Oberberg – Eigentlich sollte heute der Tag sein, an dem auch in Oberberg fast alle Corona-Regeln fallen. Jetzt bleiben – auch wegen der aktuellen Vielzahl an Neuinfektionen – manche Regeln vorerst in Kraft. Aber wie ist sie eigentlich, die aktuelle Infektionslage? Warum ist sie so? Und was bedeutet es dafür, wenn noch mehr Regeln fallen? Hier dazu einige Fragen und Antworten.
Wie ist die aktuelle Infektionslage in Oberberg?
Am Wochenende hat der Kreis 1078 neue Fälle gemeldet – 717 am Samstag, 361 am Sonntag. Die Sieben-Tage-Inzidenz wird am Sonntag tagesaktuell mit 1488,8 angegeben. Darüber hinaus sind zwei weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus registriert worden. Es handelt sich laut Kreis um eine 86-jährige Frau aus Radevormwald und eine 86-jährige Frau aus Wipperfürth. Nach Angaben des Kreises werden nach wie vor 66 zuvor positiv Getestete in Krankenhäusern behandelt, acht davon auf Intensivstationen. Sechs von ihnen müssen beatmet werden.
„Die Zahl der Neuinfektionen ist bundesweit zum Teil so hoch wie nie zuvor in der Pandemie. Bei uns in Oberberg ist die Zahl zwar stabil, aber das auf sehr hohem Niveau“, sagt die Leiterin des Kreisgesundheitsamtes, Kaija Elvermann. Sicher gebe es Menschen, die die aktuelle Lockerungsdebatte als Hinweis missverstehen würden, dass das Infektionsgeschehen und die Gefahr einer Ansteckung nicht mehr hoch ist. Elvermann: „Das ist auch in Oberberg gerade nicht der Fall. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass die Viruslast in der Bevölkerung kleiner geworden wäre.“ Im Gegenteil: Die neue Variante von Omikron sei sogar noch infektiöser.
Zuletzt lag die tagesaktuelle Sieben-Tage-Inzidenz oft um 1500, es sah täglich nach einer Delle in der Welle aus. Am nächsten Tag musste das Landeszentrum Gesundheit (LZG) die Werte deutlich nach oben korrigieren, zum Teil auf über 1800: Die Delle war weg.
Warum schwanken die Zahlen so stark?
Auch der Kreis hat dafür keine abschließende Erklärung. Das Gesundheitsamt melde tagesaktuell und gerate dabei auch durch die aktuelle Vielzahl der Fälle nicht in Verzug. Offenbar, so heißt es, habe das mit der Verarbeitung der Daten beim LZG zu tun. Es gebe Hinweise darauf, dass Fälle, die am Abend noch gemeldet werden, nicht mehr unbedingt noch in die Statistik einfließen. Sprich: „Stand 0 Uhr“ könne oft eher „Stand 18 Uhr am Vortag“ bedeuten.
Was sind eigentlich die Gründe für die aktuelle Welle und die wieder gestiegene Zahl von Neuinfektionen? Karneval? Winterurlaub?
Elvermann, die in der Vergangenheit diese Fragen immer sehr genau beantworten konnte und selbst auch noch vor kurzem auf sinkende Zahlen gesetzt hatte, bleibt da erstaunlich ungefähr: „Es gibt wieder mehr Kontakte. Mehr Menschen treffen sich in Innenräumen, teilweise ohne Masken.“ Und außerdem sei der Winter länger als zuletzt: „Es gehört zu den Erfahrungswerten dieser Pandemie, dass das auch das Virus und seine Übertragung begünstigt.“ Mehr wisse man nicht. Das habe damit zu tun, dass die Kontaktnachverfolgung auch in Oberberg bei weitem nicht mehr so engmaschig sei wie in der Vergangenheit.
Ist es nicht gefährlich in so einer Situation die Kontaktnachverfolgung zu reduzieren? Verliert man so nicht den Überblick?
Natürlich sei das so, sagt Elvermann: „Aber es bringt auch nichts, wenn wir die einzigen sind, die das noch machen.“ Viele andere Behörden hätten die Nachverfolgung schon komplett eingestellt. Das wolle der Kreis auch in Zukunft nicht tun: „Vor allem nicht, wo vulnerable Gruppen betroffen sind wie in Krankenhäusern oder in Pflegeheimen.“ Darüber hinaus muss man seit dieser Woche auch auf die Unterstützung der Bundeswehr verzichten. „Uns steht insgesamt weniger Personal zur Verfügung“, sagt Elvermann. Das heißt aber nicht, dass sie klagt: „Der Umgang mit dem Virus verändert sich einfach.“
Ist es aber aus infektiologischer Sicht nicht seltsam, gerade jetzt Regeln wie die Maskenpflicht in Innenräumen oder im Schulunterricht aufzuheben?
„Aus rein infektiologischer Sicht ja“, sagt Elvermann. Es gebe angesichts der Vielzahl von Neuinfektionen keinen sachlichen Grund, weniger Vorsicht walten zu lassen. Nicht zu unterschätzen sei nach wie vor auch die erhöhte Gefahr, die so viele Fälle mit Blick auf die Möglichkeit einer weiteren Mutation bedeuten. Aber: „Mit den Omikron-Varianten und ihren milderen Verläufen gibt es aktuell auch keine kritische Situation in den Krankenhäusern mehr.“ Die Belastung sei weiterhin hoch, auch durch Quarantäne-Fälle beim Personal. Die Belegung der Intensivstationen sei aber mit anderen Phasen der Pandemie nicht mehr zu vergleichen. „Deshalb ist es auch angemessen, jetzt mehr auf Eigenverantwortung zu setzen.“
Welche Rolle spielt die Impfung noch bei Omikron?
In Oberberg, betont Elvermann, seien es weiterhin vor allem Nicht-Geimpfte, die von den schweren Verläufen betroffen sind. Insofern bleibe der Schutz der Impfung weiter wirksam. Es sei aber auch offensichtlich, dass Ansteckungen vor Geimpften weniger Halt machen.
Gibt es Erkenntnisse, was Omikron für Long Covid bedeutet?
Nein, sagt Elvermann, das sei noch nicht abschließend erforscht. Es gebe aber Hinweise darauf, dass auch Omikron solche Folgen habe und das diese auch nach milderen Verläufen eintreten können.
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Wie wird sich der Umgang mit dem Virus in den kommenden Monaten verändern?
Der Umgang werde sich immer mehr dem mit anderen Atemwegserkrankungen annähern, bei denen es keine Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems gebe, glaubt Elvermann. Das heißt: Es werde weiterhin eine systematische Sammlung, Übermittlung und Auswertung von Daten geben, aber bei weitem nicht mehr so engmaschig wie in den vergangenen beiden Jahren.
Es sei denn? „Es sei denn es gibt doch eine weitere Mutation zu einer gefährlicheren Variante. Dann werden wir alles wieder umdrehen müssen“, sagt Elvermann.