Diese Rockshow sprengte den Guckkasten: Connor Kelly And The Time Warp gaben im Schauspiel-Haus ein furioses Neujahrskonzert.
Connor KellyFuriose Rockshow eröffnet das neue Jahr im Schauspiel-Haus Bergneustadt
Und dann steigt Connor Kelly aus dem Guckkasten heraus, springt auf einen freien Stuhl in der ersten Reihe und spielt ein Gitarrensolo. Als hätte eine Puppentheaterfigur sich von seinen Fäden befreit. Einige Zuhörerinnen hält es nicht mehr auf den Sitzen.
Solche Rock ‚n‘ Roll-Ekstase ist eher ungewöhnlich für einen Raum, der den Namen Kleinkunstbühne mehr als verdient hat. Auch 2025 werden im intimen Rahmen des Bergneustädter Schauspiel-Hauses vor allem Klavierkabarettisten und gesittete Kammermusiker aus Jazz und Folk auftreten. Zum Jahresauftakt gab es elektrische Gitarren satt. 50 glückliche Zuhörer im fast ausverkauften Theater ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen. Und vielleicht, wenn Connor Kelly And The Time Warp in einigen Jahren große Hallen oder gar Stadien füllen, vielleicht werden sie dann sagen können: Ich war in Bergneustadt dabei.
Bergneustädter Rockfans nutzten die Gelegenheit
Denn Potenzial hat die Band, dieser Auffassung ist auch ein Kenner unter den Zuhörern, der frühere Rockpalast-Regisseur Peter Sommer. Wie viele andere Gäste kam er mit den Musikern vor und nach dem Auftritt ins Gespräch, das Meet-and-Greet mit den Stars ist im Schauspiel-Haus im Eintrittspreis inbegriffen. Für die Band aus Knoxville, Tennesse, ist es die größte Bühne, die sie in Deutschland je bespielt haben, es ist nämlich die erste. „Das geht über alles hinaus, was ich erwartet habe“, sagt Connor Kelly mit Blick in die Sitzreihen und lacht.
Die vier noch recht jungen und sympathischen US-Musiker spielen, als wäre es nicht 50, sondern 5000 Zuhörer, drehen dabei aber nicht zu laut auf. Dennoch fliegt irgendwann eine Sicherung raus, was die Band aber nicht aus dem Konzept bringt. „So hat es noch mehr Spaß gemacht“, scherzt Connor Kelly.
Zeitsprung hin und zurück
Und dieses Konzept ist weitaus zeitgenössischer, als es die langen Haare, die Schals und Schlaghosen und der Rickenbacker-Bass erwarten lassen könnten. Der „Zeitsprung“ im Bandnamen täuscht. Der Sound der Siebziger ist nur eine Quelle dieser Musik, der Indierock der 90er und der Pop der Gegenwart ist mindestens ebenso wichtig. Erstaunlich für eine Band, deren Musiker zum Teil aus Nashville stammen, ist, wie stark sie von den britischen Inseln beeinflusst ist und das auch nicht verheimlicht.
Die bluesigste Nummer des Abends ist ausgerechnet „Yer Blues“ von den Beatles. Später legen sie nach mit „Champagne Supernova“ von Oasis, „Creep“ von Radiohead und schließlich sogar „Kiwi“ von Harry Styles. Die eigenen, schön kompakten Songs erinnern manchmal an Kings of Leon, erst recht wenn man weiß, dass mit Connor und Ben Kelly zwei Brüder an den Gitarren hantieren. „Love Captivity“ zeigt, dass sie auch funky aufspielen können.
So mag mancher Zuschauer bedauert haben, dass das Schauspiel-Haus bestuhlt ist und kaum Platz zum Tanzen gewährt. Den reiferen Herren im Raum war es recht. Und die Band hat wenigstens einmal in ihrer Karriere erlebt, dass sich das Publikum am Ende für Standing Ovations von den Sitzen erhebt.