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Missbrauchskomplex WermelskirchenAngeklagter soll „Windelfetisch“ schon mit 14 Jahren entwickelt haben

Lesezeit 2 Minuten
Köln: Der Angeklagte im Missbrauchskomplex Wermelskirchen hält sich im Gerichtssaal eine Mappe vor das Gesicht.

Köln: Der Angeklagte im Missbrauchskomplex Wermelskirchen hält sich im Gerichtssaal eine Mappe vor das Gesicht.

Als einen Mann mit zwei Gesichtern beschrieb am Montag die psychiatrische Sachverständige den Angeklagten im Prozess um den sogenannten Missbrauchskomplex Wermelskirchen.

Der 45-Jährige soll laut Anklage, zwischen 2005 und 2019 als Babysitter 13 Kinder in mehr als 120 Fällen massive sexuelle Gewalt angetan haben.

Von seiner Persönlichkeit stelle sich der 45-Jährige als ein „unauffällig durchschnittlicher, geradezu modellhaft bürgerlich sozialisierter Mann“ dar. Die „Musik“ in seiner Persönlichkeit spiele aber eindeutig „im Bereich der Sexualität“. So habe der Angeklagte schon früh sogenannte „paraphile“, also deutlich von der empirischen Norm abweichende sexuelle Neigungen entwickelt, die als Folter qualifiziert werden könnten, sagte die psychiatrische Sachverständige in ihrem Gutachten der 2. Großen Strafkammer.

Bereits mit 14 Jahren habe sich bei dem Angeklagten jener Windelfetisch entwickelt, der immer wieder im Prozess Thema war, so die Gutachterin. Als Teenager habe er bei seinem sozial engagierten Onkel in Berlin im Keller Windeln für Erwachsene gesehen und sich von diesen sexuell erregt gefühlt. Wenig später habe der Angeklagte sich dann seine erste Packung Windeln gekauft und sich mit ihnen auf verschiedene Arten sexuell befriedigt. Bei seinen Opfern sei es später dann entscheidend gewesen, dass sie Windeln tragen. „Windeln wechseln bei einem Kind war für ihn immer ein sexuelles Vorspiel“, sagte die Sachverständige unverblümt.

Angeklagter: Das Weinen der Opfer führte zur Erregung

Der Angeklagte habe zunächst in den Gesprächen mit der Psychiaterin Sadismus abgestritten, später sich aber dazu bekannt. Demnach soll der 45-Jährige bei einem erneuten Gespräch im Januar gegenüber der Sachverständigen eingeräumt haben, das „Weinen“ seiner Opfer habe ihn schon sehr erregt. Seine Erregung in solchen Situationen sei „hoch sadistisch“ und „paraphil“. Dabei habe der Angeklagte zum Teil Praktiken angewendet, die als Folter qualifiziert werden könnten, um Menschen zu demütigen, zu entwürdigen und zu quälen.

Keine eindeutige Empfehlung wollte die Gutachterin für eine Sicherungsverwahrung für den 45-Jährigen abgeben, letztendlich sei dies eine juristische Frage, die nur das Gericht beantworten könne.

Zuvor hatten mehrere Nebenklagevertreter sogenannte „Adhäsionsanträge“– mit denen zivilrechtliche Ansprüche auf Schmerzensgeld bereits im Strafverfahren entschieden werden können – gestellt. Bislang fordern die Opfer beziehungsweise ihre gesetzlichen Vertreter rund 200 000 Euro von dem Angeklagten. Darunter ist auch die Forderung eines behinderten Opfers, die allein 100 000 Euro beträgt. Ein weiterer Adhäsionsantrag ist noch offen, die Summe kann sich also noch erhöhen.