Freispruch gefordertTod des zwölf Wochen alten Gummersbacher Babys könnte ungesühnt bleiben

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Das Landgerichtsgebäude in Köln.

Einen eindeutigen Täter habe die Verhandlung nicht hervorgebracht, sagt die Anklage.

Eine Schuld des angeklagten Vaters sei nicht zweifelsfrei belegbar, sagt die Staatsanwältin. Deswegen könne nur ein Freispruch beantragt werden.

Es gibt Fälle, bei denen die grausamen Folgen einer Gewalttat und der Wille nach Aufklärung und Sühne für den oder die Täter an rechtsstaatliche Grenzen stoßen. So scheint es auch im Fall des Gummersbacher gestorbenen Babys zu sein, wo sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung am Montag auf Freispruch für den 35 Jahre alten Vater des 2022 zu Tode gekommenen Babys plädierten. Damit bliebe der Tod des damals zwölf Wochen alten Babys ungesühnt.

„Ein Fallenlassen oder Schleudern auf einen harten Untergrund“

Laut Anklage sollen der 35-Jährige und seine Frau (30) – die untergetaucht ist – das Baby am 21. Mai 2022 so heftig geschüttelt haben, dass das Kind vier Tage später an den schweren Kopf- und Gehirnverletzungen verstarb. Auch nach der Beweisaufnahme ist die Staatsanwältin davon überzeugt, dass das Baby „massiv misshandelt“ worden sei. Dem Gutachten der Rechtsmedizin lägen folgende Alternativen vor, die zu den letztendlich tödlichen Verletzungen des Säuglings geführt hätten: „Wir haben hier ein Fallenlassen oder Schleudern auf einen harten Untergrund“, sagte die Anklägerin.

Die Alternative: „Das Kind wurde so massiv geschüttelt, dass ein Hirnödem entstand“, also eine massive und tödliche Hirnblutung. Weiter sprach die Anklägerin von „Abgründen“, die sich auftäten, wenn man bedenke, was dem Säugling in seiner Familie widerfahren sei. So deute ein Rippenbruch, der bei der Obduktion des Babys bereits verheilt war, darauf hin, dass das Kind bereits ab der vierten Lebenswoche geschüttelt worden sei.

Nur Zeugen vom „Hören-Sagen“

Die Staatsanwältin sprach von einem so kraftvollen Umgreifen des Brustkorbs, dass die Fingerkuppen des den Körper umfassenden Erwachsenen sich so tief in den Oberkörper gedrückt hätten, dass mehrere Rippen gebrochen seien. Doch einen eindeutigen Täter habe die Verhandlung nicht hervorgebracht.

Zwar sei das Baby ausschließlich von seinen Eltern betreut und versorgt worden. Aber angesichts der Situation, dass die neben dem Angeklagten einzige Augenzeugin für etwaige Misshandlungen – die ebenfalls anfänglich in dem Fall angeklagte Mutter (30) – sich dem Verfahren entzogen habe, habe man nur Zeugen vom „Hören-Sagen“ im Prozess gehabt. Aber auf „Hören-Sagen“ könne man keine Verurteilung stützen, eine Schuld des Angeklagten sei nicht zweifelsfrei belegbar. Darum könne aus Zweifelsgründen nur ein Freispruch beantragt werden. „Das ist unbefriedigend“, sagte die Anklägerin. Sie appellierte an den Angeklagten, sich nach einem etwaigen Freispruch, nicht um das Sorgerecht seiner beiden noch lebenden Kinder zu bemühen. In ihren Pflegefamilien gehe es den Kindern „zweifelsfrei besser“, als bei dem 35-Jährigen.

Wenig überraschend plädierte auch Verteidiger Stephan Kuhl auf Freispruch. Er forderte zudem, seinen Mandanten für die erlittene Haft zu entschädigen. Dass der 35-Jährigen überhaupt in Haft saß, hatte er aber sich selbst zuzuschreiben. Er war dem Prozessauftakt ferngeblieben und nach Erlass eines Haftbefehls einen Tag später in seiner Wohnung in Bergneustadt festgenommen worden. Am Mittwoch soll ein Urteil gesprochen werden.

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