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DLR und ESA starten „Luna“Trainingsanlage für Mondmissionen in Köln eröffnet

Lesezeit 5 Minuten
Luna bietet Astronauten und Wissenschaftlern mondähnliche Bedingungen für Mondmission-Training sowie Material- und Ausrüstungsprüfung.

Luna bietet Astronauten und Wissenschaftlern mondähnliche Bedingungen für Mondmission-Training sowie Material- und Ausrüstungsprüfung.

Die Einrichtung namens „LUNA Analog Facility“ bietet realistische Bedingungen für die Simulation und das Training astronautischer und robotischer Mondaktivitäten.

So weit das Auge reicht nur Staub und Stein. Kein Baum, kein Strauch. Dafür ein Krater in völliger Dunkelheit. Verhältnisse wie auf dem Mond und das auf der Erde, an der Stadtgrenze zwischen Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis. In einem 700 Quadratmeter großen Funktionsbau auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz haben sich DLR und die Europäische Weltraumorganisation ESA ein ideales Trainingsgelände für künftige Mondmissionen geschaffen.

Luna-Anlage in Köln soll am Mittwoch eröffnet

In der Anlage mit dem sperrigen Namen „LUNA Analog Facility“ wird künftig die gesamte Bandbreite astronautischer und robotischer Mondaktivitäten simuliert und trainiert werden können. Eine weltweit einmalige Anlage.

700 Quadratmeter groß ist das Mondgelände in Köln.

700 Quadratmeter groß ist das Mondgelände in Köln.

„Europas Ziel ist es, alle zukünftigen Astronautinnen und Astronauten, die auf dem Mond landen, in der Luna-Anlage in Köln auszubilden“, hatte ESA-Projektleiter Jürgen Schlutz schon vor zwei Jahren verkündet. Mit der offiziellen Eröffnung am Mittwoch kann der Härtetest für künftige Mondfahrer und ihre Ausrüstung beginnen, sagt Luna-Projektberater und ESA-Astronaut Matthias Maurer. Damit später auf dem Mond jeder Handgriff sitzt und die Technik nicht schlapp macht.

Mondgefühl mitten im Rheinland

Mondgefühl mitten im Rheinland

Für Laien wirkt die künstliche Mondlandschaft wie ein großer Sandkasten. Allerdings mit ausgeklügelter Technik. Ein Sonnensimulator ermöglicht Lichtverhältnisse wie auf dem Mond zu schaffen und damit auch Arbeiten in völliger Dunkelheit. Der scharfkantige Mondstaub (Regolith) wird in Luna durch einen Basaltstein aus Königswinter ersetzt, der eigens für die Anlage sehr fein zermahlen wurde. 900 Tonnen davon wurden in der Halle verteilt. Auf dem Mond beträgt die Schwerkraft gegenüber der Erde nur ein Sechstel, das heißt eine Person von 60 Kilogramm wiegt dort nur zehn Kilogramm. Um das zu simulieren, werden an der Decke von Luna Laufwagen und Seilsysteme installiert, ein sogenanntes „Gravity Offloading System“. So dass sich die Astronauten oder Rover wie in der Mondatmosphäre mit einem Sechstel ihres Gewichts bewegen.

Luna in Köln: Schwierige Suche in völliger Dunkelheit

Luna ist keinem topografischen Punkt auf dem Mond nachempfunden, eher ist das Gelände wie ein Parcours, auf dem verschiedene Aufgaben simuliert und bewältigt werden müssen, sagt Maurer. In dem in völliger Dunkelheit liegenden Krater beispielsweise gilt es das irgendwo tief im Staub verborgene Wassereis zu finden. Daraus ließe sich auf dem Mond Trinkwasser, aber auch Sauerstoff und Wasserstoff für Raketentreibstoff herstellen. Möglicherweise gebe es aber auch Aufschluss über die Entstehung des Lebens auf der Erde. In Luna wird das Eis mit Plexiglas simuliert, welches den Messinstrumenten vergleichbare Signale liefert. Wenn man die Hand vor Augen nicht sehen kann, wird ein aus der Hand gefallener Gegenstand schwer wiedergefunden, zudem ist der Ein- und Ausstieg über die steilen Wände des Kraters in den Raumanzügen eine körperliche Herausforderung, skizziert Maurer die besonderen Herausforderungen. Bei der Suche nach Wasser auf dem Mond könnte den Astronauten aber beispielsweise ein sogenannter Ground-Penetrating-Radar helfen, der Eis im Boden aufspüren kann. Inwiefern Fahrzeuge in den Kratern eingesetzt werden können, soll erprobt werden.

Dunkel ist es in der nachgestellten Mondlandschaft.

Dunkel ist es in der nachgestellten Mondlandschaft.

Nach Raumschiff Enterprise klingt auch ein sogenannter Steintricorder. Das in der Entwicklung befindliche Gerät soll auf die Schnelle die Art eines Steines bestimmen können. In Luna treffen die Probanden auf drei verschiedene Gesteinstypen: Anorthosite aus Norwegen, vulkanische Gesteine aus dem italienischen Vulkan Ätna und auf Asteroidengestein aus dem Rieskrater, der vor etwa 14,6 Millionen Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden entstand. Weitere Elemente von Luna sind eine separate Staubkammer, in der Sandstürme simuliert werden können, sowie eine Rampe, mit der die Überwindung von extremen Steigungen getestet werden kann, weitere Simulationen sind mittels virtueller Realität möglich.

Ziel der Artemis-Mission der NASA in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie der europäischen, der japanischen und der kanadischen Raumfahrtagentur (ESA, JAXA und CSA) ist es, auf dem Mond eine Station zu errichten, die längere Aufenthalte möglich macht, um sich beispielsweise auch auf Missionen zum Mars vorzubereiten. Die Steine für den Bau der Station müssen vor Ort aus Mondstaub hergestellt werden, mittels einer Linse, die das Sonnenlicht bündelt. Entsprechende erfolgreiche Versuche mit einem Sonnenofen hat das DLR in Porz schon unternommen. „Der Mondstaub ist darüberhinaus vielfältig verwendbar. So lassen sich daraus Solarzellen, Glasfaser und selbst Sauerstoff herstellen“, sagt Maurer. Maximal acht Stunden täglich werden die Astronauten auf dem Mond arbeiten, 16 Stunden in der Station verbringen, ein idealer Platz für diese wäre in einer Lavahöhle. Darin wären die Astronauten vor der kosmischen Strahlung geschützt. Auch in Köln wird es künftig eine mit Luna verbundene Mondstation geben, außerdem ein Gewächshaus, das schon vier Jahre in der Antarktis Mitarbeiter der Neumayer-Station III mit frischer Nahrung versorgte.

NASA-Astronauten trainieren noch unter freiem Himmel

Bei einer Besichtigung von Luna vor wenigen Tagen zeigten sich NASA-Verantwortliche nach Angaben von Maurer von den Möglichkeiten beeindruckt. Kein Wunder: „Derzeit bereiten sich die US-Astronauten in Arizona unter freiem Himmel auf die Artemis-Mondmission vor. Rund ums Gelände gibt es giftige Schlangen und freilaufende Kühe“, berichtet Maurer. „In Köln fänden sie optimale Trainingsbedingungen“. Noch steht aber nicht fest, ob auch die NASA Luna nutzen wird.

„Luna schließt die Lücke zwischen Feld und Labor“, sagt Petra Mittler, die stellvertretende DLR-Luna-Projketleiterin. Das mache das Projekt auch für Forschung und Wirtschaft interessant: Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus der Region, aber auch von überall in Europa sollen in der künstlichen Mondlandschaft experimentieren, Werkstoffe erproben und Systeme zur Energieversorgung testen können.

Für Herbst 2025 ist der erste astronautische Artemis-Flug zur Vorbereitung der nächsten Mondlandung geplant. Spätestens 2030 soll auch der erste Europäaer den Mond betreten. ESA-Astronaut Maurer hofft dabei sein zu können. „Im Fokus ist vor allem der Südpol“, sagt Petra Mittler. Nicht nur wegen des dort in den bis zu vier Kilometer tiefen Karter vermuteten Wassereises. „Der Mond ist etwa genauso alt wie die Erde. Hier lässt sich die Entstehungsgeschichte der Erde und unseres Sonnensystems nachvollziehen“, erklärt Mittler.