AboAbonnieren

Einigkeit über die UneinigkeitOberbergs Linke sehen Querelen als Grund für Niederlage

Lesezeit 3 Minuten

Kandidaten für die nächste Wahl: Marko Wegner (l.) aus Wiehl tritt im Norden an, Jan Köstering aus Nümbrecht im Süden.

Gummersbach – Diyar Agu war dann erstmal weg. „Es war ein sehr anstrengender Wahlkampf“, erzählt 21-jährige Gummersbacher, der bereits zum zweiten Mal als Direktkandidat für die Linken bei der Bundestagswahl angetreten war, am Telefon aus dem Urlaub in Griechenland. Dorthin war er nach der Wahl erstmal geflüchtet – mit einer gehörigen Menge Frust im Gepäck.

Grund dafür war vor allem sein eigenes Ergebnis, das der Kandidat der Linken schon am Wahlabend im Kreishaus einigermaßen konsterniert hinnehmen musste: Mit 2,9 Prozent der Erststimmen bliebt Agu sogar noch hinter dem Zweitstimmen-Ergebnis seiner Partei (3,3 Prozent) zurück. „Ich habe sogar noch gegenüber dem Ergebnis der Kommunalwahl verloren, obwohl wir da von einer niedrigeren Wahlbeteiligung profitiert haben“, stellt Agu ernüchtert fest.

Bei der Frage nach dem Grund für die Niederlage, die für die Linke in ganz NRW zu einer Halbierung ihres Ergebnisses von 2017 führte und bei der im Bund nur drei Direktmandate den Sturz unter die Fünf-Prozent-Hürde abfangen konnten, wird schnell klar: Oberbergs Link sind sich einig, dass es die Uneinigkeit in der Partei war – aber uneinig darüber, wer die Verantwortung trägt.

„So schnell wie möglich Einigkeit herstellen“

Beim Kreisparteitag am Samstag im Alevitischen Kulturzentrum in Gummersbach war für Kreissprecher Jan Köstering die Sache klar: „Sahra Wagenknecht hat mit ihrem fünf Monate vor der Wahl veröffentlichten Buch einen Frontalangriff auf die Linke gefahren.“ Jetzt gehe es darum, so schnell wie möglich Einigkeit herzustellen: „Anders als andere Landesverbände haben wir keine Zeit für eine lange Analyse.“ Schließlich stehe der Landtagswahlkampf (s. Kasten) unmittelbar bevor.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Antwort von Diyar Agu, der durch seinen Urlaub den Parteitag verpasste, fällt genauso klar aus, aber genau umgekehrt: „An Sahra lag es nicht, im Gegenteil. Viele haben uns das Parteiausschlussverfahren gegen sie sogar übel genommen und gar nicht verstanden, dass sie doch noch unsere Spitzenkandidatin in NRW war.“ Das habe er im Bundestagswahlkampf auf der Straße immer wieder festgestellt. Der neue Bundesvorstand dagegen habe viel zu spät begonnen, wirklich intensiv und öffentlich Wahlkampf zu machen.

Kandidaten für die Landtagswahl

Im Anschluss an den Kreisparteitag hat Oberbergs Linke die Kandidaten für die beiden oberbergischen Wahlkreise für die Landtagswahl im Mai 2022 aufgestellt. Im Norden kandidiert Marko Wegner aus Wiehl.

Der 54-Jährige arbeitet als Seniorenbetreuer in einem Bergneustädter Altenheim. Nachdem er mehrere Jahrzehnte im Raum Düren gelebt habe und politisch aktiv war, sei er 2019 in seine oberbergische Heimat zurückgekehrt. Dort ist Wegner für die Linke bisher als sachkundiger Bürger sowohl in Wiehl als auch auf Kreisebene aktiv.

Zudem übernimmt er nach dem Kreisparteitag das Amt des Kreisgeschäftsführers, das vakant war, seit Anfang Mai Amtsinhaber Frank Marx aus Radevormwald mit 55 Jahren unerwartet gestorben war.

Im Süden kandidiert für die Linken der 23-jährige Nümbrechter Jan Köstering. Köstering, seit 2018 einer der beiden Kreissprecher der Linken, studiert in Siegen auf das Lehramt Gymnasium mit den Fächern Geschichte und Sozialwissenschaften. Für die Linken ist er seit der Kommunalwahl im Vorjahr sowohl Mitglied des Nümbrechter Rates als auch des oberbergischen Kreistages. (kmm)

Und Agu selbst? Der ist nur in Urlaub und nicht dauerhaft weg. Der Student, der Wirtschaftsingenieurwesen in Aachen studiert, hat seine nächsten Ziele fest im Blick – und die will er ganz klar mit den Linken erreichen. „Ich bin nicht in der Politik, um Karriere zu machen“, sagt er – auch mit Blick auf freundlich gemeinte, aber von ihm nicht so wahrgenommene Avancen, die ihm schon nach seiner ersten Kandidatur 2017 tatsächlich aus den Reihen der Konkurrenz gemacht wurden.

Agu will sich vor allem auf seine Arbeit für die Linken im Gummersbacher Rat konzentrieren und 2025 dann noch einmal als Direktkandidat antreten. „Das steht für mich fest: Dieses Ergebnis möchte ich so nicht stehen lassen.“