Leverkusen – Ihre liebste Beschäftigung? Autofahren! Bei diesem Thema leuchten die Augen von Martha Hartung auf. 1939 machte sie ihren Führerschein, kaufte sich 1954 ihr erstes eigenes Auto und war schließlich 69 Jahre lang mit VWs, Opels und zuletzt ihrem Mercedes in ganz Europa unterwegs. Dann wollten die Augen nicht mehr richtig mittun und sie gab das Fahren mit weit über 90 Jahren schweren Herzens auf. Ihre Unternehmenslust hat das nicht gebremst, inzwischen nimmt Martha Hartung, die heute ihren 105. Geburtstag feiert, eben ein Taxi.
Geboren wurde die mobile Seniorin am 25. Oktober 1914 in Opladen. Und sie kam nicht allein: Die Zwillingsschwestern Else und Martha hielten ihr Leben lang zusammen wie Pech und Schwefel. „Wir haben eigentlich alles gemeinsam gemacht. Am schönsten waren die Reisen“, erinnert sich Martha Hartung. Mit dem Auto ging es bis an die spanische Küste und nach Italien, per Schiff über alle Weltmeere und im Flieger sogar bis Kolumbien, wo ihr älterer Bruder Ernst ab 1930 für Bayer tätig war. Noch heute besteht ein enger Draht zum Sohn ihrer Nichte, der noch immer in Kolumbien lebt, mit seiner Großtante aber regelmäßig am Telefon plaudert.
Gerne um Garten gekümmert
Ihre zwei älteren Schwestern, Emmi und Mary, und Zwilling Else blieben in der Nähe. Die Eltern hatten 1937 in Opladen ihr eigenes Haus gebaut, in dem Martha Hartung ihr ganzes Leben verbracht hat. Vor allem um den Garten hat sie sich immer gerne gekümmert. Wie schon ihr Vater ging sie, ebenso wie die Schwestern Else und Mary, nach ihrem Abschluss an der Hindenburgschule zu Bayer. Im Büro des Organisch-Analytischen Labors blieb sie bis zur Rente: „Ich bin da reingewachsen und habe dann eigentlich alles gemacht: Briefe schreiben, Diktat, das ganze Büro“, beschreibt Martha Hartung ihr Berufsleben.
Spaß habe es ihr immer gemacht, auch mit den Kollegen. „Mit mir kann sich jeder vertragen. Ich hab da keine Probleme“, sagt sie und muss lachen. Auch den ein oder anderen Bewunderer gab es, der sich gerne noch viel besser mit ihr vertragen hätte. „Oh ja“, Martha Hartung grinst verschmitzt, „natürlich! Aber heiraten? Nein, das hatte ich nicht vor.“
Stattdessen hat sie ihr Leben lang auf eigenen Beinen gestanden und die Dinge in die Hand genommen. Wenn es nach ihr geht, könnte das so weitergehen: „Mein Wunsch wäre, dass es so bleibt, wie es jetzt ist, ich bin sehr zufrieden“, sagt sie. Inzwischen kommt jeden Tag jemand von der Sozialstation Wurzelwerk vorbei und auch Betreuer Bernd Brinkmann schaut regelmäßig rein. Ein Umzug ins Seniorenheim kommt für die fitte 105-Jährige nicht infrage.
Inzwischen hat sie sich zwar einen Treppenlift angeschafft, eine „feine Einrichtung“, wie sie findet, und ein Computer-Lesegerät, damit sie ihre Post besser lesen kann.
Das Geheimnis ihres Alters? „Ich habe kein Alter. Ich habe das Leben immer genommen, wie es kam“, sagt Martha Hartung. Und darauf gönnt sie sich heute ein Glas Sekt.