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Heimat-CheckBergisch Gladbach ist ein bevorzugter Wohnplatz für Kölner

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Bergisch Gladbach Heimatcheck

Der Blick von oben zeigt das imposante Neue Schloss und  das Bensberger Rathaus. 

Bergisch Gladbach – Bensberg wurde ursprünglich „Bensbure“ genannt, wobei „Bur“ soviel heißt wie „Wohnung“ oder „Haus“. Der markante Bergsporn, der die „broder Stroß“ oder breite Straße von Köln ins Siegerland beherrschte, war für die Anlage einer Burg prädestiniert. Die ersten nachweisbaren Machthaber kamen aus dem Südosten, die Brüderstraße herunter und über das Siegtal. 1139 wird ein „Wicherus von Benesburc“ genannt, der im Umkreis der Landgrafen von Thüringen auftaucht, die eine Generation später den westlichsten Ausläufer ihres Herrschaftsbereiches mit einer neuen Wehranlage im Stil ihres Stammsitzes, der Wartburg, sicherten. Kurz danach verkauften sie ihn an die Grafen von Berg. Die Reste der Landgrafenburg wurden von Gottfried Böhm in sein berühmtes Bensberger Rathaus integriert.

Die Keimzelle Bensbergs blieb erhalten, weil Kurfürst Jan Wellem, als er zu Beginn des 18. Jahrhunderts sein Neues Schloss errichtete, die Bergkuppe wählte. Mit dem Schlossbau kamen viele Fremde in den Ort, in dem vor allem Wildhüter und Forstknechte lebten: Es waren Bauarbeiter und Handwerker aus Italien und der Wallonie, von denen viele blieben. Auch die heimische Kalkindustrie wurde durch die Nachfrage nach Baumaterial angestoßen, vor allem in Refrath und Gladbach. Jan Wellems Neues Schloss sollte eine königliche Residenz werden, aber die Königskrone blieb ein Traum. Nach den Wittelsbachern kamen die Franzosen, dann die Preußen, die das Schloss in eine Kadettenanstalt verwandelten. Um dem Offiziersnachwuchs ein Aufwachsen in gesunder Luft zu garantieren, wurde dem Ort die Ansiedlung von Industrie untersagt. Zwar blühte der Bergbau in den Tälern um den Schlossberg im 19. Jahrhundert, aber das Zinkerz wurde im benachbarten Gladbach verhüttet.

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Umso größer war der Ehrgeiz Bensbergs, als es 1947 die Stadtrechte beantragte und erhielt: In einem rasanten Wettlauf versuchte der Ort die städtische Entwicklung nachzuholen, wobei die entstehende Autobahn die Wirbelsäule einer Bandstadt von Refrath bis Untereschbach werden sollte. Stattdessen: Die 1975 vom Landtag erzwungene Fusion mit Bergisch Gladbach und Verlust der Außenorte Dürscheid, Immekeppel und Untereschbach. Es dauerte ein weiteres Vierteljahrhundert, bis Bensberg den Schock verdaut hatte. Es war eine Zeit des Nebeneinanderherlebens der zwangsverheirateten Kommunen.

Zusammen mit den in der Hektik der Boomzeit gemachten Fehlern der Stadtplanung, vor allem einer flickenteppichartigen Gemengelage von Wohn- und Gewerbegebieten, begründete das die Problemlage, mit der Bensberg konfrontiert ist. Gleichzeitig nahm der Ort eine Entwicklung vorweg, die heute ganz Gladbach ergriffen hat: Es wurde zum bevorzugten Wohnplatz im Grünen vor allem für wohlhabende Kölner. Maßstabsetzend war die Villenkolonie Frankenforst.

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Zwischen Frankenforst und dem Schloss liegt der Ortsteil Kaule, historischer Kern Bensbergs und nach dem Zweiten Weltkrieg durch Siedlungsbau stark angeschwollen. Hier finden sich auch die Schulen, insbesondere das Albertus-Magnus-Gymnasium. Auf dem relativ flachen Gelände schließt sich ein Gewerbegebiet an, das um den alten Bahnhof herum entstanden ist und das sich in einem Gewerbegebietsstreifen in Frankenforst fortsetzt. Der Bahndamm dient als markante Grenzlinie zwischen Bensberg und Refrath. Östlich schließt sich die engumrissene „Freiheit Bensberg“ an, die den Verwaltungsbezirk der Burg beschreibt, heute das Bensberger Geschäftszentrum sowie Standort des Amtsgerichtes. Der Ortskern ist mit teils verdichteter Wohnbebauung belegt. Hier findet sich auch das Museum für Bergbau, Handwerk und Gewerbe.

Problemkind Fußgängerzone

Nach der Fusion mit Gladbach wurde vorgeschlagen, die Zentren von Bensberg und Gladbach arbeitsteilig zu entwickeln: Bensberg sollte als „Stadtkrone“ Funktionen von Kultur, Freizeit und Gastronomie übernehmen, die Stadtmitte zum primären Geschäftszentrum ausgebaut werden. Das entspricht auch der Einstufung der Landesplanung.

Stattdessen entschied man sich für eine Konkurrenz der Zentren, die Bensberg noch schlechter bekommen ist als Bergisch Gladbach, vor allem wegen des geringeren Hinterlandes und der noch größeren Affinität der Bensberger Bevölkerung zum Kauf- und Arbeitsplatz Köln. Das wurde augenfällig sichtbar mit dem langen Leerstand des Kaufhauses (einst Kaufring, später Löwen-Center), das von den Bensberger Händlern teilweise in geradezu heroischen Anstrengungen versucht wurde in Eigenregie weiterzuführen (Handelshaus).

Mit dem Wegfall des Kundenmagneten zeigte sich die reichlich bemessene Fußgängerzone als überdimensioniert und das Straßenleben konzentrierte sich zunehmend auf den oberen und unteren, für Autos befahrbaren Abschnitt der Schloßstraße. So entschloss man sich, auch die mittlere Schloßstraße wieder eingeschränkt für Autoverkehr zuzulassen, nicht nur um Wege zu verkürzen und Parkplatzsuchverkehr zu verringern, sondern auch um optisch durch Neuaufteilung des Straßenraums den Eindruck von Leere zu vermeiden, der Passanten abschreckt (einen ähnlichem Effekt hat der leere Konrad-Adenauer-Platz auf die obere Hauptstraße in der Stadtmitte). Obwohl die zunächst provisorische Entscheidung höchst kontrovers diskutiert wurde, soll sie in der Neuaufstellung des Bensberger Zentrums im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes beibehalten werden.

Das Handlungskonzept, das die Sanierung des in die Jahre gekommenen Stadtbildes von Bensberg zum Ziel hat, greift letztlich das alte Konzept der „Stadtkrone“ wieder auf. Auch der neue Inhaber der Kaufhausimmobilie Centerscape tat sich schwer, ein Konzept für den Standort zu entwickeln: Nach zahlreichen heißdiskutierten und verworfenen Entwürfen und langwieriger Mietersuche stand am Ende ein Teilneubau in kleinerem Maßstab als zwischenzeitig geplant und mit einem Angebotsportfolio, das auf örtliche Versorgung und nicht auf Fernwirkung ausgerichtet ist. (gf)

Der Schlossberg fällt steil nach drei Seiten ab, nur nach Osten steigt der Rücken zum Bergarbeiterdorf Moitzfeld an, das mit der Ansiedlung der Interatom (heute Technologiepark) und der dazugehörigen Terrassenstadt urbanisiert wurde. Hinzu gekommen ist das Biotec-Unternehmen Miltenyi. Auch das Krankenhaus, der „Stadtgarten“ und das Kardinal-Schulte-Haus, heute Fortbildungsakademie, liegen auf dem Bergrücken, der im westlichen Teil zu den teuersten Wohngebieten der Stadt gehört. Topografisch zerfällt er in verschiedene Abschnitte wie Klausenberg, Hackberg und Bockenberg. Letzterer wurde zum Namenspatron eines Gebietes südöstlich des Schlossberges, ursprünglich Standort der Lederwarenfabrik Offermann. Südlich des Werkes wurde in Bensbergs Boomjahren der Wohnpark aus dem Boden gestampft, eine Betonsilhouette, die es in der Fernsicht als Landmarke mit dem Schloss aufnehmen kann.

Die Nordflanke des Schlossbergs blickt auf das Milchborntal, das den Bensberger Rücken von der bewaldeten Hardt trennt. Klein-Frankreich wurde das Tal unterhalb des Schlosses genannt, hier siedelten viele ausländische Handwerker, die am Bau des Schlosses beteiligt waren. Mit Freibad und Sportplatz hat das Tal hohen Freizeitwert. Wer dem Bach Richtung Saaler Mühle folgt, stößt auf ein weiteres Freizeitareal, das allerdings schon auf Refrather Seite liegt. Vor dem Bahndamm findet sich der alte Stadtteil Lückerath, heute zusammengewachsen mit dem zu Heidkamp gehörenden Wohnplatz An den Braken und damit die alte Stadtgrenze überspannend. Der durch begrünte Freiflächen gut definierte Ort steht auf der Westseite unter dem Expansionsdruck des Industriegebietes Zinkhütte. Zwischen Lückerath und Kaule erstreckt sich ein Siedlungsteppich zu Füßen des Hungenbergs bis zum Bahndamm, in dem die alten Wohnplätze wie Duckmaus oder Lehmpöhle praktisch nicht mehr auszumachen sind.

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