StadtführungAls Morsbroich noch ein Rittersitz war
Leverkusen – Das Schloss Morsbroich erhebt sich prächtig vor dem strahlend blauen Himmel. So, wie es dem Leverkusener bekannt ist, existiert es jedoch erst seit 1880. Vorher hatte der Renaissancebau noch keine Flügel-Anbauten. Und vor dem 16. Jahrhundert stand an seiner Stelle eine alte Burganlage; ein sogenanntes „Festes Haus“, das ebenfalls schon von einem Wassergraben umgeben war.
Michael Gutbier vom Opladener Geschichtsverein (OGV) führte am Samstag eine an der Geschichte Morsbroichs interessierte Gruppe über den ehemaligen Besitz des Deutschen Ordens. Dieser erstreckte sich um das „Feste Haus“ herum und auch über die heutige Gustav-Heinemann-Straße hinweg, die das Gebiet seit den 60er Jahren durchkreuzt.
Sieben verschiedene Besitzer
Im Jahr 1329 wurde die Burg erstmals schriftlich erwähnt, sie war eine von zahlreichen Rittersitzen, die für den Grafen von Berg Lehnsdienste übernahmen. 1619 ging sie dann in den Besitz des Deutschen Ordens über und war Eigenbesitz der Komturei Koblenz. Nacheinander besaßen sieben Landkomture das Haus, betrieben Landwirtschaft und erledigten Verwaltungsaufgaben für den Landesherren. Unter dem vorletzten Besitzer Felix von Roll fand der komplette Neubau des Herrenhauses – ohne die Seitenflügel – statt.
In Napoleons Besitz
Mit der Säkularisierung und der Übernahme durch Frankreich geriet Morsbroich in Napoleons Besitz. Der Textil-Industrielle und preußische Adlige Friedrich von Diergardt schließlich baute die Seitenflügel an. Nur der Spiegelsaal und das Jagdzimmer im Haupthaus sind bis heute historisch erhalten geblieben. Die umfangreichen Ländereien und der Waldbesitz machten die von Diergardts zur einflussreichen rheinischen Familie.
Noch bis in die 80er Jahre wurde ein Bahnhof in unmittelbarer Nähe genutzt, ehemals auch für Personenverkehr, dann nur noch für Güterverkehr. Die alte Straße bildete eine Sichtachse, die zum Schloss hinführte. Eine Umfunktionierung des Hauses zum städtischen Museum fand 1951 statt, später ging es in den Besitz der Stadt über. 1985 dann wurde das heute bundesweit bekannte Kunstmuseum neu eröffnet.
Die Exkursion verlässt den Schlosshof über die Brücke, überquert die Gustav-Heinemann-Straße und stapft auf der anderen Seite in den Wald. Im Gänsemarsch geht es über einen Pfad zur privaten Grabstätte der von Diergardts, die diese auf eigenem Territorium angelegt hatten. Heute ist sie von hohem Gras überwachsen, ein Baum ist darauf gestürzt.
Weiter geht es über die ehemalige Kastanienallee; ein Weg, der sich auch heute noch durch diese Bäume auszeichnet. Im Park an der Alkenrather Straße erreicht die Gruppe die Gezelinkapelle. Hier füllen die Exkursionsteilnehmer die Bänke im Inneren und lauschen dem Küster Christian Kaltenbach.
Der Selige Gezelinus erhielt im Mittelalter regionale Bedeutung, als er in einer Dürrezeit eine Quelle aufstieß, deren borhaltiges Wasser als heilend für die Augen gilt. Einst holten sich Menschen containerweise Wasser aus dem Becken, das an der Seite der Kapelle lag. Momentan jedoch ist der Grundwasserspiegel zu niedrig für die Pumpe, wieder kommen dürre-ähnliche Zustände auf.
Trauungen mit Gezelinus
Die ehemalige Kapelle der Zisterzienser verfiel in der Zeit der Säkularisierung durch Vernachlässigung. Im Jahr 1868 jedoch wurde ihr Neubau vollendet, und auch die Gezelinus-Verehrung wird wieder neu angefacht. Jedes Jahr feiert die nahe gelegene St. Sebastianus Schützenbruderschaft nach Fronleichnam ihr Schützenfest in Verbindung mit der Gezelinus-Oktav.
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Die in den 30er Jahren zerstörten Fußfall-Stationen, die einen verkleinerten Kreuzweg bilden, wurden durch Christian Kaltenbachs Initiative 2011 wieder aufgestellt. Jeden Freitag um 9 Uhr findet in der kleinen Kapelle die Messe statt. Und auch Trauungen können hier abgehalten werden. Nun hofft man auf genug Regen, um wieder Wasser aus der Quelle abgeben zu können.
Nächste Führung am 5. Juni
Die wichtigsten Punkte des Gebiets um Morsbroich sind nun abgeschritten. Michael Gutbier bedankt sich bei den Interessierten und kündigt die Fortführung der Veranstaltungsreihe „Geschichte im Stadtgebiet“ an, die nacheinander die ehemaligen Besitze des Deutschen Ordens vorstellt. Der nächste Termin ist am 5. Juni um 18.30 Uhr an der Doktorsburg. Weitere Informationen dazu bietet der OGV im Internet.