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Ankommen – Die SerieEine syrische Familie zwischen Fußball und Schrebergarten

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Verbringen viel Zeit in ihrem Schrebergarten: Judi Almohammad (9), Hasan Almohammad (37), Ahmad Almohammad (11) und Yasmin Hasan (35).  Die Familie ist aus Syrien nach Deutschland geflohen. 

Zülpich-Ülpenich – Wenn man Yasmin Hasan nach ihrer Vergangenheit fragt, dann kann sie zu jedem Ereignis ein Datum nennen. „Wir kamen am 25.11.2015 nach Deutschland“, erinnert sie sich: „Mit dem Ballon!“ Auf Nachfrage wird klar, dass ein Schlauchboot gemeint ist. Die 35-Jährige und ihr Mann Hasan Almohammad sind aus Syrien nach Deutschland geflohen. Sieben Tage seien sie unterwegs gewesen, ursprünglich kommen sie aus der Nähe von Damaskus.

Während Hasan in einer Zülpicher Firma Fließbandarbeit erledige, bleibe ihr Mann zu Hause und passe auf die Kinder auf. „Ich liebe meine Arbeit“, sagt Hasan: „Man lernt so viele Leute kennen.“

Deutsch lernen neben der Arbeit

In Syrien habe sie Arabisch auf Lehramt studiert. Als Lehrerin könne sie aktuell in Deutschland nicht arbeiten, dazu sei ihr Deutsch noch zu schlecht, sagt sie: „Ich lerne weiter Deutsch, aber ich möchte auch arbeiten gehen. Ich möchte auf keinen Fall aufhören mit dem Arbeiten, aber ich möchte auch zur Schule gehen. Ich will irgendwie beides machen.“

Dank ihrer Arbeitsstelle sei der Aufenthalt der Familie vorerst gesichert. Doch ohne den deutschen Pass müssten sie und ihre Familie immer mit einer gewissen Unsicherheit leben. „Wegen der Arbeit können wir in Zülpich bleiben, deshalb ist die Arbeit sehr wichtig für mich“, sagt Hasan. Während des gesamten Gesprächs lächelt sie und ihre Augen strahlen. Obwohl sie bis auf freitags täglich von 7 bis 16 Uhr am Band steht, häufen sich ihre Interessen und Hobbys.

„Ankommen“ - die Serie

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

In der Serie „Ankommen“ stellen wir Menschen vor, die sich aus unterschiedlichen Gründen mutig auf den Weg gemacht haben – in ein neues Land und damit in eine neue Kultur und Gesellschaft. Was gefällt ihnen an Deutschland, was bleibt fremd? Und welchen besonderen Herausforderungen mussten und müssen sie sich stellen, um am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben zu können. Integration, da sind sich alle einig, ist ein langwieriger Prozess.

Ein wechselseitiger Prozess

Das Ministerium für Integration (BMI) versteht unter gelungener Integration ein „sich einer Gemeinschaft zugehörig fühlen“. Zuwanderung könne nur als ein wechselseitiger Prozess gelingen: „Sie setzt die Aufnahmebereitschaft der Mehrheitsgesellschaft voraus wie auch die Bereitschaft der Zugewanderten, die Regeln des Aufnahmelands zu respektieren und sich um die eigene Integration zu bemühen“, schreibt das Ministerium auf seiner Homepage.

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„Jeden Tag nach der Arbeit koche ich. Alle sagen mir, wie gut mein Essen schmeckt“, so Hasan. Von den Speisen sammelt sie Fotos auf ihrem Handy, die sie gerne zeigt. Manchmal fehlen ihr die richtigen Worte dazu, woraus die Speisen bestehen oder wie sie zubereitet werden. Dann übersetzt einer ihrer Söhne, die beide perfekt Deutsch sprechen.

Kommunikation auf drei Sprachen

„Wir sprechen miteinander immer Deutsch“, erklärt der elfjährige Ahmad und deutet auf seinen Bruder Judi: „Nur mit meinen Eltern spreche ich Kurdisch.“ Tatsächlich sei es nicht erlaubt, in Syrien Kurdisch zu sprechen, erzählt Hasan. Die offizielle Sprache sei Arabisch, die werde auch in den Schulen gelehrt. „Aber Arabisch kann ich nicht so gut“, gibt Ahmad zu, der die meiste Zeit seines Lebens in Deutschland verbracht hat und ergänzt: „Ich muss noch ein bisschen mehr beten zu Allah, damit es besser wird.“

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Die beiden Söhne spielen am liebsten Fußball und gehen mehrmals die Woche zum Training.

„Meine Söhne konnten schon vor der Schule das Alphabet, wir haben das zusammen gelernt“, berichtet Hasan. Auch ein wenig Lesen und Schreiben hätten die beiden schon gekonnt. Ihr älterer Sohn komme jetzt aufs Gymnasium. „Meine Lieblingsfächer sind Mathe und Sport“, sagt er. Familie Hasan-Almohammad möchte in Deutschland bleiben, am liebsten in Zülpich. „Es ist schön hier, weil wir keine Angst haben müssen vor dem Krieg“, so Hasan.

„In Syrien weiß man nie, was am nächsten Tag passiert. Wenn es Brot gibt, kauft man so viel wie möglich, weil man nicht weiß, ob es am nächsten Tag immer noch welches gibt. An einem Tag hat man Strom, am nächsten nicht. An einem Tag wird geschossen, am nächsten nicht“, erinnert sich Hasan. „Unsere Kinder sind so glücklich hier und haben viele Freunde. Sie können jeden Tag in die Schule gehen, in Syrien war das nicht so. Wir wollen hier bleiben und arbeiten und viele Menschen kennenlernen. Eine Routine entwickeln“, erzählt sie weiter.

Eigenes Obst und Gemüse

Ein weiteres gemeinsames Hobby sei der Schrebergarten, in dem die Familie viel Zeit verbringe. Hier bauen Hasan und ihr Mann Obst und Gemüse an, die Jungs spielen Fußball oder springen auf dem Trampolin. An einem großen Tisch serviert Hasan Snacks und Getränke, vieles davon hat sie selbst zubereitet, die Zutaten stammten oft aus ihrem eigenen Garten, sagt sie.

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Sie kümmert sich gern um ihr Obst und Gemüse im Garten und kocht täglich: Yasmin Hasan.

„Unsere Söhne spielen sehr gerne Fußball, dreimal die Woche ist Training“, erzählt Hasan und zeigt wieder Fotos auf dem Handy. Vor kurzem habe einer der Söhne Geburtstag gefeiert. Die Party habe sie organisiert, es sei natürlich um Fußball gegangen. Auf den Fotos zeigt sie die Torten mit Ball- und Rasenmotiven. „Die habe ich alle gebacken“, erzählt sie sichtlich stolz.

„Ich gehe auch jedes Mal mit zum Training und treffe da andere Leute, die auch mit ihren Kindern da sind.“ Besondere Freude bereite ihr, ihre Jungs vor einem Spiel zu motivieren: „Ich sage immer: Du schaffst das, du schaffst das!“

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Aus ihrer Heimat vermisse sie wenig, Ahmad fällt lediglich ein: „Meine Onkel und Cousins und so vermisse ich!“ Hasan ergänzt: „Wir haben Syrien verlassen für die Kinder.“ Hier hätten ihre beiden Söhne die Chance auf ein normales Leben mit regelmäßigem Unterricht in der Schule und einem sicheren Beruf.

Das sei immerhin das, was sie sich für ihre Kinder wünsche, so Hasan. „Wenn es irgendwann geht, wollen wir in ein Haus ziehen“, sagt Ahmad noch.