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Missbrauch Bergisch GladbachDie zwei Gesichter von Jörg L. – Tränen vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten

Der Angeklagte Jörg L. (hier beim Prozessauftakt) soll es perfekt verstanden haben, seine pädophilen Neigungen vor seinem sozialen Umfeld zu verbergen. Umso entsetzer und enttäuschter reagierten Freunde und Familie auf die Anschuldigungen.

  1. Im Missbrauchsprozess sagten Freunde und Kollegen des Angeklagten aus.
  2. Tränen flossen auf Seiten des Angeklagten, als sein langjähriger und wohl bester Freund das Wort hatte

Köln – Der sechste Verhandlungstag gegen Jörg L., mit dessen Verhaftung im Oktober 2019 der sogenannte „Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach“ ins Rollen kam, stand ganz im Zeichen des engeren sozialen Umfelds des 43-Jährigen. Der gelernte Koch ist wegen 79-fachen, zum Teil schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagt. 70 Taten soll er zu Lasten seiner im April 2017 geborenen Tochter begangen haben, die er mit dem eigenen Handy dokumentierte.

Nach den Aussagen seines früheren Vorgesetzten, seines besten Freundes aus der ostwestfälischen Provinz sowie zweier Freundinnen der Familie L. aus Bergisch Gladbach und Köln ist klar: Seit Jörg L. mit seinem Treiben aufgeflogen ist, steht er ziemlich alleine dar, sein soziales Leben liegt in Scherben, niemand will mehr etwas mit ihm zu tun haben.

Bester Freund sagt aus

Tränen flossen auf Seiten des Angeklagten, als sein langjähriger und wohl bester Freund (44) am Ende seiner Aussage sagte: „Ich trauere um die Freundschaft, um die Person, die ich einst kennengelernt habe. Und da habe ich auch Wut, dass er die Scheiße gemacht hat und unsere Freundschaft damit am Ende ist.“

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Wenn man pädophile Neigungen habe, dann müsse man sich Hilfe holen, statt das auszuleben, sagte der 44-Jährige. Und fügte noch hinzu: „Man muss nur den Hintern hochkriegen.“ Als er daraufhin vom Gericht entlassen wurde und den Saal verließ, suchten die geröteten Augen des Angeklagten verzweifelt Blickkontakt zum Jugendfreund. Doch der zeigte dem Angeklagten nur die kalte Schulter.

Wenig Schlechtes berichtet

Wirklich Negatives konnten die Zeugen nicht über den 43-Jährigen berichten. Unisono wurde er als freundlich, hilfsbereit, zuverlässig, als guter Koch und liebevoller Familienvater beschrieben. Der frühere Vorgesetzte (62) des 43-Jährigen sagte: „Ich hätte ihm ohne weiteres meine Enkelin anvertraut.“

Zweiter Missbrauchsprozess startet

Am Kölner Landgericht beginnt am Freitag ein zweiter Prozess aus dem sogenannten „Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach“. Dem 33-jährigen Angeklagten, einem Dachdecker, wird sexueller Missbrauch seines zwejährigen Neffen und einem Mädchen (6) aus dem „familiären Nahbereich“ zur Last gelegt.

Laut Anklage soll es zu den Missbrauchshandlungen gekommen sein, als der 33-Jährige die Kinder betreuen sollte. Insgesamt fünf Taten listet die Anklageschrift auf.

Ferner soll der 33-Jährige sich auf „Instagram“ als 16-Jähriger ausgegeben und mit zwei elfjährigen Mädchen Nacktbilder ausgetauscht und sie zu sexuellen Handlungen aufgefordert haben. Des Weiteren soll der Gladbacher in einer Chatgruppe mit bis zu 70 Gleichgesinnten bandenmäßig Kinderpornografie ausgetauscht haben. Er selbst soll mehr als 20 000 kinderpornografische Bilddateien und 3000 Videodateien besessen haben.

Elf Verhandlungstage sind bis 30. Oktober terminiert. (bks)

Sichtlich gerührt war der Angeklagte, als eine langjährige Freundin (37) der Familie über den aktuellen Zustand seiner dreijährigen Tochter berichtete. „Die wirkt sehr fröhlich“, sagte die 37-Jährige. „Sie sagt aber auch, dass ihr der Papa fehlt. Sie hat auch eigentlich immer nur positiv von ihm gesprochen. Da kam nie etwas Negatives.“

Die 37-Jährige erzählte auch von einer Unterhaltung mit dem 43-Jährigen, als die Missbrauchsfälle auf einem Campingplatz in Lügde bekannt geworden waren. Als sie damals gefragt habe, wie man nur Kinder missbrauchen könne, habe der Angeklagte geantwortet, dass er auch nicht verstehe, wie man so etwas tun könne. Der Fall war Ende Januar 2019 öffentlich geworden. Also zu einem Zeitpunkt, als der Angeklagte laut Anklage seine Tochter bereits weit über ein Jahr missbraucht haben soll. Auf die Frage des Gerichts, ob der Angeklagte etwas dazu gesagt habe, wie man mit solchen Tätern verfahren solle, antwortete die 37-Jährige: „Er sagte sowas in die Richtung, man solle sie so hart bestrafen wie es geht.“