Die Auszeichnung ist ein Ritterschlag: In NRW gibt es 52 Sterne-Restaurants. Darunter ist eines, das voriges Jahr schloss und mit einem Bistro-Konzept zurückkam.
Guide MichelinNRW verliert bei Spitzengastronomie an Boden – Überraschung in Köln
Bei der Vorstellung des neuen Gourmetführers „Guide Michelin“ am Dienstagabend in Hamburg hatte das bevölkerungsreichste Bundesland bei der Vergabe der höchsten Auszeichnungen wieder das Nachsehen. Keines der 52 ausgezeichneten Restaurants in NRW wurde mit drei Sternen prämiert. Seit das „Vendôme“ in Bergisch Gladbach 2022 den lange geführten dritten Stern abgeben musste, ist diese Zeit vorbei. Auch diesmal muss sich Küchenchef Joachim Wissler mit zwei Sternen begnügen. Zwei Sterne verteidigte das „Ox & Klee“ in Köln sowie das „Coeur D'Artichaut“ in Münster. 49 Restaurants in NRW können sich mit einem Stern schmücken. Damit ist die Zahl der Häuser in der Spitzengastronomie in NRW gegenüber 2023 leicht zurückgegangen. Im Vorjahr hatten 56 Restaurants einen oder zwei Sterne. Ihren Stern einbüßten das Restaurant Alfredo in Köln sowie Schloss Loersfeld in Kerpen.
Guide Michelin: Größte Überraschung kommt aus Köln
Die größte Überraschung aber dürfte die neuerliche Auszeichnung für Vincent Moissonniers neues Bistro in Köln gewesen sein. Im Sommer vergangenen Jahres hatte Moissonnier sein Zwei-Sterne-Restaurant „Le Moissonnier“ geschlossen. Die Arbeit auf diesem Niveau und der Druck waren dem Gastronomen zu viel geworden. Das Projekt war womöglich auf dem Höhepunkt, als er es beendete. Der Neustart mit deutlich abgespecktem Bistro-Konzept sollte Moissonnier mehr Ruhe und Freizeit ermöglichen. Mit der „Aufgeilerei“ an Sternen und Punkten wollte er nichts mehr zu tun haben, sagte Moissonnier im September. Nun ist er seit Dienstag dennoch wieder mit einem Stern dekoriert. Sein „Le Moissonnier Bistro“ und das Werk seines Küchenchef Eric Menchon waren für die Tester offenbar zu gut. „Selbst wenn Eric drittklassig kochen wollen würde, könnte er das nicht“, sagte Moissonnier im vergangenen Jahr.
Weitere Neulinge mit einem Stern in NRW sind das „Jae“ und das „Zwanzig23 by Lukas Jakobi“ in Düsseldorf. Insgesamt gibt es in Nordrhein-Westfalen in allen Regionen Küche auf Spitzenniveau. Der Restaurantführer lobte entsprechend die deutsche Gastronomie. „Ihrer Ausdauer, ihrem Ideenreichtum und ihrem unermüdlichen Tatendrang ist es zu verdanken, dass die Gastronomie überall im Land nach wie vor ein beständig hohes Niveau zeigt“, erklärte das Team der Testesser.
Insgesamt wird Deutschlands Koch-Elite aber immer größer: 340 Restaurants können sich in diesem Jahr mit mindestens einem Stern schmücken. Das sind so viele Küchen wie nie zuvor. Das hat auch den Direktor des „Guide Michelin“ für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel, überrascht, weil die Branche mit Fachkräftemangel sowie steigenden Einkaufs- und Energiepreisen zu kämpfen hat. „Wir sind selbst erstaunt über den neuen Rekord.“ Das Inspektionsteam hat zudem 50 Restaurants mit zwei Sternen – drei davon sind neu – und 280 Spitzenküchen mit einem Stern – davon 32 neu – bewertet.
Köln kann zwölf Häuser mit Stern vorweisen, Düsseldorf kommt auf neun. In Münster und in Essen kann man in jeweils drei Restaurants auf Sterne-Niveau essen. In Aachen, Bonn oder Dortmund gibt es jeweils zwei Häuser der Spitzenklasse. Seit Jahren für höchste Ansprüche gekocht wird beispielsweise auch in Schmallenberg, Erkelenz, Haltern am See, Detmold oder Paderborn.
NRW-Fernsehköche bleiben ausgezeichnet
Drei bekannte NRW-Fernsehköche behalten ihre Auszeichnungen: Die „Schote“ von Nelson Müller in Essen sowie in Dorsten die Restaurants „Goldener Anker“ von Björn Freitag und „Rosin“ von Frank Rosin wurden wieder ausgezeichnet.
Im nördlichen Rheinland-Pfalz neu mit einem Stern geehrt wurde das „Restaurant Brogsitter-Historisches Gasthaus Sanct Peter“ in Walporzheim. Bundesweit büßten 27 Küchen einen oder mehrere Sterne ein. „Sie haben entweder geschlossen, ihr Konzept geändert oder es hat Qualitätsgründe“, sagte Flinkenflügel.
Der kleine rote Reiseführer „Guide Michelin“ sollte vor mehr als 100 Jahren mehr Autofahrer zum Reisen bewegen. Die Gründer der französischen Reifenfirma Michelin wollten damit ihren Verkauf ankurbeln. Der 1910 erstmals erschienene Reiseführer enthielt zunächst Karten sowie Tipps für Autofahrende zum Tanken, Reifenwechseln, Essen und Übernachten. Die ersten Sterne für gehobene Gastronomie wurden schließlich 1926 vergeben. In Deutschland gab es 1966 die ersten Michelin-Sterne. (dpa/kmü/sim)
Zehn Restaurants mit drei Sternen dekoriert
Baden-Württemberg: Restaurant Bareiss Baiersbronn; Schwarzwaldstube Baiersbronn Bayern: Restaurant Jan in München; Ess:enz von Edip Sigl in Grassau (neu) Berlin: Rutz Restaurant Hamburg: The Table Kevin Fehling Niedersachsen: Aqua in Wolfsburg Rheinland-Pfalz: Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich; schanz.restaurant in Piesport Saarland: Victor's Fine Dining in Perl Der neue 468-seitige Restaurantführer Guide Michelin ist ab 6. Mai für 29,95 Euro im Buch- und Zeitschriftenhandel erhältlich.