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Brandschutz-NachwuchsZülpich war Vorreiter bei den Kinderfeuerwehren im Kreis Euskirchen

Lesezeit 7 Minuten
Kinder in orange-blauen Jacken sitzen an einem Tisch und experimentieren.

Leonie und Julia (r.) beobachten genau, wie lang es dauert, bis die Flamme erstickt ist. Unter dem Glas geht ihr schnell der Sauerstoff aus.

2017 hat die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Zülpich als erste im Kreis Euskirchen eine Kinderfeuerwehr gegründet.

Führerscheinprüfung mit sechs Jahren? Klar, bei der Kinderfeuerwehr geht das. 20 Jungen und Mädchen haben an einem Samstag in Zülpich ihren Streichholzführerschein gemacht. Denn was ein Feuerwehrmann – oder eine Feuerwehrfrau – werden will, der muss sich mit Flammen auskennen. Und für die kleinen Feuerwehrleute geht es eben um kleine Flammen.

Alle vier Wochen, jeweils am zweitem Samstag eines Monats, treffen sich die Mitglieder der Zülpicher Kinderfeuerwehr an einem Feuerwehrstandort in der Stadt, diesmal im Gerätehaus in Weiler in der Ebene. Stationsausbildung nennt sich das, was diesmal auf dem Programm steht. Thorsten Ley, Leiter der Kinderfeuerwehr, und die Betreuerinnen und Betreuer haben mehrere Stationen aufgebaut, an denen die Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zehn Jahren den sicheren Umgang mit Streichhölzern und Feuerzeugen lernen. Spielerisch, aber mit durchaus ernstem Hintergrund. Denn es geht vor allem um Sicherheit.

Kinderfeuerwehr Zülpich will Interesse früh wecken

Die Kinder sollen keine Angst vor Feuer haben, aber Respekt. „Wenn einer zu Hause mit Streichhölzern spielt, ist das ein Ausschlussgrund“, erklärt Betreuerin Sandra Schmidt eines der Prinzipien bei der Kinderfeuerwehr. 2017 hat die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Zülpich als erste im Kreis Euskirchen die Abteilung gegründet, um das Interesse des Nachwuchses früh zu wecken. „Wenn sie alt genug sind, in die Jugendfeuerwehr einzutreten, haben sich viele schon für ein anderes Hobby entschieden“, sagt Thorsten Ley.

Ein Junge in blauer Latzhose und mit Brille hat ein langes brennendes Streichholz in der Hand.

So ein langes Streichholz anzuzünden, ist gar nicht so einfach. Doch mit ein bisschen Unterstützung klappt es.

Sein Team hat nun die Aufgabe, die Treffen so abwechslungsreich zu gestalten, dass die Begeisterung hält – nicht nur bis zum Übergang in die Jugendfeuerwehr, sondern am besten auch noch darüber hinaus. Es scheint zu funktionieren, Leys Tochter Victoria und Eric Hellendahl sind sind mittlerweile in der Jugendfeuerwehr, engagieren sich aber bei den Kindern im zwölfköpfigen Betreuerteam.

Kinder in Zülpich lernen Verbrennungsdreieck kennen

23 Jungen und sieben Mädchen zählt die quirlige Truppe derzeit. Sechs von ihnen wechseln demnächst in die Jugendfeuerwehr und machen Platz für einige, die auf der langen Warteliste stehen. Aktuell sind es 28 Kinder, die gern mitmachen würden, aber derzeit nicht können.

Die 20 kleinen Feuerwehrleute, die diesmal zum Üben gekommen sind, sehen schon ziemlich professionell aus in ihren blauen Hosen und Jacken. Uniformen fast wie bei den Großen, nur statt des Helms tragen sie ein Kappe. Als erstes lernen sie das Verbrennungsdreieck kennen. Das sind drei Teile, die sich zum Dreieck aufstellen lassen, und auf denen geschrieben steht, was vorhanden sein muss, damit ein Feuer entstehen kann: Brennmaterial, Sauerstoff und Zündenergie.

Kinder sitzen um einen Tisch, an dem ein Mann etwas mit einem Streichholz vorführt.

Aufmerksam hören die kleinen Feuerwehrleute zu, was Thorsten Ley ihnen über die Streichhölzer erzählt.

Was schon die erste Frage aufwirft. „Wenn Feuer Sauerstoff braucht, wieso kann man es auspusten?“, will Kian wissen. „Gute Frage,“   lobt Thorsten Ley den Jungen. Und erklärt, dass der Druck beim Pusten für einen Moment den Sauerstoff verdrängt. Kian kennt sich aus. Man atme ja auch CO2 aus, schiebt er hinterher.

Zülpicher Kinderfeuerwehr will Brandschutz spielerisch vermitteln

Das Auspusten nicht die einzige Methode ist, ein Feuer zu löschen, lernen die Kinder später. Erst einmal geht es darum, ein Streichholz zu entzünden – und es dabei niemals auf sich zu über die Reibfläche zu ziehen, sondern immer schön von sich weg. Gar nicht so einfach. Bevor eines der Kinder die Geduld verliert, greift Sandra Schmidt hilfreich ein. Manch einen kostet es ganz schön Überwindung, die kleine Flamme so in der Nähe der Finger zu haben. Ein bisschen mehr Angst sei besser als zu wenig, findet die Betreuerin.

Anderthalb Stunden dauern die Treffen der Kinderfeuerwehr im Winter, zwei Stunden sind es im Sommer. Dann werde draußen auch mehr mit Wasser hantiert, erzählt Ley. Und natürlich können die Kinder dann auch große rote Feuerwehrautos anschauen, schließlich steht Fahrzeugkunde ebenso auf dem Stundenplan wie Brandschutzerziehung und das Kennenlernen der Schutzausrüstung der Feuerwehrleute. Sogar ein erstes Abzeichen, die „Kinderflamme“, kann der Nachwuchs machen. Aber alles soll spielerisch vermittelt werden.

Kinder experimentieren mit verschiedenen Löschmethoden

An der zweiten Station geht es jetzt ans Experimentieren. Da werden die Teelichter nicht nur ausgepustet oder mit einer Wasserspritze gelöscht, sondern auch mit Sand. Leonie und Julia ersticken die Flamme, indem sie ein kleines Glas über das Teelicht stülpen. Konzentriert beobachten sie, wie lang es dauert, bis dem Feuer die Puste ausgeht und erlischt.   Nicht alle Experimente klappen, auch das ist eine Lehre des Übungstags. Eigentlich wollte Eric vorführen, wie Backpulver, in die Flamme gestreut, eine winzig kleine Verpuffung auslöst. Doch das Pulver ist klumpig, es lässt sich nicht streuen, und verpuffen will es schon gar nicht. Die Vorführung mit Pfeffer klappt besser: Da sind immerhin ein paar Fünkchen zu sehen.

Ein Junge in orange-blauer Jacke sprüht mit einer Wassersprühflasche auf ein brennendes Teelicht.

Löschen kann Anton schon, wenn auch nur mit einer kleinen Wasserspritze statt mit dem Feuerwehrschlauch

Im Flur darf dann gespielt, ein bisschen gerannt und herumgealbert werden. Das muss sein als Ausgleich zum Stillsitzen, Zuhören und Vorsichtigsein. Bei der Flüsterpost lernen die Kinder ganz nebenbei Feuerwehrbegriffe. Beim Feuerwehrsalat geht es um schnelle Reaktion und   flinke Beine. Beim Eisschollenspiel werden Zeitungsseiten ausgelegt. Das sind die Eisschollen, auf die sich die Kinder retten, wenn die Betreuerin die Musik stoppt.

Jedes Mal wird ein Blatt weggenommen, der Platz auf den rettenden Schollen wird immer weniger. Die Jungen müssen eng zusammenrücken, sich aneinander festklammern. Was sie daraus lernen? Dass man zusammenhalten und zusammenarbeiten muss. Leon kann erklären, warum da gerade für Feuerwehrleute so wichtig ist: „Wenn einer allein in einen Einsatz geht und sich verletzt, wissen die anderen nicht, wo er ist.“ Lehrreich ist das Spiel nicht nur für Kinder: Wer hätte gedacht, dass vier kleine Jungs auf eine Zeitungsseite passen?

Am Ende ziehen 20 Kinder stolz mit ihren Urkunden, ihren Streichholzführerscheinen, ab. Viele von ihnen werden voraussichtlich irgendwann in die Jugendfeuerwehr wechseln, einige werden sicher der Freiwilligen Feuerwehr treu bleiben und sich für das so wichtige Ehrenamt entscheiden. Und wenn nicht, haben sie jedenfalls gelernt, vorsichtig mit Feuer umzugehen – und sei es auch nur ein Teelicht.


In Euskirchen und Mechernich werden Betreuer gesucht

In Euskirchen gibt es seit 2019 eine Kinderfeuerwehr. Geleitet wird sie von Jessica Waltz. Etwa 25 Jungen und Mädchen sind derzeit Mitglied, die Warteliste ist lang. Ab zehn Jahren darf der Nachwuchs in die Jugendfeuerwehr wechseln. Wer möchte, kann aber in der Kinderfeuerwehr bleiben, bis er zwölf ist. Händeringend werden Betreuer gesucht, auch für die Jugendfeuerwehr.

Wer mitmachen will, muss nicht in die aktive Feuerwehr eintreten und auch keine Grundausbildung absolvieren. Es genügt, gern mit Kindern umzugehen und ein Führungszeugnis vorzulegen. Das Spiel steht bei der Kinderfeuerwehr im Vordergrund. Unlängst haben die Kinder für jede Löschgruppe einen Schutzengel gebastelt: damit alle immer gesund vom Einsatz zurückkommen.

Eine Gruppe Kinder steht in orange-blauen Uniformen vor einem roten Mannschaftstransporter der Feuerwehr.

Sogar ein eigenes Fahrzeug hat die Zülpicher Kinderfeuerwehr.

In Mechernich sind 35 Jungen und Mädchen in der Kinderfeuerwehr. „Wir haben elf Betreuer, aber wir bräuchten 20“, sagt Leiter Ingo Esser. Auch ihm ist der Bezug zur Feuerwehr weniger wichtig als die Beziehung zu Kindern. Mütter, Erzieherinnen oder Lehrerinnen seien willkommen. Gegründet wurde die Mechernicher Kinderfeuerwehr 2020. Einige Kinder seien schon in die Jugendfeuerwehr gewechselt.

Geübt wird einmal im Monat samstags: „Das kann man auch mit anderen Hobbys unter einen Hut bekommen“, sagt Ingo Esser. Ohnehin sei es leichter, Feuerwehrnachwuchs zu finden als Betreuer. Auch in Mechernich ist der Ansatz in erster Linie spielerisch, zumal hinter dem Gerätehaus in Strempt ein Spielplatz zur Verfügung steht. Die Kinderflamme wird aber auch hier abgenommen.

In Dahlem gibt es noch Wartelisten für die Jugendfeuerwehr

In Dahlem war geplant, eine Kinderfeuerwehr zu gründen. Doch das ist erstmal vom Tisch, wie Sonja Müller berichtet. Sie habe als Gemeindejugendwartin die Gründung angestoßen und hätte auch Kinder und Betreuer gehabt, sagt sie. Doch es gibt ein Problem, gewissermaßen ein Luxusproblem: Für die Jugendfeuerwehren der vier Dahlemer Löschgruppen gibt es jetzt schon Wartelisten.

Und bei Kindern das Interesse an der Feuerwehr zu wecken, um ihnen dann zu sagen, dass es in der Jugendfeuerwehr keinen Platz für sie gebe, würde nur Frust hervorrufen. Deshalb sei das Thema Kinderfeuerwehr in Dahlem erst einmal „beiseitegelegt“.