80 Jahre nach ihrer Evakuierung aus Nordsiebenbürgen stand in Wiehl-Drabenderhöhe das Gedenken an diese Zeit auf dem Programm.
DrabenderhöheSiebenbürger Sachsen gedachten der Evakuierung vor 80 Jahren
Im Sommer 1944 brechen Tausende Menschen auf, überwiegend Frauen, Kinder und ältere Männer, um Nordsiebenbürgen im heutigen Rumänien in Richtung Westen zu verlassen. Die Rote Armee nähert sich von Osten, Rumäniens König Michael I. hat gerade nach seinem Staatsstreich die Seiten gewechselt und dem Deutschen Reich den Krieg erklärt.
Doch die Menschen, die Siebenbürger Sachsen, die seit Jahrhunderten dort leben, sind vorbereitet. So gibt es beispielsweise Pläne, welcher Ort über welche Route evakuiert wird. Weil es keine überstürzte Flucht ist, können auch Güter wie liturgisches Gerät – etwa Kelche – oder Bestände aus Archiven und Museen in Sicherheit gebracht werden. Diese Vorbereitung ging nicht zuletzt auf Robert Gassner zurück, später bekannt als der Vater der Drabenderhöher Siedlung.
Jahrestag in Drabenderhöhe
Dass es dennoch eine schreckliche Erfahrung wird, dass nicht alle Flüchtlinge diese Strapazen überleben werden und dass die Flucht ins Ungewisse für viele nicht in Österreich endet, sondern dass viele von ihnen nach dem Krieg wieder zurückgeschickt werden und in ihrer alten Heimat schlecht behandelt werden, all das ahnen sie nicht. Sie hoffen auf baldige Rückkehr in ihre Häuser.
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Jetzt, 80 Jahre später, hatte der Deutsch-Siebenbürgisch-Rumänische Freundeskreis Wiehl-Bistritz, die Landesgruppe NRW und die Kreisgruppen Drabenderhöhe und Wiehl/Bielstein des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland anlässlich des Jahrestages ins Stadtteilhaus in Wiehl-Drabenderhöhe eingeladen.
Beitrag zur VerständigungDort schlug Wiehls Bürgermeister Ulrich Stücker einen Bogen von der Vertreibung vor 80 Jahren in die Gegenwart mit ihren neuen Krisen und Kriegen. „Krieg führt zu Tod und Vertreibung und Verlust von Heimat, zum Verlust von Geborgenheit und Sicherheit.“ Er rief dazu auf, deutlich Flagge zu zeigen: „Krieg ist für nichts eine Lösung – für nichts.“ Er betonte aber auch den Vorbildcharakter der Siebenbürger Sachsen in Drabenderhöhe: „Heimat generieren – das kann gelingen, wenn man aufeinander zugeht.“
Auch Prof. Friedrich Wilke, stellvertretender Landrat, betonte, die Ansiedlung habe sich als „ein Geschenk für Drabenderhöhe, für Wiehl, für den Oberbergischen Kreis“ erwiesen . „Sie tragen zur Verständigung in Europa bei.“
Zu Beginn hatte Stadtpfarrer Andreas Hartig aus Bistritz in Siebenbürgen eine Andacht gehalten, ehe Anita Gutt als Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe die zahlreichen Ehrengäste begrüßte und allen Anwesenden „nachdenkliche, aber auch fröhliche Stunden“ wünschte. Die Ereignisse von vor 80 Jahren rief Horst Göbbel aus Nürnberg in seinem Vortrag „Vom Ungewissen zur Gewissheit —80 Jahre Evakuierung aus Nordsiebenbürgen“ sehr ausführlich in Erinnerung.
Zitate aus Berichten von Zeitgenossen, die er einfließen ließ, verliehen den Erinnerungen über das Historische hinaus eine besondere Eindringlichkeit. Etwa, wenn seine Mutter, Maria Göbbel, zu Wort kam und von der Evakuierung im Viehwaggon berichtete, in dem acht schwangere Frauen mit ihren Kindern transportiert wurden. Horst Göbbel selbst kam im Oktober 1944 auf der Flucht in eben diesem Viehwaggon zur Welt. Seine Zwillingsschwester Erika wurde nur neun Monate alt.
Seine Chronologie der Evakuierung endete in folgendem Fazit: „1944 vom Ungewissen im Laufe der letzten acht Jahrzehnte zur Gewissheit, damals und nachher richtig und erfolgreich gehandelt zu haben“.
Wie es dann weiterging, darüber berichtete Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, im zweiten Vortrag des Tages, mit der Überschrift „Der Verband der Siebenbürger Sachsen und die Nordsiebenbürger Sachsen in Deutschland nach 1945“.
Begleitend war im Stadtteilhaus die Ausstellung „Heimat gesucht — Heimat gefunden“ der Landesgruppe NRW im Festsaal aufgebaut.