RatsbeschlussNümbrecht bekommt sein KMVZ

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Blick auf die Baustelle des Medicenters in Nümbrecht. Dort soll das KMVZ einziehen.

Das Medicenter am Nümbrechter Kurpark wächst und gedeiht. Dort soll das Nümbrechter KMVZ einziehen.

Mit breiter Mehrheit hat die Politik in Nümbrecht die Gründung eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums angestoßen.

Die Gemeinde Nümbrecht bekommt ihr Kommunales medizinisches Versorgungszentrum (KMVZ). Der Gemeinderat hat das wie erwartet mit breiter Mehrheit bei einer Enthaltung (Ursula Witten, FDP) und einer Gegenstimme (Iris Kunadt, fraktionslos) beschlossen. Bürgermeister Hilko Redendes sprach von einem „epochalen Beschluss für Nümbrecht“ und vom richtigen Schritt, um dem Trend des Ärztemangels im ländlichen Bereich entgegenzuwirken..

Das KMVZ zieht in das noch im Bau befindliche Medicenter am Kurpark ein. Bereits Anfang nächsten Jahres sollen die ersten beiden Ärzte im KMVZ ihre Tätigkeiten aufnehmen: ein Hausarzt und ein Kinderarzt. Bis Mitte 2025 sollen zwei weitere Allgemeinmediziner mit fachlichen Schwerpunkten hinzukommen. In großer Einmut begrüßte die Nümbrechter Politik in der Ratssitzung, wie zuvor auch schon im Zukunftsausschuss und im Haupt- und Finanzausschuss, die Entscheidung.

Wir stellen den Aufsichtsrat, wir selbst haben in Zukunft die Kontrollfunktion.
Henry Daub, CDU

Wichtig war der breiten politischen Mehrheit in Nümbrecht, selbst die Fäden in der Hand zu behalten. Deshalb war im Vorfeld der Vorschlag des Oberbergischen Kreises, das künftige KMVZ könne in die bestehende „MVZ Oberberg GmbH“ integriert werden, nicht auf fruchtbaren Boden gefallen — im Gegenteil.

Daraufhin hatte die Aufsichtsbehörde der Gemeinde noch einmal einen deutlichen Hinweis gegeben: „Es muss dafür Sorge getragen werden, dass die Kommune keine übermäßigen wirtschaftlichen Risiken eingeht und sowohl finanziell als personell zur Wahrnehmung der Betätigung in der Lage ist.“ In Nümbrecht ist man trotz prekärer Gemeindefinanzen der Meinung, dass es sich in diesem Fall lohnt, dieses Risiko einzugehen.

Wenn die Sparkasse mit ihren Experten nach Studium des Businessplanes ihren Teil des finanziellen Risikos einzugehen bereit sei, dann sei das für ihn ein gutes Zeichen, so Carsten Frommhold (FDP). Wilhelm Weber (GUD) wies darauf hin, dass jede Unternehmensgründung mit Chancen und Risiken verbunden sei. „Hier übersteigen die Chancen aber das Risiko deutlich.“

Andrea Saynisch (Grüne) nannte das finanzielle Risiko „Peanuts“ im Vergleich zur hohen Verschuldung der Gemeinde; man mache einen Schritt in die richtige Richtung und sie sei froh, dass dies ohne Beteiligung des Kreises geschehe. Henry Daub (CDU) betonte, „niemand hier zweifelt am Wert eines KMVZ“. Verschiedene Stellen würden vielleicht zu verschiedenen Risikobewertungen kommen, „aber was bisher vergessen wurde: Wir stellen den Aufsichtsrat, wir selbst haben in Zukunft die Kontrollfunktion.“

Ira Hennecken (SPD) erinnerte daran, dass die Politik gegenüber der Nümbrechter Bevölkerung verpflichtet sei, dazu zähle auch die ärztliche Versorgung. Auch Rainer Galunder (WGHL) begrüßte den Schritt, sprach das Zurückschrecken vieler Menschen vor dem Übernehmen unternehmerischer Risiken an und erkannte in diesem Zusammenhang eine „Zeitgeistlücke der medizinischen Versorgung“.

Änderungen bis zum letzten Moment 

Ursula Witten, deren Ehemann lange Jahre als Hausarzt in Nümbrecht praktiziert hat, begründete ihre Enthaltung damit, dass sie bezweifle, dass sich in Zeiten des Ärztemangels ausreichend qualifizierte Ärzte finden lassen. Wenn aber ein Arzt-Sitz ans KMVZ gehe, falle dieser, wenn er ein Jahr unbesetzt bleibt, weg. Das, so Rainer Galunder, lasse sich aber durch das Verpflichten eines „Miet-Arzt“ verhindern.

Iris Kunadt begründete ihr Nein mit ähnlichen Zweifeln, da bisher schon alle Versuche, Ärzte für Nümbrecht zu finden, gescheitert seien.

Bis zum letzten Moment hatte die Nümbrechter Verwaltung nach Hinweisen der Aufsichtsbehörde beim Oberbergischen Kreis inhaltliche und redaktionelle Änderungen im Gesellschaftervertrag vorgenommen, ehe der beschlossen wurde. Das 13-seitige Papier geht jetzt zur Prüfung noch einmal an den Kreis.

Maximales Risiko: 325.000 Euro

Das finanzielle Risiko liegt für die Gemeinde bei maximal 325.000 Euro, wovon 300.000 Euro aber eine Rückbürgschaft sind, die — wenn im KMVZ korrekt abgerechnet wird — nicht angetastet werden muss. „Und wenn doch, dann haften da ja auch noch andere“, sagte Frommhold.

Die KMVZ Nümbrecht GmbH befindet sich jetzt zunächst in Gründung. Seitens der Gemeindeverwaltung soll Wirtschaftsförderer Benjamin Häcke Prokura erhalten.

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