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Digitalen Zwilling erschaffenStadt Schleiden setzt bei Bauvorhaben auf 3D-Technik

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf die digitale Ansicht von Gemünd mit dem Urftsee.

Das Modell zeigt eine digitale Ansicht von Gemünd mit dem Urftsee (oben).

Die Firma Formitas hat begonnen, einen digitalen Zwilling der Stadt Schleiden zu erstellen. Aus vielen Informationen entsteht ein 3D-Modell.

„Es geht letztlich darum, einen digitalen Zwilling der Stadt Schleiden zu erstellen. Das ist in dieser Komplexität ein Leuchtturmprojekt für NRW, wenn nicht sogar für Deutschland“, meint Alexander Dellen von der Firma Formitas in Aachen. BIM heißt das Zauberwort, das für „Building Information Modeling“ steht und ein grundlegendes Instrument zur Digitalisierung von Bau- und Planungsprozessen im Hoch- und Tiefbau ist.

Schon nach der Flut war das Aachener Unternehmen in Schleiden im Einsatz gewesen und hatte Überflugvideos von Drohnen geliefert. „Damals haben uns mehrere Büros Angebote zum Beispiel für Modellierungen gemacht, aber wir konnten nicht annähernd die Daten liefern, die benötigt wurden“, erklärt Bürgermeister Ingo Pfennings. Das habe auch daran gelegen, dass viele Informationen nicht digital vorgelegen hätten.

Auch die Versorgungsleitungen in Schleiden werden erfasst

In der Vergangenheit habe man, wenn es beispielsweise um den Standort von Versorgungsleitungen im Boden gegangen sei, schon einmal auf das Wissen langjähriger Mitarbeiter zurückgreifen müssen, weil es keine brauchbaren Aufzeichnungen gegeben habe.

Ein erstes 3D-Modell der Brücke am Markt in Schleiden ist zu sehen.

Viele Informationen müssen gesammelt werden, um ein 3D-Modell wie hier von der Brücke am Markt in Schleiden zu erstellen.

Ingo Pfennings steht und Daniel Schwarzer sitzt an einem Schreibtisch.

Bei der Stadt betreut Daniel Schwarzer (r.) das BIM-Projekt. Ingo Pfennings stellte den neuen Mitarbeiter vor.

„Bei Tiefbauern werden 3D-Modelle schon häufiger eingesetzt“, berichtet Waldemar Brost, der bei der Stadt für Stadtentwicklung und Tiefbau zuständig ist. In den Modellen seien die Leitungen eingepflegt und dementsprechend dann später auch leichter zu finden. „Man macht mit BIM einen Bereich gläsern“, ergänzt Dellen.

Laser-Scan liefert in der Regel die notwendigen Daten

Aus diesem Grund müssen ab jetzt Büros bei allen größeren Projekten wie dem neuen Schleidener Feuerwehrgerätehaus, dem Bauhof und dem Kindergarten in Olef neben Plänen, Excellisten und Schnitten auch 3D-Ansichten liefern, wenn sie ihre Arbeiten vorlegen. „Es geht darum, anschauliche Modelle zu bekommen, die auch für Laien verständlich sind“, betont der Bürgermeister.

Foto von Alexander Dellen von Formitas.

Alexander Dellen leitet die BIM-Abteilung bei Formitas.

„Wir schauen erst einmal nach, welche Daten vorhanden sind und was benötigt wird“, erklärt Dellen, Karten würden in den seltensten Fällen genug Informationen liefern: „Wir brauchen oft einen Laser-Scan und Fotos.“ In das 3D-Modell müssten viele unterschiedliche Datenformate integriert werden. Sie würden als standardisierter Datensatz angelegt, damit jedes Programm weltweit darauf zugreifen könne. Teilaspekte der Modelle könnten auch heruntergeladen werden.

Zahlreiche Daten werden für ein 3D-Modell benötigt

Um beispielsweise ein 3D-Modell der neuen Brücke am Markt in Schleiden erstellen zu können, brauche man nicht nur die Pläne der Brücke und der Straße, sondern auch den genauen Verlauf der Olef und Informationen zu den angrenzenden Bereichen. „Auch der Verlauf des in dem Bereich verrohrten Holgenbachs und die Standorte von Denkmälern oder Kunstwerken müssen berücksichtigt werden“, erläutert Dellen. Ohne BIM sei es sehr aufwendig, diese Informationen zu sammeln.

„Die Datensätze zusammenzutragen, ist viel Arbeit. Aber sie sparen einem später einige Vor-Ort-Termine“, so der Bürgermeister. „Bei vorhandenen Gebäuden gehen wir mit einem Rucksack durch alle Räume und machen einen Laser-Scan. Anschließend kann dann ein 3D-Modell erstellt werden“, erklärt Dellen die Vorgehensweise.

Das Projekt soll auf die ganze Stadt Schleiden ausgeweitet werden

Zunächst wird die neue Software für die Projekte eingesetzt, mit denen man im Rahmen des Wiederaufbaus zu tun hat. „Rund eine Million Euro sind im Wiederaufbauplan dafür veranschlagt“, führt Pfennings aus. Parallel soll das Projekt, das auf drei bis vier Jahre angelegt ist, aber auch auf andere Vorhaben ausgeweitet werden. „Das Rathaus wird eines der ersten Gebäude sein, in dem wir einen Laser-Scan machen werden.“

Einsetzbar ist BIM in vielen Planungsbereichen. „Man kann zum Beispiel Beleuchtungsmodelle und Visualisierungen erstellen oder den Schattenwurf von Windrädern simulieren“, sagt Dellen.

Bei der Stadt ist Daniel Schwarzer dafür zuständig, Formitas die vorhandenen Daten zu liefern. „Er ist Bauzeichner und hat schon viel mit BIM gearbeitet“, erklärt der Bürgermeister. Schwarzer ist erst seit einigen Monaten bei der Stadt angestellt.

Die Formitas AG ist nach eigenen Angaben ein führendes Unternehmen für die Digitalisierung in der Baubranche. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Aachen. Weitere Standorte gibt es in Köln, Berlin und Athen. Das Unternehmen hat 58 Mitarbeiter. 35 davon arbeiten unter der Leitung von Alexander Dellen im BIM-Bereich.