Heute Abend steigt die letzte Party im Eventwerk, dem Nachfolger der Kultdiscos Waldlust und Nachtengel.
Waldlust und NachtengelAbrissparty in Oberbergs legendärer Disco
Am letzten Juni-Samstag verabschiedet sich das Eventwerk mit der seit Tagen ausverkauften Mallorca-Abrissparty aus Engelskirchen-Ründeroth. Perspektivisch soll das Gebäude abgerissen werden, am Standort in der Walbach entsteht das Höhlenerlebniszentrum.
Anlass für einen Rückblick. Die Disco, die heute Eventwerk heißt, ist schon seit Mitte der 1990er Jahre ganz vorn mit dabei, wenn Oberbergs Jugend und die Junggebliebenen feiern. Dabei begann die Geschichte schon viel früher: 1964 sollte das Lokal „Wappen von Ründeroth“ mit der Aggertalhöhle und einer Minigolf-Bahn das Erholungszentrum Krümmeltal bilden.
Minigolf am „Wappen von Ründeroth“
Doch irgendwann war die Luft raus, Minigolf galt als spießig, das Wappen schloss die Türen, bis schließlich Hermann Möltgen Mitte der 1990er Jahre in den Altbau schaute. „Alles noch Original 1960er“, erinnert er sich.
Möltgen heizte zu diesem Zeitpunkt als DJ und Betreiber in Clubs ein, machte Poolparty in Wallefeld und betrieb das Birkenbäumchen in Wipperfürth. Bei der Suche nach einem neuen Projekt fand er die frühere Gastwirtschaft, die praktisch keine Nachbarschaft hatte: „Das passte!“
In den 1990er Jahren war die Partyszene im gerade wiedervereinigten Deutschland mal wieder im Wandel: Die chromblitzenden 1980er Jahre waren passé. „Wir brauchten etwas Neues“, erinnert sich Möltgen. Und das Neue, das war überladen, kitschig und meinte eigentlich nichts ernst.
Das Neue war Ironie und Ulk. Das neue war die Waldlust. „Wir haben Goldrahmen vom Flohmarkt an die Wände gehängt“, zählt er auf. Die Bar wurde mit Bambus verkleidet, in den Ecken standen Birkenstämme, an der Decke hing Plastiklaub.
Konzept aus dem Birkenbäumchen in Wipperfürth
Das Konzept hatte er schon im Birkenbäumchen in Wipperfürth getestet. Im Aggertal sollte es noch eine ganze Nummer größer werden. Nach dem Umbau legte DJ Herman Partyhits auf. „Die hatten sich über Mallorca wieder nach Deutschland ausgebreitet“, erklärt er.
Für den DJ anfangs eine Überwindung. „Ich war ein cooles Disco-Kind, da war mir das erst mal suspekt.“ Doch Möltgen wusste, was die Menschen zum Partymachen brauchten. Die Waldlust wurde zum Party-Wohnzimmer der Region. „Die Leute sollen sich zu Hause fühlen und die Mitarbeiter auch“, erinnert sich der DJ.
Big-Brother-Stars feiern in der Waldlust
Das Jahrtausend ging zu Ende, Guildo Horn brachte den Schlager zurück in den Mainstream, und in Köln zogen Menschen freiwillig in Überwachungscontainer. Als aus den ersten Big-Brother-Insassen Stars wurden, kam schon mal Jürgen Milski vorbei und ließ sich von Oberbergs Party-Volk feiern. „Die Autos standen bis runter auf die B55“, sagt Möltgen.
Die Waldlust brummte und das lag auch an den ungeschriebenen Party-Gesetzen der Landdiscos: Der Freitagabend gehört dem Nachwuchs, samstags durften auch die Älteren aufs Parkett. Ab Mitte der Nullerjahre begann der nächste Wandel, hat Möltgen in der Nachschau festgestellt. Clubatmosphäre statt Party.
Die Waldlust war nicht mehr angesagt. Helga Röttel und Peter Piechaczek flaggten die Waldlust zum „Nachtengel“ um, doch in den 2010ern wurde es ruhiger. „Die abgelegene Lage war erst ein Vorteil, jetzt wurde es ein Standortnachteil“, ist Möltgen noch heute überzeugt. Die Location wechselte mehrfach Namen und Betreiber, bis schließlich das Eventwerk kam.
So soll es weitergehen
An der Aggertalhöhle soll ein Höhlenerlebniszentrum entstehen. Dazu wird auch der Platz der früheren Minigolfbahn und des „Eventwerks“ eingeplant, um eine Gastronomie für die Ausflügler zu bauen. Für den Bau laufen bereits die Artenschutzuntersuchungen, die noch bis Herbst laufen.
Bis Herbst sollen dann auch dem Rat konkrete Pläne für das Areal an der Aggertalhöhle vorgestellt werden, berichtete Engelskirchens Bürgermeister Gero Karthaus. Ob sich das Eventwerk komplett aus der Region verabschiedet, ist noch offen.
Eventwerk-Geschäftsführer Christos Batgidis zeigte sich im Gespräch offen für Ideen. Auch die Gemeinde berichtet, dass es Gespräche mit den Betreibern gebe. „Wir sind an einer Lösung interessiert, damit es weiter ein Angebot für junge Menschen gibt“, betont der Bürgermeister. (lb)