Wiederaufbau mit GlasfaserDie alten Kupferleitungen in Gemünd sind ab November tot

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Dicke, schwarze Kabel mit weißen Telefonsymbolen sind durchgeschnitten. In einem sieht man die zahlreichen Kupferadern.

Ausgedient haben schon jetzt viele der alten Kupferleitungen. Die verbliebenen werden im Gemünd Ende Oktober gekappt.

1500 Kilometer Glasfaser hat die Telekom in den Flutgebieten im Kreis Euskirchen verlegt. In Gemünd wird das Kupfernetz abgeklemmt.

Enorme Schäden hat die Flutkatastrophe vor drei Jahren an der Infrastruktur verursacht – auch in den Bereichen, die normalerweise niemand sieht, weil die wichtigen Dinge in der Erde verborgen sind. Telefonleitungen zum Beispiel: Das Wasser hat Straßen aufgerissen, Leitungen zerstört, Schaltkästen hinfort gespült und Knotenpunkte geflutet. Auf „jenseits der 100 Millionen Euro“ hat Telekom-Pressesprecher Maik Exner die Höhe der Schäden im vergangenen Jahr taxiert.

Mithilfe von vorkonfektionierten Technik-Containern, die die Telekom für (Zer-)Störungsfälle vorhält, hat man in den Flutgebieten so schnell wie möglich wieder eine Versorgung mit Festnetz und Mobilfunk aufgebaut. Und beschlossen, dass der Wiederaufbau ausschließlich in Glasfaser-Technik erfolgen soll.

Nach der Flut wurden 1500 Kilometer Glasfaser im Kreis Euskirchen verlegt

Nun, drei Jahre später, sind Hunderte Kilometer Kabel verlegt und Tausende Häuser angeschlossen, der Wiederaufbau ist nahezu abgeschlossen. Kall, Urft, Sötenich, Schweinheim, Flamersheim: Gerd Wolters Liste der Orte, in denen man fertig ist, ist lang. In Metternich liege man „in den letzten Zügen“, in Bad Münstereifel könne der Bereich Langenhecke in der Innenstadt erst nächstes Jahr in Angriff genommen werden.

Gerd Wolter steht in einem Container an gelben Kabeln, die in zahlreichen Schaltschänken der Telekom verlaufen.

Für den Glasfaser-Ausbau in der Region und damit auch den Wiederaufbau ist bei der Telekom Gerd Wolter zuständig.

Der Dreiborner ist als Teamleiter für den Breitbandausbau von der belgischen Grenze bis zum Rhein zuständig – und weiß um die Dimension des Wiederaufbaus: Um die 530 Kilometer Glasfaserkabel sind alleine in der Stadt Schleiden verbaut und zehn Millionen Euro investiert worden. Rund 1500 Kilometer sind laut Exner im Kreis verlegt worden, neben der Stadt Schleiden in Kall, Sötenich, Urft, Bad Münstereifel, Iversheim, Arloff, Schweinheim, Flamersheim und Metternich.

In Gemünd wird das alte Kupfernetz Ende Oktober abgeschaltet

Sowohl in den ersten Wochen und Monaten nach der Katastrophe als auch zur Projektierung des Glasfaserausbaus erhielten die Telekom-Kräfte aus der Region Unterstützung aus ganz Deutschland. All das hat seinen Preis: „Der finanzielle Aufwand, inklusive der bis heute andauernden und immer wieder notwendigen Entstörungen des Altnetzes, beträgt im Kreis Euskirchen ungefähr einen hohen zweistelligen Millionenbetrag“, so Exner.

Die formellen Kündigungsschreiben werden Mitte Juli versandt.
Gregor Cohnen, Telekom

210 Kilometer neuer Glasfaserleitung liegen nun in Gemünd. Noch läuft die neue Technik in einem der Not-Container zusammen, den sie sich mit der alten Kupfertechnik teilt. Der steht am Fuß des Parkplatzes des jetzigen Rewe-Marktes, gehört seit drei Jahren irgendwie zum Ortsbild und fällt kaum auf. Doch der Container muss weg. Die Telekom hat das Grundstück von Rewe gemietet, Ende Oktober läuft der Vertrag aus, voraussichtlich Anfang kommenden Jahres will Rewe den Parkplatz um diese Fläche erweitern.

Für die Kunden hat das weitreichende Konsequenzen: Während für das Glasfasernetz fortan der Knotenpunkt Kall entscheidend ist, wird das Kupfernetz im Vorwahlbereich 02444 abgeklemmt. Ab dem 1. November sind die alten Leitungen tot. Betroffen sind nach Angaben der Telekom – Stand jetzt – knapp über 300 Anschlüsse, für die aktuell noch kein Glasfaser-Vertrag vereinbart ist.

Im Bereich Gemünd sind in 1000 Häusern bereits Glasfaser-Anschlüsse

Darf die Telekom das denn einfach so? Ja, sagt Gregor Cohnen vom Festnetzmarketing der Telekom: „Wir können die Verträge kündigen. Die formellen Kündigungsschreiben werden Mitte Juli versandt.“ Bereits in den vergangenen Wochen seien die Kunden über die Abschaltung informiert worden – doch es steht zu befürchten, dass manch einer die Post von der Telekom für ein Werbeschreiben gehalten und unbesehen entsorgt hat. Und was passiert, wenn jemand die Kündigung nicht akzeptiert und dagegen vorgeht? Das sei dann ein Fall für die Juristen, heißt es eher vage.

In gut 1000 Gebäuden im Bereich Gemünd/Nierfeld ist das Glasfaserkabel laut Telekom schon im Haus. Auf „etwa drei Hände voll“ taxiert Wolter die Zahl der Häuser, in denen es noch von der Straße ins Gebäude gelegt werden muss. Dies müssen die Kunden zwar beauftragen, in Rechnung gestellt wird es ihnen aber nicht.

In Sachen Glasfaser-Vertrag sind die Menschen nicht an die Telekom gebunden, die können auch mit anderen Anbietern abgeschlossen werden. Und dass es teurer wird, könne man so pauschal nicht sagen: Zu individuell sind die Fälle, zu groß ist die Bandbreite möglicher Vertragskonstellationen.

Online und telefonisch können die Kunden neue Verträge buchen. Zudem ist das Infomobil der Telekom weiterhin regelmäßig in Gemünd und den anderen Orten in den Flutgebieten. Die Standorte sind online abrufbar.


Das Kupfer-Aus

Auch in den anderen Flut-Orten hat das alte Kupfernetz keine Zukunft. Die Telekom hat längst angekündigt, keinen Cent mehr reinzustecken. Die Kombination aus Kupfer, Wasser und Strom ist eben keine gute. Auch langfristig können Korrosionsschäden am Kupfernetz auftreten. Repariert werden die dann nicht mehr.

Das Vorgehen lässt sich auf einen simplen Nenner bringen: Das Kupfernetz funktioniert, so lange es funktioniert – und tritt eine Störung auf, war's das eben. Ob das Netz auch in anderen Orten abgeschaltet wird, ist offen. Dazu werden auch die Ergebnisse von Pilotprojekten in anderen Regionen abgewartet.  

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