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Kritik am „Wünsch-Dir-Was-Haushalt“Streit über Gerechtigkeit der Gewerbesteuersenkung

Lesezeit 4 Minuten

Die Gewerbesteuersenkung hilft den städtischen Finanzen, wird aber also unsolidarisch moniert.

Leverkusen – Wie reagiert eine Stadt am besten in Krisenzeiten? Mit breitflächiger finanzieller Unterstützung, meinen CDU, SPD und Grüne. „Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas, das grundsätzliche Probleme sichtbar macht“, sagt Roswitha Arnolds (Grüne) in ihrer Rede zum städtischen Haushalt 2021: Mangelnde Finanzausstattung vieler sozialer, kultureller und sportlicher Einrichtungen sowie die Situation in den Kitas und Schulen. Deswegen sei es richtig, dass viel Geld in die Hand genommen werde, um diesen zu helfen: Dem Naturgut Ophoven, dem Sensenhammer, der Musikschule, dem Kinderschutzbund.

FDP und Opladen Plus hingegen halten Bescheidenheit für die bessere Reaktion auf die Krise. „Der große Wünsch-Dir-Was-Antrag von SPD, CDU und Grüne kostet alleine 1,1 Millionen Euro“, sagt Monika Ballin-Meyer-Ahrens (FDP). „Das ist verantwortungslos.“ Von einer „wahren Verschenkorgie“, spricht auch Markus Pott (OP). „In den vergangenen Jahren wurde jeder Pfennig zweimal umgedreht, um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Jetzt scheinen alle Dämme zu brechen. Völlig schamlos wird das Geld mit beiden Händen ausgegeben, bevor es eingenommen wurde“, klagt Pott. Als Beispiel nennt er den Sensenhammer. „Ja, das ist eine tolle Einrichtung, eine Industriekulturstätte, die unterstützt gehört. Aber nun steigt die Stadt gleich in doppelter Höhe ein, was sie die Auermühle zuletzt gekostet hat. Ist das so richtig, ist das so gewollt?“ Diesem „teurem Schaulaufen“ im schwer belasteten Haushalt könne er nicht zustimmen.

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Auch Linke, AFD, Aufbruch Leverkusen, Bürger- und Klimaliste lehnen den Haushalt ab. Die FDP stimmt entgegen der Kritik geschlossen zu, gemeinsam mit SPD, CDU und Grünen ergibt sich eine Zustimmung von 38 Ja- bei elf Gegenstimmen.

Woher kommt das Geld?

Woher soll es kommen, das viele Geld? Zuerst einmal aus dem legalen Trick, die Corona-Folgekosten in einen gesonderten Teil des Haushalts auszugliedern und über viele Jahrzehnte abzubezahlen. Und dann müssen mehr Einnahmen her: „Der erste Schritt dafür ist die konsequente Verfolgung der 250-Punkte-Strategie“, sagt Stefan Hebbel (CDU) und spielt damit auf die umstrittene Gewerbesteuersenkung an. Freunde habe man sich damit sicher nicht gemacht. „Aber wir haben eine Verantwortung für unsere Stadt. Und wenn man Monheim und Langenfeld mit niedrigen Gewerbesteuersätzen als Nachbarn hat, muss man handeln und Verantwortung übernehmen. Das haben wir getan, dafür lasse ich mich gerne schelten.“

Auch Milanie Kreutz (SPD) hat kein schlechtes Gewissen: „Leverkusen ist und bleibt ein krisensicherer Industriestandort, der nun endlich steuerlich davon profitiert. Da wo produziert wird, sollen auch Steuern gezahlt werden.“ So konnte erreicht werden, dass die Gewerbesteuereinnahmen im Vergleich zu 2019 lediglich um fünf Prozent gesunken seien. „Andere Kommunen haben Einbrüche von 30 bis 40 Prozent verkraften müssen“, sagt Kreutz.

Mit Abstand und vorherigen – freiwilligen – Schnelltests tagte der Stadtrat am Montag.

Erhard Schoofs (Bürgerliste) hingegen verurteilt die Steuersenkung erneut: „Das ist eine Vorgehensweise, die der Stadt Leverkusen nützt und sie möglicherweise vor dem Bankrott bewahrt, aber völlig zu Lasten aller Bürgerinnen und Bürger in unserer Bundesrepublik geht und daher zutiefst unsozial ist.“ Dem stimmt auch Markus Beisicht (Aufbruch) zu. „Über Donald Trump sind Sie jahrelang hergezogen und nun machen Sie auch »Leverkusen first«.“

Einig sind sich so ziemlich alle Redner darüber, was die wichtigesten Themen des neuen Haushaltsjahres sein sollten – ganz Abseits von Corona. „Ich sprach letztes Jahr von den Sorgenkindern City C und dem Schloss“, sagt Hebbel. „Die Sorgenkinder sind noch da, sie sind nur größer geworden und es kommen weitere dazu.“ Er setze nun große Hoffnung in die neue Stadtentwicklungsgesellschaft Wiesdorf/Manfort, die er „das Leuchtturmprojekt dieser Ratsperiode“, nannte. Auch Kreutz nannte in ihrer Haushaltsrede drei Themen, die nun in den politischen Fokus rücken müssten: Die City C, das Museum Morsbroich und die Neubauten von Kitas und Schulen. Dazu kommt die Verbesserung des Stadtklimas, die besonders von den Grünen gefordert wird. „Nach der Coronakrise steht uns die Klimakrise bevor“, warnt auch Keneth Dietrich (Linke). Und auch das wird nicht billig werden.