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Interview mit Lehrerin Annabelle Brüning„Vieles geht, wenn man sich engagiert“

Lesezeit 4 Minuten

Neben Schwimmen und Tennis gibt es schon wöchentlich ein Handballangebot an der Grundschule in Niederseßmar.

Annabelle Brüning, Klassenlehrerin der 4a an der GGS Niederseßmar, möchte nicht nur ihre Schüler nach dem Lockdown wieder in Bewegung bringen. Wie sie das macht und warum sie selber in den Ferien am Beckenrand steht, darüber sprach Andrea Knitter mit der Lehrerin.

Es sind auch für Sie Ferien, doch Sie stehen im Schwimmbad und bringen den Schülern das Schwimmen bei. Wie kam es dazu?

Annabella Brüning: Das NRW-Schulministerium hat das Förderprogramm Ankommen und Aufholen aufgelegt, welches aus verschiedenen Bausteinen besteht. Einer davon ist die Extra-Zeit für Bewegung, bei der die Schulen mit Vereinen zusammenarbeiten sollen. Unsere Schulleiterin Nina Odrowski hat mich darauf aufmerksam gemacht. Zunächst ging es darum, den Schülern zusätzliche Schwimmzeiten anzubieten, da während des Lockdowns Schulen und Bäder geschlossen waren und so viele Kinder keine Chance hatte, schwimmen zu lernen.

Gibt es an Ihrer Schule sonst Schwimmunterricht?

Normalerweise bieten wir für die dritten Klassen ein halbes Jahr Schwimmunterricht an. Der ist bei einer unserer Klassen, eine jetzige vierte Klasse, komplett ausgefallen, da wir in diesem Schuljahr wieder mit den dritten Klassen angefangen haben.

Sind Sie mit Ihrem Vorhaben bei der Stadt offene Türen eingerannt?

Nein, es war unmöglich, Schwimmzeiten zu bekommen, sowohl für die Herbstferien als auch für die Zeit danach. Das Bad in Derschlag ist für die Herbstferien geschlossen und im Gumbala sind keine Zeiten frei. Einen interessierten Verein haben wir auch nicht gefunden.

Davon haben Sie sich aber nicht abhalten lassen.

Je mehr Steine mir in den Weg gelegt wurden, desto mehr habe ich mich in die Idee verbissen. So ist es mir nach wochenlanger Anstrengung gelungen, das Lehrbad der Hugo-Kükelhaus-Schule in Wiehl für die erste Woche der Herbstferien zu reservieren, täglich von 10 bis 15 Uhr. Da ich einen Schwimmschein habe, der meine Rettungsfähigkeit bestätigt, kann ich den Kurs selber durchführen. Gemeinsam mit meiner Kollegin Maria Arroyo unterrichte ich die Kinder.

Lehrerin Annabelle Brüning im Gespräch mit Philipp Wilhelm, Leiter der Handballschule Oberberg.

Wie war die Resonanz bei den Eltern? Es sind Ferien und die Kinder müssen gefahren werden und getestet sein.

Die Resonanz war unglaublich. In kürzester Zeit hatte ich knapp 50 Anmeldungen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern war sehr unkompliziert. Sie haben Fahrgemeinschaften organisiert und haben auch mit den Corona-Tests keine Probleme. Diese mussten sie nun selber organisieren. Dabei hilft sicher, dass Kinder unter zwölf Jahren weiterhin umsonst getestet werden.

Das Schwimmtraining ist nicht die einzige Bewegung geblieben, die Sie angegangen sind, oder?

Nein, ich habe viele Ideen und mir dann auch einen Sport daraus gemacht, sie umzusetzen. Die Schulleitung hat mich unterstützt, da ich es alles neben meinen Unterrichtsstunden organisiert habe. Die Ideen waren da, doch die Umsetzung dauerte, auch wenn wir dafür Förderungen durch das Land bekommen.

Was haben Sie neben dem Schwimmen noch in die Wege geleitet?

Ich habe Kontakt zu Philipp Wilhelm aufgenommen, der mit der Handballschule Oberberg bereits Kooperationspartner unserer Schule ist. Er leitet freitags eine AG bei uns und hat zusätzlich ein zweitägiges Handballcamp angeboten. Dafür haben sich 30 Kinder angemeldet. Der TC 80 Gummersbach hat an unserer Schule einen Kick-Off-Tag angeboten, bei dem alle Kinder im Klassenverbund 30 Minuten den Tennissport kennenlernen durften. Daraus ist ein festes Training in der Halle geworden, das nach den Ferien beginnt und bis Ostern wöchentlich stattfinden wird. 15 Kinder haben sich dafür bereits angemeldet.

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Gibt es eine Einteilung in Altersklassen?

Das Schwimmen wird für die dritten und vierten Schuljahre angeboten, Handball für die Klassen eins und zwei, Tennis ist für alle.

Was ist Ihr Antrieb?

Es gibt bei vielen Kindern enorme Bewegungsdefizite, da durch den Lockdown alle Sportangebote brach lagen. Die Kinder brauchen die Bewegung. Dabei geht die Schere auf zwischen Eltern, denen das bewusst ist, die ihr Kind fördern, und denen, die es nicht tun. Eben diese Eltern gilt es, im Zuge unserer pädagogischen Arbeit zu unterstützen. Ich möchte mit meinem Engagement zeigen, dass vieles möglich ist, wenn man sich einsetzt und ein Vorhaben kontinuierlich verfolgt. Gerade in dieser Zeit gilt es, Pläne und Ideen in die Praxis umzusetzen und nicht in der Theorie zu verharren.

Treiben Sie selber auch Sport?

Sicher, denn ich weiß, wie wichtig Bewegung ist. Ich spiele Tennis, fahre Fahrrad und mache Kraftsport.

Wo es jetzt läuft, wird es noch weitere Angebote geben?

Wir wollen auf jeden Fall weiter machen, das Landesprogramm gibt es noch bis Ende 2022. Vieles ist möglich, dafür benötigen wir Kooperationen mit Sportvereinen. Ich kann mir vorstellen Angebote im musisch, künstlerischen Bereich zu organisieren, auch dafür braucht man Menschen, die in die Schule kommen und die Kinder anleiten. Wir bleiben weiter motiviert, um aufzuholen, was in Zeiten des Lockdowns nicht möglich war. Unsere Möglichkeiten sind noch lange nicht erschöpft.