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„Unsinnig, teuer und schädlich“Bergneustädter Einzelhändler genervt von Bonpflicht

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Seit dem ersten Januar müssen die Händler ihren Kunden einen Bon aushändigen, um Steuerbetrug vorzubeugen.

Bergneustadt – „Unsinnig und nicht gerade umweltfreundlich!“ Was das Thema Belegausgabepflicht – schlicht Bonpflicht genannt – angeht, sind sich viele Bergneustädter Einzelhändler und ihre Kunden einig. Seit dem ersten Januar müssen die Händler ihren Kunden einen Bon aushändigen, um Steuerbetrug vorzubeugen.

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Doch dieses Argument überzeugt den Hackenberger Helmut Stegmann ganz und gar nicht. Während er sich im Schuhgeschäft Schuh Chou am Rathausplatz einen Kaffee gönnt, sagt er: „Wer betrügen möchte, findet immer einen Weg. Für eine Tasse Kaffee brauche und möchte ich keinen Bon.“

„Wir können auch Jahre später noch Bons nachdrucken.“

Aurore Lavorel-Dunoyer, Inhaberin des Geschäfts, in dem neben Schuhen auch Postkarten und Schmuck verkauft wird und das außerdem einen kleinen Cafébereich besitzt, ergänzt sichtlich entnervt: „Wir können auch Jahre später noch Bons nachdrucken. Unsere Kassen können das doch mittlerweile alle. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir Ressourcen schonen möchten, erzeugen wir nun Berge von Thermopapier, die wegen der Beschichtung nicht einmal im Altpapier landen, sondern im Restmüll entsorgt werden müssen!“

In der Bäckerei Kraus nimmt nur jeder zehnte Kunde den Kassenbeleg mit.

Wenige Schritte weiter in der Bäckerei Kraus berichten die Verkäuferinnen, dass die Bons, falls sie in etwa zehn Prozent der Fälle doch einmal mitgenommen werden, oft schon vor der Tür des Geschäfts liegengelassen werden. Angelika Ernst, Filialverantwortliche, hat beobachtet, dass die kleinen Zettel in den Aschenbechern oder auf den Tischen draußen liegenbleiben und von ihr und den Kolleginnen wieder eingesammelt werden müssen.

Kopfschütteln über anfallende Kosten

Geschäftsführer Hanno Kraus blickt außerdem mit Kopfschütteln auf die Kosten, die in den 13 Filialen anfallen. „Wir verbrauchen jetzt etwa das 20-fache an Thermopapier. Solche Ausgaben landen früher oder später immer beim Verbraucher. Das kann doch auch nicht der Sinn der Sache sein“, findet der Bäckermeister.

In seinem Imbiss verbraucht Müfit Karatas nun die zwanzigfache Menge an Thermopapier.

Auch Müfit Karatas nennt als Multiplikator die 20 – früher sei der Verbrauch an Thermopapier überschaubar gewesen, jetzt läppere es sich. Der Inhaber des Imbisses Selammmh hat eh nicht das Gefühl, dass die Vorschrift schon bei den Kunden angekommen ist. „Niemand nimmt den angebotenen Bon mit. Ganz selten möchte jemand den Bon bei einer Großbestellung oder um etwas steuerlich abzusetzen. Für mich ist das nur ein Haufen Papier, der in den Müll wandert.“

Kaum ein Kunde nehme den Zettel mit

Ralf Gießelmann von der gleichnamigen Bäckerei sieht die Bonpflicht ähnlich kritisch: „Ich kann die Gründe für diese Idee nachvollziehen, doch die Frage ist, ob der Gesetzgeber dann wirklich diesen Mehraufwand für alle draufhauen musste.“ Er führt neben den Kosten für das Papier auch die Kartuschen für die Tinte an: „Da entsteht ein Berg Plastikmüll, der nicht nötig wäre.“ Der zusätzliche Arbeitsaufwand für die Verkäuferinnen sei nicht das Problem, allerdings würde kaum ein Kunde den Zettel mitnehmen.

Anika Hahne-Naumann führt den Schreibwarenladen in Bergneustadt und unter anderem hat auch Thermopapierrollen im Angebot. Wesentlich mehr hat sie davon seit dem ersten Januar nicht verkauft, begeistert ist sie von der Bonpflicht ohnehin nicht. Sie erklärt: „Meine Kasse ist durch eine technische Sicherheitseinrichtung, TSE genannt, die ich gerade für viel Geld angeschafft habe, sowieso fälschungssicher. Und meine Kunden haben in der Mehrzahl verständnislos reagiert. Wenn jemand Bürobedarf absetzen kann, fragt er von sich aus nach einer Quittung. Fast alle anderen finden die Bonpflicht nur nervig.“