Das Ende einer furchtbaren Kindheit kam für die drei Schwestern durch die Aufmerksamkeit eines Klassenlehrers.
HaftstrafeWaldbröler zu mehr als acht Jahren wegen Missbrauchs seiner Töchter verurteilt
Die 2. Große Kammer des Landgerichts Bonn hat einen Waldbröler (47) am Mittwoch wegen schweren Kindesmissbrauchs und Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 70 Fällen zu acht Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er seine drei Töchter jahrelang missbraucht hat.
Das Ende einer furchtbaren Kindheit kam für die drei Schwestern durch die Aufmerksamkeit eines Klassenlehrers: Eine seiner Schülerinnen, Tochter einer scheinbar bürgerlichen Familie, war abgemagert. Die 16-Jährige war kaum ansprechbar, im Unterricht fiel die einst gute Schülerin rasant ab. Der besorgte Lehrer informierte eine Sozialarbeiterin. Und die schaffte es, das Mädchen zum Sprechen zu bringen: Ihr Vater hatte sie seit dem sechsten Lebensjahr regelmäßig sexuell missbraucht.
Waldbröl: Fast alle Übergriffe fanden im Haus der Familie statt
Ihren beiden älteren Schwestern – mittlerweile 21 und 22 Jahre alt – war es nicht besser ergangen. Fast alle Übergriffe fanden im Haus der kinderreichen Familie statt, meist in den Zimmern der Mädchen, während die Mutter kochte oder in Fernsehserien abtauchte. Der Vater versprach ihnen Geld, Schmuck oder auch ein Handy, um sie willfährig zu machen. Das Fatale für die drei Töchter: Da ihre Mutter sie mit eher brutalen Erziehungsmethoden drangsaliert haben soll, war der Vater ihr Vertrauter. Das, so der Kammervorsitzende Wolfgang Schmitz-Justen, habe der Angeklagte skrupellos ausgenutzt. „Ich habe selten Kinder erlebt, die durch den Missbrauch so unter die Räder gekommen sind“, so der Richter weiter. „Ihr Auftreten war erschütternd, eine Zerstörung, die man nicht vergisst.“
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Alle drei Töchter hätten jede Gelegenheiten genutzt, um das Weite zu suchen: beim Freund, bei einer Pflegefamilie oder auch als Au-pair-Mädchen in der Schweiz. Fluchtversuche gab es auch in die Psychose, in Depressionen oder sogar in den Suizid, zuletzt noch während des Bonner Prozesses. Die Jüngste, die den Fall im Frühjahr 2024 ins Rollen gebracht hatte, sei im Gerichtssaal unfähig gewesen, zu sprechen. „Wie ein Roboter saß sie da“, so Schmitz-Justen. Am Ende schrieb sie auf einen Zettel nur drei Worte: „Kindheit kaputt gemacht.“
Da der in Untersuchungshaft sitzende Vater ein Geständnis abgelegt hatte, mussten die Mädchen nicht im Detail erzählen, was sie durchgemacht haben. Ohne Geständnis hätte der Mann mit weit über zehn Jahren Haft rechnen müssen. Verteidiger Sebastian Holbeck erkannte das Urteil sofort an. Damit sei sein Mandant „noch sehr, sehr billig davongekommen“. Auch die Staatsanwältin – sie hatte neun Jahre gefordert – schloss sich dem Rechtsmittelverzicht an.
Möglich, dass der Familien-Fall noch nicht beendet ist. Denn nach dem Eindruck, den die Mutter im Prozess hinterlassen habe, erwäge sie, ein Verfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen einzuleiten, sagte die Staatsanwältin. Die 41-Jährige, die nichts von den Übergriffen mitbekommen haben will, soll ihrer jüngsten Tochter vorgeworfen haben, sie solle mit „der Missbrauchs-Lüge aufhören“. Im Prozess hatte sie sich zunächst auf die Seite des Vaters gestellt, dann aber erklärt, sie wolle sich von ihrem Mann scheiden lassen.