AboAbonnieren

Nachhaltig bis ins DetailHaus Wiesengrund in Nümbrecht gilt als Modellprojekt

Lesezeit 3 Minuten

Jürgen Lauff und sein Koch Lothar Seisel, der im „Fairen Menü“ ausschließlich vegetarisch kocht, setzen auf regionale und nachhaltige Produkte.

Nümbrecht-Überdorf – Wenn es um Nachhaltigkeit, um Gerechtigkeit und um Gesundheit geht, dann steht das kleine Nümbrechter Dörfchen Überdorf ganz groß im Fokus. Genau genommen ist es „Haus Wiesengrund“, eine Tagungsstätte des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region mit rund 6000 Übernachtungen im Jahr. Schon vor Jahren erhielt das von Jürgen Lauff geführte Haus als „Pionierkantine“ Preise und Auszeichnungen für nachhaltige und regionale Ernährung. Seit 2018 ist es zudem Praxispartner des Instituts für nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster. Jürgen Lauff ist dort Mitglied des Lenkungskreises.

Warum das „Haus Wiesengrund“ bundesweit als Modell und Vorbild gilt, wird bei einem kleinen Rundgang mit Jürgen Lauff schnell deutlich, denn die Nachhaltigkeit ist bereits auf dem rund 14000 Quadratmeter großen Außengelände zu erkennen. Was früher ein steril wirkender, ökologisch wertloser Park war, ist nun ein Bild der Vielfalt. Es gibt Bereiche, in denen nicht gemäht wird, es gibt Wildblumenzonen und Streuobst. Dafür, dass alles blüht und gedeiht, sorgen zehn Bienenvölker des Imkers Willi Dick, der Honig Marke „Haus Wiesengrund“ wird im Haus verkauft.

Nachhaltigkeit in vielen Bereichen

Die Nachhaltigkeit, die im Gästehaus praktiziert wird, gilt für praktisch alle Bereiche, selbst die Dienstkleidung der 13 Angestellten ist „Made in Germany“, und auch sonst lässt sich alles, was von Küchenchef Lothar Seisel und seinem Team verarbeitet wird, bis zum Erzeuger zurückverfolgen.

Haus Wiesengrund ist Mitglied in der Solidarischen Landwirtschaft (SoLawi) Nümbrecht-Birkenhof und erhält dort frisches Gemüse in Demeter-Qualität, der Kuchen wird von Astrid Saubert und deren Kräutercafé in Waldbröl-Geilenkausen geliefert, Eier und Milch stammen vom Hof Klose in Alpermühle.

Ein Alleinstellungsmerkmal hat der Honig aus dem „eigenen Bienengarten“ im ehemaligen Park von Haus Wiesengrund.

„Bergisch Pur“ sind außerdem Fleisch und Wurst von Holger Kleinjung aus Wallefeld, die Säfte von Weber in Lindscheid sowie Brot und Backwaren von der Mühlenbäckerei in Hennef, die ihr Getreide auch selbst anbaut. Weitere Bio-Produkte, darunter auch Obst und Gemüse mit Herkunftszertifikat, liefert ein Händler aus Hürth, die Kartoffeln ein Biobauer aus der Nachbarschaft.

Obst aus dem hauseigenen Garten, etwa Äpfel, werden in der Küche verarbeitet und was darüber hinaus geht, an die Gäste verschenkt. Fisch gibt es im Haus Wiesengrund sehr selten. Und Avocados zum Beispiel, die oft unter fragwürdigen Bedingungen und mit Wasserraubbau-Methoden in Südamerika angebaut werden, kommen in Überdorf nicht auf den Tisch.

Das Gelände von Haus Wiesengrund in Nümbrecht-Überdorf. 

Kaffee und Tee gibt es nur von Gepa mit Fairness-Garantie, dass die Produzenten ihre Erntehelfer gut behandeln und angemessen bezahlen. „Auch das gehört zu einer verantwortungsbewussten, die Schöpfung achtenden und bewahrenden Nachhaltigkeit“, sagt Jürgen Lauff, der selbst einmal als Koch gearbeitet hat.

Für die Küche bedeutet das nachhaltige Wirtschaften auch logistisch eine riesige Umstellung, so gibt es ein fleischloses „Faires Menü“, das inzwischen von 70 Prozent der Gäste gewählt wird, die übrigen bevorzugen das auch fleischhaltige konventionelle Menü. Doch konventionell ist dort eigentlich nichts, denn die Reste des Buffets können gegen eine Spende für die Kölner Obdachloseneinrichtung Fringstreff mitgenommen werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Alles wird minuziös aufgezeichnet und ausgewertet, Lauff und seine Mitstreiter haben eigens eine Wertematrix entwickelt, die als Vorbild für Nachahmer dienen kann. „Wir wollen gerne Pate für neue Projekte sein und helfen, dass die Fehler, aus denen wir gelernt haben, dort von vorneherein vermieden werden,“ sagt Jürgen Lauff.