für die Philosophie des Daoismus, der vor rund 2500 Jahren in China entstand. Der Wipperfürther Michael Wittschier beschäftigt sich seit rund 50 Jahren mit dem Daoismus und ist fasziniert von dieser fernöstlichen Weisheitslehre. Der Künstler und pensionierte Lehrer hat bereits mehrere Bücher zu dem Thema veröffentlicht und sie eigenhändig illustriert. 

Fünf Jahre hat der Wipperfürther an dem Buch gearbeitet

Gerade erst erschienen ist im renommierten Westermann-Schulbuchverlag sein Buch „Der Weg entsteht beim Gehen“, in dem der Autor altchinesisches und europäisches Denken miteinander vergleicht. Behandelt werden Fragen der Erkenntnistheorie – wie zum Beispiel lässt Wahres von Falschem trennen –, der Moralphilosophie, dem Verhältnis von Mensch und Natur und der staatsphilosophischen Frage, was einen guten Herrscher ausmacht. All dies ist didaktisch tiefgründig aufbereitet. Fünf Jahre hat der Wipperfürther an diesem 400 Seiten starken Opus gearbeitet.

Alles begann damit, dass Wittschier während seines Philosophiestudiums in den 1970er Jahren auf einen Text von Zhuang Zi stieß, in dem dieser davon träumt, ein Schmetterling zu sein. Als er aufwacht, ist er unsicher. Ist er ein Schmetterling, der träumt, ein Mensch zu sein, oder verhält es sich umgekehrt?

Der Traum des Schmetterlings

Für Michael Wittschier war das der Anlass, sich intensiver mit dem chinesischen Denken zu beschäftigen: Lao Tse, Konfuzius, Zhuang Zu und Meng Zi. „In meinem Studium kamen diese Philosophen nicht vor“, erinnert sich der Wipperfürther. Zur abendländischen Philosophie, die sich vor allem auf die antiken Denker Platon und Aristoteles beruft, gebe es einige grundlegende Unterschiede. „Aristoteles geht immer von einem Endziel aus, sein Denken ist teleologisch gerichtet“, erklärt der Wipperfürther. „Die Dinge existieren um des Zweck willens.“ 

Ganz anders sehen das die Daoisten. Eine hierarchische Ordnung, gestaffelt nach Nützlichkeit, lehnen sie ab. Ihr Ziel sei es, so Wittschier, die eigene Natur zu entwickeln, die Umwelt zu respektieren und mit ihr im Einklang zu leben.  Ein Denken, das in Vielem die Ökologie bereits vorwegnimmt. Zhuang Zi und seine Mitstreiter glauben weder an Gott noch an eine Religion, vielmehr begreifen sie Leben und Tod als eine Einheit. Alles ist im unaufhörlichen Wandel. Ihr Ideal finden sie im  „Nicht-Handeln“ – in Gelassenheit, Ruhe und Gewaltlosigkeit.

Michael Wittschier hat am Wipperfürther Engelbert-von-Berg Gymnasium viele Jahre lang Philosophie und Deutsch unterrichtet, außerdem war er am Seminar in Engelskirchen für die Ausbildung neuer Philosophielehrkräfte verantwortlich. Über Oberberg hinaus hat er sich zudem einen Namen als bildender Künstler gemacht. 


Mehr zu Thema: Am Montag, 14. April, 19 Uhr, ist Michael Wittschier zu Gast bei „Philosophischen Radio“, das auf WDR 1 und WDR 5 ausgestrahlt wird. Im Gespräch mit Moderator Jürgen Wiebicke gibt der Wipperfürther eine Einführung in das daoistische Denken, die Sendung ist danach auch als Podcast abrufbar.

Diese Bücher hat Michael Wittschier bislang zu dem Thema Daoismus veröffentlicht: Dao De Colonia, Greven Verlag, 15 Euro; Auf dem Weg ins südliche Blütenland, Leipziger Literaturverlag, 19,95 Euro; Zhuanzi-Schlüssel, Books on Demand, 20 Euro; Zhuanzi besser verstehen, Sisifo, 19,95 Euro; Der Weg entsteht beim Gehen, Westermann, 39 Euro.