Sechs Tage lang haben Ulrike und Udo Adolphs aus Nümbrecht-Benroth Taiwan bereist und dabei auch Eis aus Fischschuppen gekostet.
Auf ReisenNümbrechter erleben in Taiwan auch viel Kurioses
Herrlich frisch und fruchtig schmeckt das Mango-Eis – kein Wunder: 38 Grad heiß ist es, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 90 Prozent. Doch hergestellt aus der tropischen Frucht ist das Eis nicht, das Ulrike und Udo Adolphs in Xinlong Löffel für Löffel verputzen. „Es wird gemacht aus den Schuppen des Zackenbarschs“, weiß Udo Adolphs heute. „Lecker war‘s trotzdem reich an Kollagen und gut für die Gelenke überdies.“ Gerade erst sind die beiden Benrother aus Taiwan zurückgekehrt, da sitzt das Ehepaar schon wieder auf gepackten Koffern – startklar, um drei Wochen mit dem Wohnmobil durch Schweden zu kurven.
Das ist privater Urlaub, nach Taiwan aber sind die Adolphs als Gäste des asiatischen Inselstaats gereist. Denn seit dem Jahr 2016 und durch den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ unterhält ihr kleiner Heimatort eine feste und innige Beziehung zu Taiwan: Seither richtet dort das Agrarministerium einen ganz ähnlichen Wettbewerb aus, Benroth gilt nicht nur dafür als Vorbild. Und jüngst hat die Nümbrechter Ortschaft im Bundesfinale erneut Silber geholt.
Nümbrechter litten unter der großen Hitze und dem Schlafmangel
Vor vier Jahren durfte eine Delegation aus Oberberg-Süd das Land zum ersten Mal bereisen – damals dauerte die Tour 16 Tage, diesmal nur sechs. Fast 12 000 Kilometer und gute 13 Stunden lang ist ein Flug dorthin. Mit an Bord sind diesmal dagegen Markus Herrmann und Peter Eidam, der amtierende Bürgermeister von Weimar an der Lahn (Hessen) und sein Vorgänger.
„Das Reisen war mehr als anstrengend“, sagt die 65 Jahre alte Ulrike Adolphs. „Kaum waren wir aus dem Flieger gestiegen, da ging auch schon das Programm los – Feierabend war gegen 22 Uhr Ortszeit.“ Der Jetlag, die Hitze, die enorme Luftfeuchtigkeit und der damit verbundene Schlafmangel setzten dem Paar tüchtig zu. „Am Ende aber sind auch das Nebensächlichkeiten“, betont Udo Adolphs (70) ob der vielen Eindrücke. Ihn habe vor allem das Talent der Menschen und deren fester Vorsatz begeistert, eben so wenig wie möglich zu verschwenden und so viel wie möglich zu nutzen – „auch wenn aus Fischschuppen dann Eis wird“. Der Zackenbarsch sei im tiefen Süden Taiwans dort waren die beiden unterwegs eine der Haupteinnahmequellen.
Seiner Frau Ulrike hat dagegen gefallen, wie Seniorinnen und Senioren in die Dorfgemeinschaften eingebunden sind, wie sie unterstützt und versorgt werden. „Wir haben eine 94-Jährige kennengelernt, die auf traditionelle Weise Taschen herstellt und dieses Wissen an die Jüngeren weitergibt.“ Jene oft kunterbunten Taschen nutzen die örtlichen Bezirksverwaltungen etwa, um darin Gastgeschenke zu überreichen.
Und weil auch die Adolphs Staatsgäste sind und weil das Interesse an Deutschland und insbesondere am Öko-Dorf Benroth riesig ist, geben die beiden immer wieder Interviews, müssen vor die Fernsehkamera und dann auch ein paar Sätze auf Chinesisch sagen. „Dabei ist vor allem die Betonung wichtig, sonst ändert sich vielleicht die Bedeutung“, erklärt Ulrike Adolphs. „Als ich meine Sätze im Taxi geübt habe, hat sich der Fahrer schlapp gelacht.“
Vor der Kamera hat der Benrother Udo Adolphs auch an Hühnerbeinen geknabbert
Ihrem Mann kommen derweil die Tränen, als sie auch am Paper Dome in Puli Township (Provinz Nantou), einer Gedenkstätte für die Opfer des verheerenden Erdbebens von 1999 inmitten eines Öko-Parks, vor die Objektive treten und ihm eine Frau auf dem Smartphone plötzlich das Foto eines blühenden Baumes unter die Nase hält: „Diesen Baum habe ich dort vor vier Jahren gesetzt“, verrät Udo Adolphs – von den Menschen übrigens liebevoll „Uuttu“ genannt – und bedauert: „Leider war unsere Reise so eng getaktet, dass für persönliche Ausflüge, also etwa zu meinem Baum, einfach keine Zeit war.“
Etwas leichtfertig hatte Adolphs zuvor erzählt, dass er schon mal gegrillte Hühnerfüße gegessen und diese gar nicht übel gefunden habe. „Prompt hat man mir für die Dreharbeiten gekochte mitgebracht – auch die sind durchaus lecker gewesen.“
Im Öko-Dorf Taomi gibt es sogar ein Denkmal für Frösche
Das Erdbeben von 1999 indes hat in Taiwan ein neues Bewusstsein für Ökologie geweckt. So besuchte die Gruppe auch Taomi, wie Benroth ein Öko-Dorf und heute ausgestattet mit einem üppigen Biotop. Dort gab es eine nächtliche Führung. „Bei dem Erdbeben starb niemand in dem früheren Bauernweiler, weil die Frösche vor dem Beben Randale gequakt hatten“, schildert Udo Adolphs. „Den Fröschen wurde dann auch aus Dankbarkeit ein Denkmal gesetzt.“ Heute sei Taomi zudem ein Urlaubsziel mit rund 500 000 Besuchern im Jahr und fast 90 Gästeherbergen.
Für Benroth abschauen wollen sich die Adolphs die Öko-Kooperationen der Dörfer in Taiwan mit Kindergärten und Schulen sowie die Art, wie dabei spielerisch Wissen vermittelt wird. „Auch Bildung ist ein Weg, junge Menschen im Dorf zu halten“, urteilt Ulrike Adolphs, die selbst pädagogisch arbeitet in Waldbröl. Am 22. August eingeweiht werden in Benroth Stahltafeln zum Blättern, die viel Wissenswertes in Wort und Bild über den Ort erzählen – solche Tafeln hatte Udo Adolphs 2016 in Nantou entdeckt und ein durch das Leader-Programm gefördertes Projekt daraus gemacht.
Im Juni kommenden Jahres, so ist es angekündigt, besuchen Vertreterinnen und Vertreter aus Taiwans jüngsten Gold-Dörfer Deutschland. „Natürlich tun wir alles dafür, dass sie wieder nach Benroth kommen“, versichern die Adolphs. In einem Spot, der ab August in Taiwans Fernsehen gesendet wird, macht das Ehepaar dafür Werbung.