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StudieStädte wie Köln hatten Einfluss auf die Flut in Euskirchen und an der Ahr

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Nicht nur der Klimawandel hatte einen Einfluss auf die starken Regenfälle im Juli. 

Kreis Euskirchen – Auch am anderen Ende der Welt beschäftigt die Flutkatastrophe die Menschen: Ein Forscherteam aus China und den Vereinigten Staaten hat in einer Studie untersucht, wie die Großstädte die extremen Regenfälle in der Region beeinflusst haben. Ihr Fazit: Deren Einfluss sei erheblich – und er werde im Vergleich zu dem des Klimawandels unterschätzt. Die Ergebnisse haben die Forscher im Fachmagazin Geophysical Research Letters veröffentlicht.

Die Verstädterung erhöhe die Niederschlags- und Überschwemmungsgefahr bei sich erwärmendem Klima, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit. Das Team um Long Yang von der Universität Nanjing überprüfte in mehreren Simulationen, wie die Großstädte Köln, Rotterdam und Brüssel das Juli-Unwetter in ihren Vorstädten und im ländlichen Umfeld beeinflusst haben.

Hierzu entwickelten die Forscher mehrere Szenarien – sie reduzierten etwa die Durchschnittstemperatur auf vorindustrielles Niveau oder ersetzten Städte durch unbebautes Land.

Im Umland regnete es stärker als in den Städten selbst

Eines der Szenarien ist fast identisch mit den Ereignissen des 14. Juli. Es bezieht sowohl die Städte als auch die durch den Klimawandel erhöhte Temperatur mit ein. Der simulierte Sturm habe sein Zentrum ebenfalls in der Eifelregion in Westdeutschland und Ostbelgien, schreiben die Forscher. Die von ihnen kalkulierten Niederschlagsmengen sind nur geringfügig höher als die tatsächlich in Köln gemessenen Werte. Bemerkenswert für die Wetterexperten ist, dass es im Umland stärker geregnet hat als in den Städten selbst. Das gilt vor allem für Köln und Brüssel.

Durch den Vergleich der vier Simulationen stellte das Team um Yang fest, dass die von den Städten verursachten Regenfälle etwa 20 bis 33 Prozent der Gesamtregenmenge ausmachen. Laut den Forschern übertrifft der städtische Einfluss damit sogar den des Klimawandels. Eine von ihnen zitierte europäische Studie schätzt dessen Einfluss auf drei bis maximal 19 Prozent.

Sie betonen aber auch, dass sich die Regenmenge durch den Klimawandel um 50 Prozent erhöht – besonders in der Abwindregion von Köln. Und zu dieser zählen der Kreis Euskirchen und das Ahrtal.

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Auch eine Erklärung für den großen Effekt liefert das chinesisch-amerikanische Team: Die Städte stören die Windzirkulation. Das liege unter anderem an der Beschaffenheit städtischer Gebäudeoberflächen und der durchschnittlichen Gebäudehöhe in Metropolen, die bei zehn Metern liegt. Hinzu kommt das Wärmegefälle zwischen Stadt und Land. In dicht besiedelten Städten ist die Temperatur geringfügig höher als in ihrem Umfeld – und warme Luft nimmt mehr Wasser auf.

Für die Region um Köln spielt noch ein weiterer Faktor eine Rolle. In den Simulationen zeigte sich, dass auch Gebirge und Unebenheiten, wie es sie etwa in der Eifel gibt, den Regen beeinflussen. Allerdings mahnen die Forscher auch davor, voreilige Schlüsse aus ihrer Studie zu ziehen. Nur ein einziges Wetterereignis sei beobachtet worden.

Yang und seine Kollegen sprechen sich in ihrer Studie dafür aus, die Bewohner von Metropolregionen besser auf extreme Regenfälle und Sturzfluten vorzubereiten. Gerade in Westeuropa würden viele Menschen aus den Innenstädten in die Vororte und das Umland ziehen, schreiben sie. Der dortige Hochwasserschutz sei aber schlechter als der in den Innenstädten. Die Forscher empfehlen deshalb, die Stadt-Land-Gegensätze bei allen Strategien zur Anpassung an den Klimawandel zu berücksichtigen.

Auch andere Forscher beschäftigen sich mit der Flutkatastrophe

Mehrere Studien gibt es bereits über die Flutkatastrophe im Kreis Euskirchen und im Ahrtal. Eine der ersten stammt von der World Weather Attribution und dem Deutschen Wetterdienst. Die Meteorologen stellten im August in ihrer Studie fest, dass die Starkregenfälle mit großer Wahrscheinlichkeit durch den Klimawandel beeinflusst wurden.

In Umfragen versuchen zudem viele Universitäten zu ermitteln, wie Betroffene die Flut wahrgenommen haben. Zu ihnen gehört auch die Universität Potsdam. Im Herbst vergangenen Jahres startete die Arbeitsgruppe Geografie und Naturrisikenforschung eine Umfrage, um herauszufinden, wie und ob die Menschen im Kreis vor der Flut gewarnt wurden. Die Ergebnisse sollen Anfang dieses Jahres veröffentlicht werden.

Mit Betrieben, die von der Flut getroffen wurden, beschäftigen sich derzeit Forscher der Universität Osnabrück und der Technischen Hochschule Köln. Sie wollen unter anderem ermitteln, welche wirtschaftlichen Folgen die Flutkatastrophe für Unternehmen hat. Die Online-Umfrage richtet sich auch an Unternehmen aus dem Kreis Euskirchen. Das Ausfüllen des Fragebogens dauert etwa 20 Minuten. Die Daten werden anonym erhoben. (maf)