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Talente gehen verlorenDaran scheitert der Ausbau des Leverkusener Sportinternats

Lesezeit 3 Minuten

Am Rande der Kurt-Rieß-Anlage befindet sich das Sportinternat, das von außen wenig Eindruck macht.

  1. Kai Havertz, Benjamin Henrichs, Laura Ludwig, Jennifer Rode: Viele prominente Namen haben am Sportinternat Leverkusen bereits sportliche Karriere und Schulabschluss unter einen Hut gebracht.
  2. Internatsleiterin Steffi Nerius wünscht sich ein Vollinternat, in dem Sportler auch wohnen können.
  3. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, woran das Vorhaben aktuell scheitert und warum dadurch viele Talente verloren gehen.

Leverkusen – Wenn Steffi Nerius neue Talente im Sportinternat empfängt, ist sie immer froh, wenn sie mit ihnen am Verhandlungstisch sitzt. „Wenn die sich vorher Internate in München oder Leipzig angesehen haben, denken die erstmal: Was ist denn das für eine Hausmeisterhütte?“, berichtet die Internatsleiterin.

Im Gespräch können die Speerwurf-Weltmeisterin und ihre Kollegin, Sozialpädagogin Daniele Schilling, den ersten Eindruck dann häufig wieder wettmachen und mit ihrem Konzept und ihrer Begeisterung für den Sport überzeugen. Am Montag bekam das Internat sogar die Auszeichnung „Eliteschule des Jahres“ als Beste der deutschlandweit 43 Eliteschulen des Sports.

Kurze Wege

Glücklich sind Nerius und Schiling aber nicht mit ihren Räumlichkeiten am Rande der Kurt-Rieß-Anlage. Die Lage ist perfekt: Die BayArena, die Rundsporthalle und die Trainingshallen des TSV sind direkt nebenan, zur Fritz-Jacobi-Anlage der Leichtathleten ist es eine kurze Autofahrt, die Fuhrparkleiter Christian Gaida organisiert. Er holt die Sportler auch aus der Schule ab, im Internat gibt es Mittagessen, am Nachmittag kommen Lehrer vom Landrat-Lucas-Gymnasium und dem Berufskolleg, um ausgefallenen Unterricht nachzuholen.

Der nächste Schritt in der Karriere

Das Sportinternat Leverkusen wurde 1995 gegründet, seit 2015 leitet es Steffi Nerius. „Mein erstes Ziel war es, hier ein Vollinternat hinzubekommen“, berichtet die ehemalige Profisportlerin. Denn in dem aktuellen Gebäude gibt es nur einen Speiseraum sowie Büro- und Schulungsräume, aber keine Übernachtungsmöglichkeiten. Von den 50 Schülerinnen und Schülern, die das Internat aktuell betreut, sind Zweidrittel zugezogen, um in Leverkusen den nächsten Schritt in der sportlichen Karriere zu gehen.

Fußballer in Gastfamilien

Die Fußballer von Bayer 04 Leverkusen werden in Gastfamilien untergebracht. Die anderen Sportler, die aus den Bereichen Basketball, Fechten, Fußball, Handball, Judo, Leichtathletik, Volleyball und paralympischer Sport kommen, wohnen in Zweier- und Dreier-WGs in Wohnungen, die das Internat angemietet hat.

Leiterin Steffi Nerius wünscht sich ein Vollinternat, das kann aber erst geplant werden, wenn klar ist, was mit der Stelze passiert.

Dafür müssen sie aber mindestens 16 Jahre alt sein. „Wenn ich Anrufe von 14- oder 15-Jährigen bekomme, muss ich direkt ablehnen“, sagt Nerius. „Dadurch gehen uns unheimlich viele Talente verloren.“ Viele kommen dennoch: An der Wand im Speisesaal hängen Bilder von Olympiasiegerin Laura Ludwig (Beachvolleyball), Paralympicssieger Felix Streng und den Nationalspielern Tim Ohlbrecht (Basketball) und Jennifer Rode (Handball) – und vielen mehr.

Drama um die Rheinbrücke

Auch beim Verein ist man überzeugt davon, dass der Bau eines Vollinternats der nächste Schritt zur Weiterentwicklung der Nachwuchsförderung sein muss. Auch eine Beteiligung der Bayer AG und der Fußballabteilung war bereits in Aussicht gestellt. „Eigentlich war alles klar“, erinnert sich Nerius. Doch dann begann das Drama um die marode Leverkusener Rheinbrücke. Noch ist nicht klar, wie die A 1 in Leverkusen weitergeführt werden soll: Durch einen kurzen Tunnel im Stadtgebiet, oder über die bestehende Stelzenautobahn, die dann aber doppelt so breit werden würde. Und die direkt an der Kurt-Rieß-Anlage vorbei führt.

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„Es ist verständlich, dass alle Seiten jetzt erstmal abwarten müssen, was auf dem Gelände passiert“, sagt Nerius. Aber ihre Ungeduld ist groß und so hat sie dem Verein zumindest die Zusage entlockt, bis zum Neubau zumindest das bestehende Gebäude aufzuwerten. „Wir arbeiten hier hochprofessionell, aber das Gebäude ist kein Aushängeschild für die Nachwuchsförderung.“

Wie die jungen Sportler in ihren Wohngemeinschaften leben, lesen Sie in der nächsten Folge.