Die Telefonseelsorge des Kirchenkreises An der Agger in Gummersbach braucht das Drei- bis Vierfache an neuen Kräften, um die Arbeit bewältigen zu können. Immer mehr Menschen suchen Hilfe.
Viele einsame MenschenTelefonseelsorge des Kirchenkreises zieht durchwachsene Bilanz
Elf neue Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler verstärken seit gut einem Jahr die Telefonseelsorge des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger – eine gute Nachricht. Doch hatte Leiter Arno Molter auch sofort eine schlechte parat, als er und eine Mitarbeiterin der Telefonseelsorge am Samstag virtuellen Besuch bekamen von Superintendent Michael Braun, Kreissynodalassessor Thomas Ruffler, Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein und Stadtsprecher Siegfried Frank. „Eigentlich bräuchten wir das Drei- bis Vierfache an neuen Kräften, um die Arbeit bewältigen zu können“, betonte Molter sodann.
Bis zum 21. Dezember gab es 7446 Anrufe
Heute zählt das Team des 60-Jährigen 34 Köpfe. „Aber erst mit 42 wären wir vollbesetzt.“ Damit die Telefonseelsorge rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche erreichbar ist, kooperiert sie mit anderen Stellen dieser Art in der Nachbarschaft, zum Beispiel in Köln und Bonn. 7446 Anrufe hat Oberbergs Telefonseelsorge bereits bis zum 21. Dezember notiert.
Für einen Vergleich greift Molter jedoch auf das Jahr 2020 mit insgesamt 8050 Anrufen zurück. „Denn die haben wir mit weniger Mitarbeitenden abgewickelt. 2021 dagegen war für uns ein Jahr der intensiven Fortbildung, ein Jahr der Veränderung und der Konsolidierung.“ Eine noch deutlichere Sprache aber spreche für ihn ohnehin die Zahl der Versuche, mit der Telefonseelsorge in Kontakt zu kommen: „Bundesweit haben wir im vergangenen Jahr elf Millionen solcher Versuche registriert, zustande kamen 1,1 Millionen Gespräche, in diesem steuern wir bereits auf 15 Millionen Versuche zu.“
Die Telefonseelsorge hofft auf weitere ehrenamtliche Helfer
Als Versuch gewertet wird ein Anruf, bei dem es nicht zum Gespräch kommt – vielleicht, weil bereits alle Mitarbeitenden Hilfe am Hörer leisten. Und das sei ein großer Wermutstropfen, sagte Arno Molter. „Denn diese Zahl zeigt, wie gefragt unsere Arbeit tatsächlich ist.“ Vielleicht könne man da auf die geburtenstarken Jahrgänge hoffen, führte Superintendent Braun aus. „Wer jetzt in den Ruhestand geht, sucht vielleicht eine neue Herausforderung.“
Sorge bereitet Molter zudem die wachsende Zahl einsamer Menschen, die ein offenes Ohr suchen. „Zuletzt waren 59 Prozent der Anruferinnen und Anrufer ohne familiäre Bindung.“ Zwar sei die Zahl dieser Telefonate an den Weihnachtstagen geringer, dafür seien die Gespräche länger, „sie liegen zwischen 15 und 30 Minuten“. Neben der Einsamkeit, so ergänzte Molters Mitarbeiterin – die Ehrenamtler bleiben stets anonym – seien die steigenden Kosten im Alltag und die fortschreitende Inflation Auslöser für Kummer und Anlass für ein Gespräch.
Für Bürgermeister Frank Helmenstein ist der Weihnachtsbesuch bei der Telefonseelsorge Tradition seit 2008. „Wir müssen an die denken, die nicht unbeschwert feiern können, an diejenigen, die unsere Solidarität benötigen“, betonte der Rathauschef. „Diese Arbeit stellt höchste Ansprüche ans Ehrenamt.“ Und als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse Gummersbach kündigte er eine Spende in Höhe von 1000 Euro an.